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Bundessozialgericht
Beschl. v. 18.12.2014, Az.: B 4 AS 252/14 B
Darlegung von Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit; Bloße Behauptung einer Verfassungswidrigkeit
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 18.12.2014
Referenz: JurionRS 2014, 31070
Aktenzeichen: B 4 AS 252/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Berlin-Brandenburg - 06.08.2014 - AZ: L 10 AS 1464/14

SG Frankfurt/Oder - AZ: S 16 AS 1044/12

BSG, 18.12.2014 - B 4 AS 252/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist.

2. Ein Beschwerdeführer hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll.

3. Die bloße Behauptung einer Verfassungswidrigkeit genügt den Anforderungen des § 160a Abs. 2 S. 3 SGG nicht; vielmehr ist eine substantielle Auseinandersetzung unter Erörterung der Ausgestaltung und des Bedeutungsgehalts der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen sowie Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderlich.

in dem Rechtsstreit

Az: B 4 AS 252/14 B

L 10 AS 1464/14 (LSG Berlin-Brandenburg)

S 16 AS 1044/12 (SG Frankfurt/Oder)

1. ..............................,

2. ..............................,

3. ..............................,

4. ..............................,

5. ..............................,

6. ..............................,

7. ..............................,

Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigter zu 1. bis 7.: ...........................................,

gegen

Jobcenter Märkisch-Oderland,

Fichtenweg 4, 15306 Seelow,

Beklagter und Beschwerdegegner.

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat am 18. Dezember 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. V o e l z k e sowie die Richterinnen S. K n i c k r e h m und B e h r e n d

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. August 2014 - L 10 AS 1464/14 - wird als unzulässig verworfen.

Die Anträge der Kläger, ihnen für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im oben bezeichneten Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt A. P. (S.) beizuordnen, wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Die Kläger begehren im Verfahren nach § 44 SGB X für den Zeitraum vom 1.4.2006 bis 31.12.2009 höhere SGB II-Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung mit der Begründung, dass Stromaufwendungen für den Betrieb einer Heizungsanlage zu berücksichtigen seien. Der Beklagte lehnte es unter Berufung auf § 40 Abs 1 S 2 SGB II iVm § 77 Abs 13 SGB II ab, seine für den streitigen Zeitraum erlassenen und bestandskräftig gewordenen Bescheide zu prüfen. Die Berufung der Kläger gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG vom 24.4.2014 hatte keinen Erfolg (Urteil des LSG vom 6.8.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Beklagte habe eine inhaltliche Überprüfung der den Zeitraum vom 1.4.2006 bis 31.12.2009 regelnden Bescheide zu Recht abgelehnt. Ein Leistungsberechtigter, der höhere Leistungen für einen außerhalb der Einjahresfrist des § 40 Abs 1 S 2 SGB II liegenden Zeitraum dem Grunde nach begehre, könne diese Leistungen für die Vergangenheit nicht mehr beanspruchen und daher auch kein rechtliches Interesse an einer Rücknahme der bestandskräftigen Bescheide geltend machen. Die Kläger könnten die Nachzahlung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.4.2006 bis 31.12.2009 schon deshalb nicht (mehr) beanspruchen, weil ihr Rücknahmeantrag vom 9.5.2011 nur bis zum 1.1.2010 zurückreiche und der gemäß § 40 Abs 1 S 2 SGB II anspruchsvernichtende Einwand der Nachleistungsbegrenzung auf ein Jahr durchgreife. Gegen die Verkürzung der Vierjahresfrist des § 44 Abs 4 S 1 SGB X auf ein Jahr durch § 40 Abs 1 S 2 SGB II bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

2

Mit ihrer Beschwerde, für deren Durchführung sie die Bewilligung von PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt P. begehren, wenden sich die Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision.

II

3

Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil die als Zulassungsgrund geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 SGG zu verwerfen.

4

Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN stRspr; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch: BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Ein Beschwerdeführer hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).

5

Es ist schon fraglich, ob die Kläger mit ihrem Vorbringen, die Erfolgsaussichten hingen im Wesentlichen davon ab, "ob die Regelung des § 40 Absatz 1, Satz 2 SGB II in der Fassung vom 01.04.2011 entgegen der Entscheidung BSG, Urteil vom 26.06.2013 - B 7 AY 6/12 R doch als möglicherweise verfassungswidrig angesehen wird, oder nicht" eine Rechtsfrage hinreichend klar aufgeworfen haben. Es fehlt jedenfalls an Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit. In ihrer Beschwerdebegründung haben die Kläger bereits auf die Entscheidung des 7. Senats des BSG vom 26.6.2013 (B 7 AY 6/12 R) verwiesen, der von einer Verfassungsmäßigkeit der im SGB II und im SGB XII (vgl § 116a SGB XII) kürzeren Frist von einem Jahr für die nachträgliche Erbringung von Sozialleistungen bei einer Rücknahme nach § 44 Abs 1 SGB X ausgegangen ist. Die bloße Behauptung einer Verfassungswidrigkeit genügt den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG nicht; vielmehr ist eine substantielle Auseinandersetzung unter Erörterung der Ausgestaltung und des Bedeutungsgehalts der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen sowie Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderlich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160a RdNr 14e mit Rechtsprechungsnachweisen). Hieran fehlt es.

6

Die unzulässige Beschwerde ist nach § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.

7

Den Klägern steht PKH schon deshalb nicht zu, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO). Da die Bewilligung von PKH abzulehnen war, entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

8

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Prof. Dr. Voelzke
Knickrehm
Behrend

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