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Bundessozialgericht
Beschl. v. 28.11.2014, Az.: B 10 ÜG 8/14 BH
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 28.11.2014
Referenz: JurionRS 2014, 31058
Aktenzeichen: B 10 ÜG 8/14 BH
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Baden-Württemberg - L 11 SF 2091/14 EK-WA - 22.07.2014

SG Stuttgart - AZ: L 11 SF 293/14 EK

BSG, 28.11.2014 - B 10 ÜG 8/14 BH

in dem Rechtsstreit

Az: B 10 ÜG 8/14 BH

L 11 SF 2091/14 EK-WA (LSG Baden-Württemberg)

L 11 SF 293/14 EK (SG Stuttgart)

............................................,

Kläger und Antragsteller,

gegen

Land Baden-Württemberg,

vertreten durch die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart,

Olgastraße 2, 70182 Stuttgart,

Beklagter.

Der 10. Senat des Bundessozialgerichts hat am 28. November 2014 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. S c h l e g e l sowie die Richterin Dr. R o o s und den Richter Dr. R ö h l

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Juli 2014 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

I

1

In der Hauptsache L 11 SF 2091/14 EK-WA begehrt der Kläger die Wiederaufnahme des Verfahrens L 11 SF 293/14 EK.

2

Am 20.1.2014 hatte der Kläger eine unter dem Az L 11 SF 293/14 EK geführte Entschädigungsklage wegen unangemessener Dauer des Verfahrens L 2 SF 3694/12 EK erhoben.

3

Das Entschädigungsverfahren L 2 SF 3694/12 EK begann am 10.9.2012. Nach verschiedenen Befangenheitsanträgen und Terminierungsversuchen kam der am 26.2.2013 durch das LSG beauftragte nervenärztliche Gutachter Prof. Dr. T. (Institut für psychiatrische Begutachtung St.) in diesem Verfahren unter dem 8.7.2013 zu der Einschätzung, der Kläger sei prozessunfähig. Nach diversen Versuchen der Beiordnung eines besonderen Vertreters mit anschließend geltend gemachten Zerwürfnissen, Eingaben und Befangenheitsanträgen bestellte das Gericht zuletzt einen besonderen Vertreter durch Beschluss vom 14.1.2014 und zog zur Klärung der Prozessfähigkeit weitere Gutachten aus landgerichtlichen Verfahren bei, die zu dem Ergebnis kamen, die Voraussetzungen für verminderte oder aufgehobene Schuldfähigkeit iS von §§ 20, 21 StGB seien nicht mit ausreichender Sicherheit gegeben. Die Prozessfähigkeit sei zu bejahen (Zentrum für Psychiatrie W. Gutachten, PD Dr. Spl./S. vom 11.6.2012 und vom 29.6.2012). Der Gutachter Prof. Dr. T. sah sich daraufhin nicht zu einer Änderung seiner Einschätzung der Prozessunfähigkeit veranlasst (Stellungnahme vom 12.2.2014). Ausgehend von Prozessfähigkeit wies das LSG daraufhin die Klage ab (Urteil vom 30.4.2014). Das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG vom 30.4.2014 wird vor dem erkennenden Senat unter dem Az B 10 ÜG 16/14 B geführt (vormals B 10 ÜG 1/14 BH). Die unter dem Az L 2 SF 2019/14 WA geführte Nichtigkeitsklage gegen das Urteil vom 30.4.2014 war erfolglos (Urteil vom 25.6.2014). Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unter B 10 ÜG 9/14 B anhängig.

4

In dem Verfahren L 11 SF 293/14 EK rügte der Kläger die seiner Meinung nach überflüssige Begutachtung durch Prof. Dr. T., wies darauf hin, dass er mehrfach Verzögerungsrügen angebracht habe, und beantragte, hilfsweise den Rechtsstreit an das LG zu verweisen. Das LSG wies die Klage ab und führte zur Begründung ua aus, der Senat habe nach den überzeugenden Ausführungen im Gutachten PD Dr. Sp./S. keine Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers. Seine Vorgehensweise sei rechtsmissbräuchlich. Ein sachliches Anliegen habe er nicht. Es gehe ihm allein darum - wie in weiteren 138 Entschädigungsklagen - das Gericht zum Zwecke der Selbstdarstellung in Anspruch zu nehmen. Auch wäre seine Klage unbegründet, weil er weder eine Verzögerungsrüge erhoben habe noch die Dauer des Verfahrens unangemessen sei. Eine Verweisung an das LG komme nicht in Betracht. Mit dem Amtshaftungsanspruch werde ein neuer Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt; die Klageänderung sei nicht sachdienlich (Urteil vom 29.4.2014). Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wird unter B 10 ÜG 17/14 B (vormals B 10 ÜG 2/14 BH) geführt.

5

Die gegen das Urteil vom 29.4.2014 erhobene Nichtigkeitsklage hat das LSG in dem Verfahren L 11 SF 2091/14 EK-WA abgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, die Ablehnung aller Richter des Senats sei unzulässig, einem Verlegungsantrag habe mangels Verhinderung nicht nachgegeben werden müssen, der allein in Betracht kommende Nichtigkeitsgrund der Prozessunfähigkeit sei nicht gegeben (Urteil vom 22.7.2014).

6

Mit seinem Antrag begehrt der Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Rechtsanwalts für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil.

II

7

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn - ua - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es.

8

1. Der Kläger war im vorangegangenen Verfahren nicht prozessunfähig und ist es auch nicht in diesem Verfahren.

9

Der Senat hielt und hält den Kläger für prozessfähig. Der Senat hat, nachdem das LSG ausführlich zur Prozessfähigkeit des Klägers Stellung genommen und dessen Prozessfähigkeit nach Einholung bzw Beiziehung medizinischer/psychiatrischer Sachverständigengutachten bejaht hat, die Sachverständigengutachten des Instituts für psychiatrische Begutachtung St., Prof. Dr. K. -L. T., vom 8.7.2013, des Zentrums für Psychiatrie W., Dr. R.-D. Sp., H. S., vom 29.6.2012 und vom 11.6.2012 sowie des Bezirkskrankenhauses G., Privatdozent Dr. N. V., vom 19.5.2014 beigezogen; dies wurde den Beteiligten mitgeteilt. Der Senat ist nach Auswertung und Würdigung der Gutachten sowie in Kenntnis des schriftsätzlichen Vorbringens des Klägers in verschiedenen beim BSG anhängigen Verfahren zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger zwar von einer verfestigten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und querulatorischen Zügen auszugehen ist. Auch wenn er in den letzten Jahren hunderte von Verfahren anhängig gemacht hat und seine Entscheidungen zur Prozessführung nicht oder nur schwer nachvollziehbar sind, fehlt es aber an Hinweisen auf eine schwere Psychopathologie, die zur Prozessunfähigkeit führen könnte. Vielmehr hat der Senat - übereinstimmend zB mit dem 3. Senat des LSG (vgl Urteil vom 20.8.2014 - L 3 AL 527/14) - den Eindruck gewonnen, dass der Kläger durchaus weiß, was er will und was er tut. Es bereitet ihm Freude, die Gerichte zu beschäftigen oder gar lahmzulegen. Jedenfalls ist seine Fähigkeit, im Rahmen dieses Interesses zahlreiche Verfahren zielgerichtet zu verfolgen und jeweils durchaus situationsangemessen vorzutragen und auf gerichtliche Verfügungen zu reagieren, nach Überzeugung des Senats nicht beeinträchtigt oder beeinträchtigt gewesen.

10

2. Die Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das LSG hat die Wiederaufnahmeklage zu Recht abgewiesen. Verfahrensfehler sind bei der gebotenen summarischen Prüfung des Urteils des LSG nicht ersichtlich. Insbesondere durfte das LSG die Ablehnungsgesuche des Klägers unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als unzulässig behandeln, weil der Kläger den Senat pauschal abgelehnt hatte (vgl BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 7). Das Revisionsgericht ist im Hinblick auf § 557 Abs 2 ZPO (iVm § 202 SGG) grundsätzlich an Entscheidungen gebunden, die dem Endurteil des LSG vorausgegangen sind. Anhaltspunkte für willkürliche Erwägungen oder eine grundlegende Verkennung der Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 S 2 GG (vgl BSG SozR 4-1100 Art 101 Nr 3 LS 1), die eine Überprüfung in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ermöglichen, sind nicht im Ansatz erkennbar (vgl BSG Beschluss vom 19.2.2013 - B 1 KR 70/12 B - RdNr 6). Auch der Verlegungsantrag durfte abgelehnt werden, da der Kläger keinen erheblichen Grund für die Verlegung geltend machen konnte (vgl BSG Beschluss vom 17.12.2013 - B 11 AL 5/13 B). Auch der Wiederaufnahmegrund der Prozessunfähigkeit besteht - wie dargelegt - nicht (vgl § 179 Abs 1 iVm § 579 Abs 1 Nr 4 ZPO).

11

3. Die Rechtsverfolgung des Klägers erscheint mutwillig. Eine nicht bedürftige Partei würde bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage ohne PKH ihr Recht nicht in gleicher Weise verfolgen (BGH Beschluss vom 6.7.2010 - VI ZB 31/08 - NJW 2010, 3522; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 33. Aufl 2012, § 114 RdNr 7). Der Kläger konnte nicht deutlich machen, welches sachliche Interesse er verfolgt.

Prof. Dr. Schlegel
Dr. Roos
Dr. Röhl

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