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Bundessozialgericht
Beschl. v. 28.04.2015, Az.: B 12 KR 111/14 B
Festsetzung des Krankenversicherungsbeitrags; Substantiierung einer Grundsatzrüge; Unbeantwortete Rechtsfrage
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 28.04.2015
Referenz: JurionRS 2015, 16291
Aktenzeichen: B 12 KR 111/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Bayern - 25.06.2014 - AZ: L 4 KR 460/12

SG Regensburg - AZ: S 14 KR 426/11

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG

BSG, 28.04.2015 - B 12 KR 111/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Zur Geltendmachung einer Grundsatzrüge muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist.

2. Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll.

in dem Rechtsstreit

Az: B 12 KR 111/14 B

L 4 KR 460/12 (Bayerisches LSG)

S 14 KR 426/11 (SG Regensburg)

...............................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: ...............................................,

gegen

AOK Bayern - Die Gesundheitskasse,

Carl-Wery-Straße 28, 81739 München,

Beklagte und Beschwerdegegnerin,

beigeladen:

Pflegekasse bei der AOK Bayern - Die Gesundheitskasse,

Carl-Wery-Straße 28, 81739 München.

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat am 28. April 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. K r e t s c h m e r sowie die Richter Dr. M e c k e und B e c k

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. Juni 2014 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Festsetzung von Beiträgen im Rahmen der freiwilligen Versicherung des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung und seiner Pflichtversicherung in der sozialen Pflegeversicherung.

2

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen LSG vom 25.6.2014 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

3

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil bzw der angefochtene Beschluss von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Die Behauptung, das auf die Berufung ergangene Urteil bzw der auf die Berufung ergangene Beschluss sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

4

1. Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 17.12.2014 ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).

5

Der Kläger wirft auf Seite 2 der Beschwerdebegründung folgende Fragen auf:

"1. Enthalten die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler bzw. § 240 SGB V eine tragfähige Rechtsgrundlage für eine Beitragserhöhung für zurückliegende Zeiträume, für welche bereits ein bestandskräftiger Beitragsbescheid vorliegt?

2. Berechtigt eine Belehrung freiwilliger Krankenkassenmitglieder, deren Beitragshöhe sich nach § 240 SGB V i.V.m. den Beitragsverfahren Selbstzahler bemisst, mit dem Wortlaut 'mir ist bekannt, dass unvollständige Angaben zu Beitragsnachberechnung führen können', eine Krankenkasse zu einer Erhöhung des Beitrags für vergangene Zeiten, für die ein bestandskräftiger Beitragsbescheid vorliegt?

3. Berechtigt die Nichtvorlage des Steuerbescheids auf der Grundlage des § 48 SGB X zur rückwirkenden Beitragserhöhung?"

6

Als Verwaltungsakte könnten Beitragsbescheide nur unter den Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X zurückgenommen oder aufgehoben werden. Daher würden sich die obigen Fragen stellen, ob ausnahmsweise eine Veränderung nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit möglich sei. Erst seit 1.8.2014 und damit nach dem streitigen Zeitraum sei in § 240 Abs 1 S 2 SGB V geregelt, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtige und dass, sofern und solange Mitglieder Nachweise über die beitragspflichtigen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorlegen würden, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze gelte. Zwar fänden sich in den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler in § 6 Abs 5 S 1 und § 7 Abs 7 S 1 Vorschriften, welche die Nichtvorlage von Unterlagen und die Vorlage von Steuerbescheiden beträfen. Die Vorschriften stellten aber nicht klar, "ob sie die Änderung eines ergangenen Beitragsbescheids als Dauerverwaltungsakt nur für die Zukunft ... oder auch rückwirkend für bereits in der Vergangenheit liegende Zeiträume" erlaubten.

7

Die Beschwerdebegründung genügt den Darlegungsvoraussetzungen nach § 160a Abs 2 S 3 SGG nicht, weil der Kläger nicht hinreichend darstellt, dass sich die von ihm gestellten Fragen - ihre Qualität als hinreichend konkrete, in einem späteren Revisionsverfahren prüfbare Rechtsfragen unterstellt - nicht schon nach der Gesetzeslage ohne Weiteres beantworten lassen. Der Kläger erwähnt zwar in der weiteren Begründung seiner Fragen die Aufhebungsvorschriften der §§ 45, 48 SGB X, unterlässt aber die gebotene Auseinandersetzung insbesondere mit den Regelungen in § 45 Abs 1 und § 48 Abs 1 S 2 SGB X, die - unter bestimmten Voraussetzungen - auch eine Rücknahme bzw Aufhebung bestandskräftiger Verwaltungsakte mit Wirkung für die Vergangenheit zulassen. Soweit man die Ausführungen des Klägers dahingehend versteht, mit Blick auf die Ergänzung von § 240 Abs 1 S 2 SGB V zum 1.8.2014 fehle es für davor liegende Zeiträume an einer ausreichenden Rechtsgrundlage für eine rückwirkende Änderung von Beitragsbescheiden, befasst er sich ebenfalls nicht hinreichend mit den gesetzlichen Vorschriften. Hierzu hätte aber Anlass bestanden, weil § 240 Abs 1 S 2 SGB V schon in seiner Ursprungsfassung seit seinem Inkrafttreten am 1.1.1989 anordnet, dass sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Zwar wurde die Norm ab 1.8.2014 um einen Halbsatz erweitert, der eine ausdrückliche Regelung für den Fall der Nichtvorlage von Einnahmennachweisen trifft (§ 240 Abs 1 S 2 SGB V in der Fassung des GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz [GKV-FQWG] vom 21.7.2014, BGBl I 1133 als Reaktion auf BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 21, vgl insoweit BT-Drucks 18/1307 S 41 zu Nummer 16 [§ 240] zu Buchst a). Unabhängig hiervon galten (und gelten) jedoch für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige schon zuvor spezielle Regelungen in § 240 Abs 4 S 2 und 6 SGB V (vgl insoweit erneut BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 21 RdNr 16), die das LSG auch herangezogen hat.

8

Im Übrigen befasst sich der Kläger - trotz eines entsprechenden Hinweises des LSG - nicht mit der ständigen Rechtsprechung des BSG zur Berücksichtigung von Einnahmen freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und deren Nachweismöglichkeiten.

9

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG; zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer solchen Verfahrensweise vgl BVerfG [Kammer] Beschluss vom 8.12.2010 - 1 BvR 1382/10 - NJW 2011, 1497).

10

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dr. Kretschmer
Dr. Mecke
Beck

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