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Bundessozialgericht
Beschl. v. 28.12.2010, Az.: B 3 KR 27/10 B
Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht erfordert die Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags sowie Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG; Anforderungen an die Rüge einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 28.12.2010
Referenz: JurionRS 2010, 36776
Aktenzeichen: B 3 KR 27/10 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Mecklenburg-Vorpommern - 31.03.2010 - AZ: L 6 KR 8/07

SG Schwerin - 13.09.2006 - AZ: S 8 KR 220/03

BSG, 28.12.2010 - B 3 KR 27/10 B

Redaktioneller Leitsatz:

Die Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG erfordert die Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags sowie die Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, verbunden mit Ausführungen dazu, dass das LSG sich aufgrund dieser Rechtsauffassung zu weiterer Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen. Weiterhin erforderlich sind Angaben zum voraussichtlichen Ergebnis der unterbliebenen Beweiserhebung und schließlich Ausführungen dazu, warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

in dem Rechtsstreit

Az: B 3 KR 27/10 B

L 6 KR 8/07 (LSG Mecklenburg-Vorpommern)

S 8 KR 220/03 (SG Schwerin)

..............................................,

Klägerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigter: .............................................,

g e g e n

AOK Mecklenburg-Vorpommern - Die Gesundheitskasse,

Am Grünen Tal 50, 19063 Schwerin,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat am 28. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Hambüchen sowie die Richter Schriever und Dr. Schütze

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 31. März 2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1091,82 Euro festgesetzt.

Gründe

I

1

Ein 1986 geborener Versicherter der beklagten Krankenkasse war in der Zeit vom 17.9.2001 bis zum 18.12.2001 in einem von der klagenden Gesellschaft betriebenen Krankenhaus in jugendpsychiatrischer Behandlung. Die Einweisung erfolgte wegen Anpassungsschwierigkeiten mit depressiver Verstimmung, Leistungsverlust, sozialem Rückzug sowie Suizidfantasien vor dem Hintergrund der Trennung der Eltern und langjähriger Spielsucht des Vaters sowie Belastungen des Versicherten durch einen Schulwechsel. Die Beklagte bezahlte die stationäre Behandlung nur bis zum 14.12.2001, weil sie der Ansicht war, die restliche Behandlung habe keinen stationären Aufenthalt des Versicherten mehr erfordert. Das SG hat die Klage nach Einholung eines Gutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin und Psychoanalyse Dr. H. (Leitender Arzt der Psychiatrischen Klinik H.) vom 11.10.2005 abgewiesen (Urteil vom 13.9.2006). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 31.3.2010) und dabei in den Entscheidungsgründen im Einzelnen dargelegt, weshalb es einen in der mündlicher Verhandlung am 31.3.2010 gestellten Beweisantrag der Klägerin auf Einholung eines zusätzlichen kinder- und jugendpsychiatrischen Gutachtens zur fortdauernden Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung bis zum Entlassungstag nicht stattgegeben hat.

2

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

II

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in der durch die §§ 160 Abs 2, 160a Abs 2 Satz 3 SGG normierten Form begründet worden ist. Sie ist deshalb ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG). Die Klägerin weist zwar auf einen gesetzlichen Zulassungsgrund hin, nämlich auf einen Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Jedoch ist dieser Zulassungsgrund nicht so dargelegt, wie § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dies verlangt.

4

1. Formgerecht bezeichnet ist ein Verfahrensfehler nur, wenn die ihn begründenden Tatsachen im Einzelnen angegeben sind und - in sich verständlich - den behaupteten Verfahrensfehler ergeben; außerdem muss dargelegt werden, weshalb die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Im Zusammenhang mit der hier erhobenen Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG erfordert das die Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags sowie die Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, verbunden mit Ausführungen dazu, dass das LSG sich aufgrund dieser Rechtsauffassung zu weiterer Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen. Weiterhin erforderlich sind Angaben zum voraussichtlichen Ergebnis der unterbliebenen Beweiserhebung und schließlich Ausführungen dazu, warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5 und 35; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34).

5

Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht, weil ihr nicht zu entnehmen ist, inwieweit das LSG den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu Unrecht übergangen haben könnte. Die Klägerin legt nicht dar, dass der Sachverständige bei seiner Feststellung, die Fortdauer der stationären Behandlung über den 14.12.2001 sei aus medizinischer Sicht nicht notwendig gewesen, einen den speziellen jugendpsychiatrischen Anforderungen nicht entsprechenden Bewertungsmaßstab zugrunde gelegt hat. Insbesondere konkretisiert sie nicht ihre Annahme, dass ein kinder- und jugendpsychiatrischer Sachverständiger zu abweichenden Ergebnissen gelangt wäre und vor allem, zu welchen. Es wird auch nicht verdeutlicht, weshalb die in den streitigen vier Tagen noch durchgeführten ärztlichen Maßnahmen (einschließlich der am 15. und 16.12.2001 erfolgten Wochenendbeurlaubung zur Belastungserprobung) nach jugendpsychiatrischem Standard nicht ohne stationären Aufenthalt des Versicherten hätten durchgeführt werden können. Allein der Hinweis auf Unterschiede zwischen beiden Fachrichtungen reicht nicht aus; die daraus ggf abzuleitende und zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde erforderliche Subsumtion ist vorliegend nicht erfolgt.

6

Im Übrigen setzt sich die Klägerin nicht mit der - im Urteil des LSG zitierten - Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 25.9.2007 (BSGE 99, 111 [BSG 25.09.2007 - GS 1/06] = SozR 4-2500 § 39 Nr 10) auseinander. Nach dieser Entscheidung ist die Notwendigkeit einer stationären Behandlung im Krankenhaus (§ 39 SGB V) allein nach medizinischen Gesichtspunkten zu beurteilen, ohne dass dem behandelnden Krankenhausarzt dabei eine "Einschätzungsprärogative" zukommt. Dies wird nicht berücksichtigt, wenn in der Beschwerdebegründung (Seite 6) ausgeführt wird, erst wenn die Entscheidung des Krankenhausarztes nicht mehr vertretbar erscheine, sei die Dauer der Behandlung zu beanstanden. Dem ist der Große Senat ausdrücklich entgegen getreten (BSG, aaO, jeweils RdNr 29, 30).

7

2. Soweit die Klägerin sich gegen die Beweiswürdigung des LSG wendet, ist die Beschwerde ebenfalls unzulässig. Die Rüge eines Verstoßes gegen § 128 Abs 1 Satz 1 SGG ist nach der ausdrücklichen Regelung des § 160 Abs 2 Nr 3 2. Halbs SGG im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ausgeschlossen.

8

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

9

4. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren basiert auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 und 3 GKG.

Dr. Hambüchen
Schriever
Dr. Schütze

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