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Bundessozialgericht
Beschl. v. 23.07.2015, Az.: B 5 RE 3/15 B
Bewilligung eines Beitragszuschusses zur Krankenversicherung; Geltendmachung und Konkretisierung eines Verfassungsverstoßes; Substantiierte Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 23.07.2015
Referenz: JurionRS 2015, 22006
Aktenzeichen: B 5 RE 3/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Bayern - 04.12.2014 - AZ: L 14 R 862/14

SG Augsburg - AZ: S 7 R 343/13

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG

BSG, 23.07.2015 - B 5 RE 3/15 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Wer einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich nicht nur auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Auswertung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vortragen, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegende Rechtsprechung die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist.

2. Zudem muss der Beschwerdeführer darlegen, woraus sich die Verfassungswidrigkeit im konkreten Fall ergeben soll.

3. Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit ist in jedem Fall eine substantiierte Auseinandersetzung mit den bereits ergangenen Entscheidungen des BVerfG und des BSG zu dem aufgeworfenen Problemkreis unter Kenntnisnahme des dortigen Inhalts erforderlich.

in dem Rechtsstreit

Az: B 5 RE 3/15 B

L 14 R 862/14 (Bayerisches LSG)

S 7 R 343/13 (SG Augsburg)

..................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: ...........................................,

gegen

Deutsche Rentenversicherung Bund,

Ruhrstraße 2, 10709 Berlin,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 5. Senat des Bundessozialgerichts hat am 23. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. B e r c h t o l d sowie die Richter Dr. K o l o c z e k und K a r m a n s k i

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 4. Dezember 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 4.12.2014 hat das Bayerische LSG einen Anspruch des Klägers auf Aufhebung der Bewilligung eines Beitragszuschusses zur Krankenversicherung und eine Aufhebung der Rückforderung von überzahlten Zuschüssen abgelehnt.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Mit Schriftsatz vom 13.3.2015, beim BSG eingegangen am 16.3.2015, hat der Kläger wegen Versäumung der Begründungsfrist einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und die Beschwerde im gleichen Schriftsatz begründet. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

3

Ob die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG vorliegen, kann dahinstehen. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist jedenfalls deswegen unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG nicht dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

7

Der Kläger wird bereits dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Er hat keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Inhalt oder Anwendungsbereich einer revisiblen (Bundes-)Norm (vgl § 162 SGG) gestellt. Die Formulierung einer Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 181). Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag des Beschwerdeführers daraufhin zu analysieren, ob sich ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48). Zusätzlich fehlt es an ausreichenden Ausführungen zur Klärungsfähigkeit. Insofern hätte der Kläger aufzeigen müssen, welchen Sachverhalt das LSG für das BSG bindend festgestellt hat (§ 163 SGG) und dass auf dieser Grundlage im angestrebten Revisionsverfahren notwendig über die mit der Beschwerde angesprochene Problematik entschieden werden muss.

8

Schließlich ist auch zur Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend vorgetragen. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Wer einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich nicht nur auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Auswertung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vortragen, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegende Rechtsprechung die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (vgl Krasney/Udsching, aaO, Kap IX RdNr 183 mwN). Zudem muss der Beschwerdeführer darlegen, woraus sich die Verfassungswidrigkeit im konkreten Fall ergeben soll (BSGE 40, 158 [BSG 22.08.1975 - 11 BA 8/75] = SozR 1500 § 160a Nr 11).

9

Der Kläger rügt im Zusammenhang mit § 106 SGB VI "einen Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip, das Gleichheitsprinzip und das Willkürverbot". Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit ist aber in jedem Fall eine substantiierte Auseinandersetzung mit den bereits ergangenen Entscheidungen des BVerfG und des BSG zu dem aufgeworfenen Problemkreis unter Kenntnisnahme des dortigen Inhalts erforderlich. Entsprechende Darlegungen enthält der Vortrag des Klägers nicht.

10

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

11

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Dr. Berchtold
Dr. Koloczek
Karmanski

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