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Bundessozialgericht
Beschl. v. 20.05.2015, Az.: B 12 R 54/14 B
Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagebeträgen; Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken; Anspruch auf rechtliches Gehör
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 20.05.2015
Referenz: JurionRS 2015, 18772
Aktenzeichen: B 12 R 54/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Bayern - 17.11.2014 - AZ: L 5 R 1084/10

SG München - AZ: S 12 R 2962/07

BSG, 20.05.2015 - B 12 R 54/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Zur Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen Regelungen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung stützt, genügt die Behauptung der Verfassungswidrigkeit nicht.

2. Vielmehr muss unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung, insbesondere des BVerfG, aber auch das BSG, im Einzelnen aufgezeigt werden, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll.

3. In der Begründung ist deshalb im Rahmen der notwendigen Erörterung der Klärungsbedürftigkeit auch darzulegen, dass und inwiefern die Frage der Verfassungsmäßigkeit durch die bisherige Rechtsprechung nicht geklärt oder in der Rechtsprechung und Literatur mit beachtlichen Gründen in Zweifel gezogen worden ist.

4. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass der Kläger "gehört", nicht jedoch "erhört" wird.

in dem Rechtsstreit

Az: B 12 R 54/14 B

L 5 R 1084/10 (Bayerisches LSG)

S 12 R 2962/07 (SG München)

...............................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

gegen

Deutsche Rentenversicherung Bund,

Ruhrstraße 2, 10709 Berlin,

Beklagte und Beschwerdegegnerin,

beigeladen:

1. BARMER GEK,

Axel-Springer-Straße 44, 10969 Berlin,

Prozessbevollmächtigte: ...............................................

2. Bundesagentur für Arbeit,

Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg,

3. AOK Bayern - Die Gesundheitskasse,

Carl-Wery-Straße 28, 81739 München,

4. Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See,

Pieperstraße 14 - 28, 44789 Bochum,

5. ...............................................,

6. ...............................................,

7. Pflegekasse bei der AOK Bayern - Die Gesundheitskasse,

Carl-Wery-Straße 28, 81739 München,

8. BARMER GEK - Pflegekasse,

Axel-Springer-Straße 44, 10969 Berlin,

Prozessbevollmächtigte: ........................................... .

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat am 20. Mai 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. K r e t s c h m e r sowie den Richter Dr. K a l t e n s t e i n und die Richterin Dr. K ö r n e r

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. November 2014 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4142,98 Euro festgesetzt.

Gründe

1

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagebeträgen.

2

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen LSG vom 17.11.2014 ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen.

3

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Allein die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

4

Der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung vom 3.2.2015 entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen der vorgenannten Zulassungsgründe dargelegt oder bezeichnet.

5

1. Sofern der Kläger der "Frage, ob Rentner, die im Rentenalter sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten ausüben, Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen, obwohl sie weder eine Rentensteigerung erhalten noch anderweitig in den Genuss ihrer im Rentenalter einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge kommen", grundsätzliche Bedeutung beimessen wollte, hat er die Darlegungsanforderungen für eine Grundsatzrüge nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG (vgl hierzu exemplarisch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) nicht einmal im Ansatz erfüllt. Denn er hat mit der von ihm aufgeworfenen Fragestellung bereits keine abstrakt generelle Rechtsfrage - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zu höherrangigem Recht (vgl allgemein BSG vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - Juris RdNr 10; BSG vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - Juris RdNr 10; BSG vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - Juris RdNr 7) formuliert. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 181). Es gehört nicht zu den Aufgaben des Beschwerdegerichts, den Beschwerdevortrag daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage herausfiltern ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).

6

Soweit sich der Kläger - allerdings nicht in eine Rechtsfrage gekleidet - in seiner Beschwerdebegründung auf die Verletzung von Verfassungsrecht beruft, ist zudem auf Folgendes hinzuweisen: Zur Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen Regelungen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung stützt, genügt die Behauptung der Verfassungswidrigkeit nicht. Vielmehr muss unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung, insbesondere des BVerfG, aber auch das BSG, im Einzelnen aufgezeigt werden, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl BSGE 40, 158 [BSG 22.08.1975 - 11 BA 8/75] = SozR 1500 § 160a Nr 11; vgl auch BSG vom 2.6.2009 - B 12 KR 65/08 B - Juris RdNr 9; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160a RdNr 14e mwN). In der Begründung ist deshalb im Rahmen der notwendigen Erörterung der Klärungsbedürftigkeit auch darzulegen, dass und inwiefern die Frage der Verfassungsmäßigkeit durch die bisherige Rechtsprechung nicht geklärt oder in der Rechtsprechung und Literatur mit beachtlichen Gründen in Zweifel gezogen worden ist. Auch diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

7

2. Sofern der Kläger rügt, das LSG habe "zu der hier offenen Frage nicht Stellung genommen", und meint, dass aus diesem Grunde ein "Formfehler" vorliege, weil eine "Nichtstellungnahme keine Entscheidung" darstelle, hat er auch keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG bezeichnet (zu den Anforderungen an die Bezeichnung eines solchen Verfahrensmangels s exemplarisch BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4 und Nr 21 RdNr 4, jeweils mwN). Er nennt bereits keine für das sozialgerichtliche Verfahren maßgebende Norm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll. Überdies wird ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens nur dann hinreichend bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht. Hinreichende Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung dazu nicht.

8

Soweit man in dem - in Bezug auf die Verletzung konkreter Regelungen des SGG nicht spezifizierten - Vorbringen des Klägers, das LSG habe "zu der hier offenen Frage nicht Stellung genommen", die Rüge des Fehlens von Entscheidungsgründen sehen wollte, ist darauf hinzuweisen, dass eine Entscheidung nicht schon dann nicht mit Gründen iS des § 128 Abs 1 S 2 iVm § 136 Abs 1 Nr 6 SGG versehen ist, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz fasst und nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, behandelt hat (BSGE 76, 233, 234 [BSG 10.08.1995 - 11 RAr 91/94] = SozR 3-1750 § 945 Nr 1 S 3; BSG Beschluss vom 18.12.2012 - B 13 R 305/11 B - Juris RdNr 7). Die Begründungspflicht wird selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen oder zum tatsächlichen Geschehen falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten (BSG Beschluss vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - Juris RdNr 7). Der Umstand, dass das LSG Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren nicht gefolgt ist, begründet auch keinen Gehörsverstoß. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass der Kläger "gehört", nicht jedoch "erhört" wird (BSG Beschluss vom 18.12.2012 - B 13 R 305/11 B - Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 9.5.2011 - B 13 R 112/11 B - Juris RdNr 9).

9

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

11

5. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.

Dr. Kretschmer
Dr. Kaltenstein
Dr. Körner

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