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Bundessozialgericht
Beschl. v. 02.06.2015, Az.: B 5 R 22/15 B
Rente wegen Erwerbsminderung; Divergenzrüge; Verkennung einer höchstrichterlichen Entscheidung; Begriff des abstrakten Rechtssatzes
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 02.06.2015
Referenz: JurionRS 2015, 21389
Aktenzeichen: B 5 R 22/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Niedersachsen-Bremen - 17.12.2014 - AZ: L 2 R 158/14

SG Stade - AZ: S 4 R 283/11

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG

BSG, 02.06.2015 - B 5 R 22/15 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Eine Divergenz besteht nicht schon dann, wenn das Berufungsgericht einen höchstrichterlichen Rechtssatz missversteht oder aus sonstigen Gründen nicht oder falsch anwendet.

2. Eine Divergenz setzt vielmehr voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung infrage stellt, was indes nicht der Fall ist, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall verkannt haben sollte.

3. Ein abstrakter Rechtssatz richtet sich an eine unbestimmte (ungewisse) Vielzahl von Personen (Adressaten, Subjekten) und soll normativ eine unbestimmte (potentiell unbegrenzte) Vielzahl von realen Fällen regeln und beansprucht damit eine über den konkreten Einzelfall hinausgehende (fallübergreifende) Geltung für vergleichbare Sachverhalte.

in dem Rechtsstreit

Az: B 5 R 22/15 B

L 2 R 158/14 (LSG Niedersachsen-Bremen)

S 4 R 283/11 (SG Stade)

......................................................,

Klägerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigter: .......................................................,

gegen

Deutsche Rentenversicherung Rheinland,

Königsallee 71, 40215 Düsseldorf,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 5. Senat des Bundessozialgerichts hat am 2. Juni 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. B e r c h t o l d sowie die Richter Dr. K o l o c z e k und K a r m a n s k i

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. Dezember 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom 17.12.2015 hat das LSG Niedersachsen-Bremen einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum BSG eingelegt. In der Beschwerdebegründung wird eine Rechtsprechungsabweichung geltend gemacht.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6

Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die BSG oder BVerfG aufgestellt haben, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass der angefochtene Beschluss auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Beschluss des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zu Grunde zu legen haben wird (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht ansatzweise gerecht.

7

Sie macht geltend, die Entscheidung des LSG beruhe auf folgendem "Rechtssatz": "Nach Maßgabe dieser Grundsätze bedarf es im vorliegenden Fall nicht der Benennung einer Konkreten Verweisungsfähigkeit."

8

Hierbei handelt es sich jedoch nicht um einen abstrakten Rechtssatz. Denn der zitierte Satz richtet sich weder an eine unbestimmte (ungewisse) Vielzahl von Personen (Adressaten, Subjekten) noch soll er normativ eine unbestimmte (potentiell unbegrenzte) Vielzahl von realen Fällen regeln und beansprucht damit keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende (fallübergreifende) Geltung für vergleichbare Sachverhalte, wie dies für einen abstrakten Rechtssatz generell notwendig wäre. Aus den herangezogenen Beschlüssen vom 10.7.2012 (B 13 R 40/12 B - BeckRS 2012, 71781) und vom 31.10.2012 (B 13 R 107/12 B - BeckRS 2012, 76254) arbeitet die Beschwerdebegründung überhaupt keinen Rechtssatz heraus, sodass der erforderliche Rechtssatzvergleich von vornherein unmöglich ist.

9

Im Übrigen verkennt die Klägerin, dass eine Divergenz nicht schon dann besteht, wenn das Berufungsgericht einen höchstrichterlichen Rechtssatz missversteht oder aus sonstigen Gründen nicht oder falsch anwendet (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 45 mwN). Eine Divergenz setzt vielmehr voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung infrage stellt, was indes nicht der Fall ist, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall verkannt haben sollte (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 73 mwN). Deshalb hätte die Klägerin vertieft darauf eingehen müssen, warum es sich bei der behaupteten Abweichung des Berufungsgerichts nicht lediglich um eine falsche Rechtsanwendung im Einzelfall handelt, in der ein eigener Rechtssatz des Berufungsgerichts gerade nicht zum Ausdruck kommt (vgl im Einzelnen BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 45).

10

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

11

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Dr. Berchtold
Dr. Koloczek
Karmanski

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