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Bundessozialgericht
Beschl. v. 23.09.2014, Az.: B 13 R 259/14 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 23.09.2014
Referenz: JurionRS 2014, 23972
Aktenzeichen: B 13 R 259/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Bayern - 21.05.2014 - AZ: L 19 R 514/12

SG Würzburg - AZ: S 12 R 1239/10

BSG, 23.09.2014 - B 13 R 259/14 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 13 R 259/14 B

L 19 R 514/12 (Bayerisches LSG)

S 12 R 1239/10 (SG Würzburg)

............................................,

Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdeführerin,

gegen

Deutsche Rentenversicherung Nordbayern,

Friedenstraße 12/14, 97072 Würzburg,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 13. Senat des Bundessozialgerichts hat am 23. September 2014 durch den Richter G a s s e r als Vorsitzenden sowie die Richter K a l t e n s t e i n und Karmanski

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Mai 2014 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im vorstehend genannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem ihr am 18.6.2014 zugestellten Urteil des Bayerischen LSG vom 21.5.2014 mit einem von ihr unterzeichneten, am 17.7.2014 beim BSG eingegangenen Schreiben Beschwerde eingelegt und gleichzeitig zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

2

A) Der PKH-Antrag der Klägerin ist abzulehnen.

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1. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Voraussetzung für die Bewilligung von PKH und die damit verbundene Beiordnung eines Rechtsanwalts ist nach der Rechtsprechung des BSG sowie auch der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (= Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 117 Abs 2 und 4 ZPO), dh mit dem durch die PKH-Formularverordnung vom 6.1.2014 (BGBl I 34) bestimmten Formular, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden (BSG SozR 1750 § 117 Nr 1 und 3; BSG Beschluss vom 2.2.2006 - B 9a V 46/05 B - Juris RdNr 2; BGH Beschluss vom 7.3.2013 - IX ZA 42/12 - Juris RdNr 2; BFH Beschluss vom 2.4.2014 - X S 5/14 (PKH) - Juris RdNr 5). Diese Regelungen sind nach Überzeugung des Senats verfassungsgemäß (s auch BVerfG [Kammer] Beschlüsse vom 13.4.1988 - SozR 1750 § 117 Nr 6; vom 7.2.2000 - NJW 2000, 3344; vom 14.10.2003 - NVwZ 2004, 334, 335).

4

Den genannten Anforderungen ist die Klägerin bis zum Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist, die für sie am 18.7.2014 endete (§ 160a Abs 1 S 2, § 64 Abs 2 SGG), nicht nachgekommen, obwohl sie in den zutreffenden Erläuterungen zur PKH im Urteil des LSG ausdrücklich darüber belehrt wurde. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin ist nämlich erst am 11.8.2014 - mithin verspätet - beim BSG eingegangen. Anhaltspunkte dafür, dass bei formgerechten Beschwerdeeinlegung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) aufgrund fehlenden Verschuldens hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdefrist gewährt werden könnte, sind auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin zu den "Rechts- und Irrtumsgründen, die ich gegen das Verfahren und die Tatbestandsvoraussetzungen des PKH-Rechts vorgetragen und nicht zu vertreten habe" (Schriftsatz vom 8.8.2014 unter 4.), nicht ersichtlich. Die Rechtsverfolgung hat daher schon aus diesem Grund keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

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2. Zudem fehlen die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Bewilligung von PKH. Gemäß § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 115 Abs 4 ZPO wird PKH nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung vier Monatsraten (nach Maßgabe der Berechnungsvorschriften in § 115 Abs 1 und 2 ZPO) und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.

6

a) Für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren fallen voraussichtlich Kosten für einen Rechtsanwalt iHv 595 Euro an. Nach Nr 3512 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erhält ein Rechtsanwalt im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vor dem BSG eine Gebühr, die zwischen 80 und 880 Euro liegt. Innerhalb dieser Rahmengebühr bestimmt der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers, seine Gebühr nach billigem Ermessen (§ 14 Abs 1 RVG). Bei einem Verfahren durchschnittlichen Umfangs und Schwierigkeitsgrades wird im Allgemeinen von der "Mittelgebühr" ausgegangen, die im Beschwerdeverfahren - einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer - 595 Euro beträgt.

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b) Ausgehend von ihren Angaben in der - verspätet eingereichten - Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verfügt die Klägerin zurzeit über ein monatliches Nettoeinkommen (Altersrente und Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, Hinterbliebenen-Betriebsrente) iHv 1253,12 Euro. Davon sind ein persönlicher Freibetrag von 452 Euro (§ 115 Abs 1 S 3 Nr 2 Buchst a ZPO), Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iHv 350,39 Euro (§ 115 Abs 1 S 3 Nr 3 ZPO) sowie Aufwendungen für Versicherungen iHv 48,16 Euro (§ 115 Abs 1 S 3 Nr 1 Buchst a ZPO iVm § 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII) in Abzug zu bringen, woraus sich ein einzusetzendes Einkommen von 402,57 Euro sowie eine Monatsrate von 201 Euro errechnet. Ob weitere Beträge - wie etwa die von der Klägerin geltend gemachten Beiträge zum Obst - und Gartenbauverein sowie zum Sportverein - vom Einkommen abzuziehen sind, kann hier offenbleiben. Denn jedenfalls verfügt die Klägerin nach ihren eigenen Angaben über Sparvermögen zumindest iHv 3268,48 Euro (Stand 23.1.2014 - ohne Berücksichtigung möglicher weiterer monatlicher Einzahlungen von jeweils 200 Euro aufgrund eines Dauerauftrags), das den Freibetrag von (hier) 2600 Euro (§ 115 Abs 3 ZPO iVm § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII) um wenigstens 668 Euro übersteigt und in dieser Höhe von ihr zumutbar zur Begleichung der Verfahrenskosten einzusetzen ist. Da dieser Teilbetrag des wenigstens einzusetzenden Vermögens die voraussichtlichen Verfahrenskosten iHv 595 Euro übersteigt, kann PKH nicht gewährt werden. Ob auch das weitere Sparguthaben iHv 12 295,06 Euro, das die Klägerin künftig ihrem Sohn Timo zuzuwenden gedenkt, von ihr ebenfalls vorrangig vor staatlicher Prozesskostenhilfe einzusetzen ist, ist damit hier ohne Bedeutung.

8

3. Da mithin die Voraussetzungen für eine Bewilligung von PKH nicht vorliegen, entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

9

B) Die Beiordnung eins Rechtsanwalts für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren kann ebenso wenig auf der Grundlage von § 202 S 1 SGG iVm § 78b ZPO (sog "Notanwalt") erfolgen. Nach diesen Bestimmungen hat das Prozessgericht in Verfahren mit Anwaltszwang einem Beteiligten auf seinen Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung seiner Rechte beizuordnen, wenn er einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig erscheint. Voraussetzung für die Beiordnung eines Notanwalts ist jedoch, dass der Beteiligte vor Ablauf der Beschwerdefrist nachweist, trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden zu haben (BSG Beschlüsse vom 16.10.2007 - B 6 KA 3/07 S - Juris RdNr 2 mwN sowie vom 11.6.2008 - B 8 SO 45/07 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 7 RdNr 5; BGH Beschlüsse vom 19.1.2011 - IX ZA 2/11 - Juris RdNr 2 sowie vom 24.6.2014 - VI ZR 226/13 - Juris RdNr 2 mwN; BFH Beschluss vom 11.10.2012 - VIII S 20/12 - Juris RdNr 4). Hieran fehlt es vorliegend; die Klägerin hat vielmehr selbst vorgetragen, sie habe nichts Entsprechendes unternommen. Dass dies aus Unkenntnis geschehen sei, kann nach dem Grundsatz der formellen Publizität von Gesetzen (s hierzu Senatsurteil vom 6.5.2010 - SozR 4-1200 § 14 Nr 13 RdNr 24) zu ihren Gunsten keine Berücksichtigung finden. Die Rechtsmittelbelehrung des LSG-Urteils war auch nicht etwa unrichtig iS von § 66 Abs 2 S 1 SGG, weil sie keine Hinweise auf die Möglichkeit der gerichtlichen Beiordnung eines Rechtsanwalts als "Notanwalt" sowie auf die bei einem entsprechenden Antrag zu beachtenden Anforderungen enthielt. Im Übrigen kommt, wenn - wie hier - fehlende Zahlungsfähigkeit bzw Mittellosigkeit als Grund für die mangelnde Vertretung geltend gemacht wird, eine gerichtliche Anwaltsbeiordnung nur unter den Voraussetzungen der §§ 114 ff, 121 ZPO (PKH), nicht aber nach § 78b ZPO (Notanwalt) in Betracht (Senatsbeschluss vom 27.2.2003 - B 13 RJ 215/02 B - Juris RdNr 17 mwN).

10

C) Die von der Klägerin selbst erhobene Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Formvorschriften, weil sie nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) eingelegt worden ist. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach § 73 Abs 4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein.

11

Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Gasser
Kaltenstein
Karmanski

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