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Bundesgerichtshof
Urt. v. 07.09.2017, Az.: III ZR 618/16
„Amtlicher Lageplan“
Schadenersatzbegehren wegen fehlerhafter Abstandsflächenberechnung eines Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs; Erstellung eines amtlichen Lageplans nach der nordrheinwestfälischen Verordnung über bautechnische Prüfungen (BauPrüfVO NRW); Handlung des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs in Ausübung eines öffentlichen Amtes; Abweisung einer Amtshaftungsklage wegen Eingreifens einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit als "derzeit unbegründet"
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 07.09.2017
Referenz: JurionRS 2017, 23140
Aktenzeichen: III ZR 618/16
Entscheidungsname: Amtlicher Lageplan
ECLI: ECLI:DE:BGH:2017:070917UIIIZR618.16.0
 

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Wuppertal - 31.07.2015 - AZ: 17 O 277/12

OLG Düsseldorf - 30.08.2016 - AZ: I-21 U 174/15

Rechtsgrundlagen:

§ 839 Abs. 1 BGB

§ 3 Abs. 3 S. 1 BauPrüfVO NRW

§ 69 BauO NRW

Art. 34 S. 1 GG

Fundstellen:

Bauen+ 2018, 44

BauR 2018, 133-139

BauSV 2018, 74-75

BBB 2017, 60-61

DÖV 2018, 124

IBR 2018, 83

MDR 2017, 1359-1360

UPR 2018, 39

ZfBR 2018, 43-47

ZfIR 2017, 750

ZNotP 2018, 386-387

BGH, 07.09.2017 - III ZR 618/16

Amtlicher Leitsatz:

BGB § 839 Abs. 1 A

BauPrüfVO NRW § 3 Abs. 3 Satz 1

  1. a)

    Bei der Erstellung eines amtlichen Lageplans nach § 3 Abs. 3 Satz 1 der nordrheinwestfälischen Verordnung über bautechnische Prüfungen vom 6. Dezember 1995 (GV NRW S. 2018) handelt der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur in Ausübung eines öffentlichen Amtes i.S.d. § 839 Abs. 1 BGB.

  2. b)

    Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 29. November 2012 (III ZR 21/12, NJW 2013, 603 Rn. 7) für das Land Berlin entschieden hat, die Lageplanerstellung sei privatrechtlicher Natur, wird klargestellt, dass dies nicht für Lagepläne gilt, die gemäß § 3 Abs. 2 bis 6 der Verordnung über Bauvorlagen, bautechnische Nachweise und das Verfahren im Einzelnen vom 19. Oktober 2006 (GVBl. Berlin S. 1035) für die Beurteilung von Bauvorhaben oder die Bearbeitung eines Bauantrags bei der Bauaufsichtsbehörde einzureichen sind.

  3. c)

    Die Abweisung einer Amtshaftungsklage wegen Eingreifens einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB als "derzeit unbegründet" setzt voraus, dass die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs erfüllt sind.

  4. d)

    Sind mehrere Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure in einer Arbeitsgemeinschaft oder Bürogemeinschaft zusammengeschlossen, so haftet jeder von ihnen nur insoweit, als er in seiner Eigenschaft als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur selbständig hoheitliche Aufgaben wahrgenommen hat.

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. August 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann und die Richter Tombrink, Dr. Remmert und Reiter sowie die Richterin Pohl
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. August 2016 aufgehoben, soweit die Berufung der Klägerin gegen die Klageabweisung gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 zurückgewiesen worden ist und deren außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt worden sind.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen einer ihrem Vorbringen zufolge fehlerhaften Abstandsflächenberechnung auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Die Klägerin ist eine Bauträgergesellschaft und beauftragte im Juli 2008 im Zusammenhang mit von ihr durchgeführten Baumaßnahmen den Beklagten zu 1 mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9. Der Beklagte zu 3, ein seinerzeit mit dem Beklagten zu 2 in Arbeitsgemeinschaft zusammenarbeitender Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur, teilte dem Beklagten 1 auf Anforderung die Kosten unter anderem für die Anfertigung eines "amtlichen Lageplan zur Bauvorlage gemäß §§ 2 + 3 BauPrüfVO NRW" mit. Nach Zustimmung der Klägerin erstellte der Beklagte zu 3 den amtlichen Lageplan zur Bauvorlage, dem als Anlage eine Abstandsflächenberechnung beigefügt war. Die auf Grundlage der eingereichten Bauunterlagen erteilte Baugenehmigung wurde im Wege der Nachbarklage mit der Begründung angefochten, die erforderlichen Abstandsflächen seien unterschritten. Den mit der Nachbarklage verbundenen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung lehnte das Verwaltungsgericht ab; das Oberverwaltungsgericht ordnete auf die hiergegen eingelegte Beschwerde hingegen die aufschiebende Wirkung der Klage an. Die Klägerin nahm daraufhin eine Umplanung vor und erhielt eine Nachtragsbaugenehmigung. Das Verwaltungsgericht ordnete auch für die hiergegen erhobene Nachbarklage die aufschiebende Wirkung an. Im Anschluss an eine daraufhin vorgenommene erneute Umplanung wurde der Klägerin eine weitere Nachtragsbaugenehmigung erteilt, die bestandskräftig wurde. Die Baumaßnahmen wurden umgesetzt. Den entstandenen Verzögerungsschaden verlangt die Klägerin von den Beklagten ersetzt.

3

Vor dem Landgericht ist die Klage ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Klage in Bezug auf den Beklagten zu 1 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, hinsichtlich der Beklagten zu 2 und 3 die Klageabweisung jedoch bestätigt.

4

Mit ihrer vom Berufungsgericht in Richtung auf die Beklagten zu 2 und 3 zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren diesen gegenüber weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit sie die Beklagten zu 2 und 3 betrifft, und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.

6

Soweit für den Revisionsrechtszug noch von Bedeutung, hat das Berufungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Klage gegen die Beklagten zu 2 und 3 sei jedenfalls deshalb unbegründet, weil sich diese aufgrund des hoheitlichen Charakters ihrer Tätigkeit auf den Einwand der subsidiären Haftung berufen könnten.

7

Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und -ingenieure in Nordrhein-Westfalen seien diese als unabhängige Träger der amtlichen Vermessungsverwaltung neben den Behörden als Beliehene zur Ausführung verschiedener Amtshandlungen berechtigt. Zu diesen Amtshandlungen zählten unter anderem die Aufgaben nach der Verordnung über bautechnische Prüfungen und damit auch die Erstellung des in Rede stehenden Lageplans. Der Umstand, dass sich die Entlohnung nach der Kostenordnung für die Öffentlich bestellen Vermessungsingenieure/Vermessungsingenieurinnen in Nordrhein-Westfalen richte, spreche ebenfalls gegen die Annahme einer privatrechtlichen Tätigkeit.

II.

8

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis nicht stand. Auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands ist nicht auszuschließen, dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten zu 2 und 3 besteht oder zumindest nur derzeit unbegründet ist.

9

1. Im Ausgangspunkt zu Recht allerdings ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Erstellung eines Lageplans im Zusammenhang mit der Einreichung von Bauvorlagen nach § 69 BauO NRW durch einen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes erfolgt. Dementsprechend richtet sich die Haftung des Vermessungsingenieurs in solchen Fällen nach § 839 Abs. 1 BGB, wobei eine Überleitung auf das Land (Art. 34 Satz 1 GG) durch § 9 Abs. 4 Satz 2 der für den Streitfall noch maßgeblichen Berufsordnung für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure/Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen in Nordrhein-Westfalen vom 15. Dezember 1992 (GV. NRW S. 524 - ÖbVermIng BO NRW; siehe jetzt § 1 Abs. 4 Halbsatz 2 des Gesetzes über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und -ingenieure in Nordrhein-Westfalen vom 1. April 2014, GV. NRW 256 - ÖbVIG NRW) ausgeschlossen ist (vgl. zur Zulässigkeit des Ausschlusses der Haftungsüberleitung durch Gesetz z.B. Senatsurteile vom 23. April 1953 - III ZR 103/52, BGHZ 9, 289, 290 f; vom 10. Juni 1974 - III ZR 89/72, BGHZ 62, 372, 376 f; vom 30. Oktober 1986 - III ZR 151/85, BGHZ 99, 62, 64 und vom 15. Mai 1997 - III ZR 204/96, BGHZ 135, 354, 356 mwN sowie BVerfGE 61, 149, 199 ff [BVerfG 19.10.1982 - 2 BvF 1/81]; BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn. 711 f [Stand: 1. Juli 2017]; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl., S. 97; MüKoBGB/Papier/Shirvani, 7. Aufl., § 839 Rn. 336). Damit kann der Vermessungsingenieur den Geschädigten gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB auch auf eine anderweitig bestehende Ersatzmöglichkeit verweisen.

10

a) Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure sind Träger eines öffentlichen Amtes (allg. Meinung, vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1990 - I ZR 299/88, NJW-RR 1991, 363 f und Beschluss vom 14. Januar 1993 - I ZB 24/91, BGHZ 121, 126, 129; OLG Dresden, LKV 2007, 191 [OLG Dresden 09.08.2006 - 6 U 407/06]; OLG Düsseldorf, BeckRS 2006, 11223; OLG Hamm, NZBau 2006, 788, 791 [OLG Hamm 25.11.2005 - 26 U 14/05]; KG, NVwZ-RR 1998, 102; Holthausen, NZBau 2004, 479, 480; ders., NZBau 2013, 421; Keddo, Der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur, S. 129 ff; Seidel, Privater Sachverstand und staatliche Garantenstellung im Verwaltungsrecht, S. 239 f).

11

Dies gilt auch in Nordrhein-Westfalen. Ungeachtet dessen, dass die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure einen freien Beruf ausüben, sind sie gemäß § 1 Abs. 2 ÖbVermIng BO NRW (siehe jetzt § 1 Abs. 2 Satz 2 ÖbVIG NRW) als Organe des öffentlichen Vermessungswesens neben den Behörden der Vermessungs- und Katasterverwaltung zur Vornahme verschiedener Amtshandlungen berechtigt. Hierzu gehören unter anderem die Liegenschaftsvermessungen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 ÖbVermIng BO NRW) oder die öffentliche Beglaubigung von Anträgen auf Vereinigung oder Teilung von Grundstücken (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 ÖbVermIng BO NRW), aber auch sonstige, durch Gesetz oder Rechtsverordnung des Landes zugewiesene Aufgaben (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 ÖbVermIng BO NRW; vgl. zur aktuellen Gesetzeslage den im wesentlichen inhaltsgleichen § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, 4 und 6 ÖbVIG NRW). Für die von ihnen durchzuführenden Verwaltungsverfahren gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz (§ 9 Abs. 1 Satz 3 ÖbVermIng BO NRW; vgl. jetzt § 9 Abs. 1 ÖbVIG NRW). Soweit die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure als Organe des Öffentlichen Vermessungswesens tätig werden, richtet sich ihre Vergütung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 ÖbVermIng BO NRW nach der Kostenordnung für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure/Vermessungsingenieurinnen in Nordrhein-Westfalen vom 21. Januar 2002 (GV. NRW S. 47 - ÖbVermIngKO NRW), wobei in § 13 Abs. 2 ÖbVermIng BO NRW bestimmt ist, dass die Kostensätze für die Liegenschaftsvermessungen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 ÖbVermIng BO NRW) wie die Gebührensätze für dieselben Tätigkeiten der Vermessungs- und Katasterbehörden zu bemessen sind. Die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure sind in Nordrhein-Westfalen befugt, die Gebühren durch Verwaltungsakt festzusetzen (vgl. Keddo aaO S. 269). Dies folgt aus § 13 Abs. 1 ÖbVermIng BO NRW, welcher für den Bereich der hoheitlichen Vermessungsaufgaben nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 ÖbVermIng BO NRW auf die ÖbVermIngKO NRW verweist und die Vorschriften der §§ 10 bis 14 und §§ 16 bis 22 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. August 1999 (GV. NRW S. 524 - GebG NRW) für entsprechend anwendbar erklärt (zur aktuellen Rechtslage vgl. § 10 Abs. 1 und 2 ÖbVIG NRW).

12

Neben der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben steht es den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren frei, auf allen anderen Gebieten des Vermessungswesens tätig zu werden, wenn dadurch die unabhängige und eigenverantwortliche Tätigkeit in dem Bereich ihrer öffentlichen Bestellung nach § 1 Abs. 2 ÖbVermIng BO NRW nicht beeinträchtigt wird (§ 1 Abs. 4 ÖbVermIng BO NRW; jetzt § 2 Abs. 1 und 2 ÖbVIG NRW). Möglich ist damit neben der Ausführung von Amtshandlungen auch eine Tätigkeit auf privatrechtlichem Gebiet (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 269 [OLG Düsseldorf 16.02.1995 - 5 U 252/93] sowie BeckRS 2006, 11223). Der öffentlich-rechtlich geprägte Charakter der Tätigkeit eines Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs beschränkt sich dabei auf die staatlichen Aufgaben und Kompetenzen, die der Staat als ihrer nach Natur nach zu seinem öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereich gehörend auf diesen delegiert hat (Senat, Beschluss vom 29. November 2012 - III ZR 21/12, NJW 2013, 603 Rn. 6 sowie BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 aaO; KG, KGR Berlin 1998, 360, 361).

13

b) Das Berufungsgericht hat die Erstellung eines amtlichen Lageplans nach § 3 Abs. 3 der Verordnung über bautechnische Prüfungen vom 6. Dezember 1995 (GV. NRW S. 1241 - BauPrüfVO NRW) durch einen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur zu Recht als eine solche hoheitliche Tätigkeit angesehen (in diesem Sinne auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 269 [OLG Düsseldorf 16.02.1995 - 5 U 252/93] f; für das Land Berlin KG, NVwZ-RR 1998, 102).

14

aa) Ob sich das Handeln einer Person als Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes darstellt, bestimmt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Senats danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn der Betreffende tätig wird, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls noch als dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion, das heißt auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient, abzustellen (Senatsurteile vom 4. Juni 1992 - III ZR 93/91, BGHZ 118, 304, 305; vom 22. März 2001 - III ZR 394/99, BGHZ 147, 169, 171; vom 15. September 2011 - III ZR 240/10, BGHZ 191, 71 Rn. 13 und vom 31. März 2016 - III ZR 70/15, NJW 2016, 2656 Rn. 12 mwN.). Es genügt, dass seine Arbeit mit der Verwaltungstätigkeit einer Behörde auf das Engste zusammenhängt und er in diese so maßgeblich eingeschaltet ist, dass seine Aufgabe geradezu einen Bestandteil der von der Behörde ausgeübten und sich in ihrem Handeln niederschlagenden hoheitlichen Tätigkeit bildet (Senatsurteile vom 14. Mai 2009 - III ZR 86/08, BGHZ 181, 65 Rn. 18; vom 15. September 2011 aaO und vom 31. März 2016 aaO Rn. 13). Hierfür besteht ein gewichtiger Anhaltspunkt insbesondere dann, wenn sich die Aufgaben der tätigen Person und diejenigen des Amts überschneiden und sie zu dessen Unterstützung und Entlastung in das behördliche Verfahren einbezogen ist (vgl. Senatsurteil vom 15. September 2011 aaO Rn. 22).

15

bb) Nach diesen Kriterien erfolgte die Anfertigung des Lageplans mit der in Rede stehenden Darstellung der Abstandsflächen durch den Beklagten zu 3 in Ausübung eines öffentlichen Amtes.

16

Zu den nach § 69 BauO NRW mit einem Bauantrag einzureichenden Bauvorlagen gehört nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BauPrüfVO NRW der Lageplan, der gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 BauPrüfVO NRW auch die Tiefe und Breite der Abstandsflächen ausweisen muss. Dieser Lageplan muss nach § 3 Abs. 3 Satz 1 BauPrüfVO NRW ein amtlicher sein, wenn eine der in Nummern 1 bis 4 dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen vorliegt, was hier nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall ist. Der amtliche Lageplan ist gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 BauPrüfVO NRW von einem Katasteramt oder einem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur anzufertigen und mit öffentlichem Glauben zu beurkunden. Er ist zu unterscheiden von einem (einfachen) Lageplan nach § 3 Abs. 1 BauPrüfVO NRW, mit welchem sich der Antragsteller begnügen darf, wenn die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 BauPrüfVO NRW nicht erfüllt sind, und dessen Anfertigung damit auch nicht der hoheitlichen Tätigkeit eines Vermessungsingenieurs zuzurechnen ist (so auch OLG Düsseldorf, BeckRS 2006, 11223).

17

Dass die Erstellung eines amtlichen Lageplans gemäß § 3 Abs. 3 BauPrüfVO NRW durch einen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur in Ausübung seines hoheitlichen Amts als Organ des öffentlichen Vermessungswesens (§ 1 Abs. 2 ÖbVermIng BO NRW) beziehungsweise jetzt als beliehener Unternehmer (§ 1 Abs. 2 Satz 2 ÖbVIG NRW) erfolgt, ergibt sich bereits daraus, dass ein solcher Plan ein "amtlicher" ist, er mit öffentlichem Glauben zu beurkunden ist und er gleichermaßen von einem Katasteramt oder einem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur erstellt werden kann, so dass deren Aufgabenkreise insoweit identisch sind. Der hoheitliche Charakter der Erstellung eines amtlichen Lageplans gemäß § 3 Abs. 3 BauPrüfVO NRW durch einen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur wird außerdem dadurch bestätigt, dass ihm für die Wahrnehmung dieser Aufgabe gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 ÖbVermIngKO NRW in Verbindung mit der Tarifstelle 3.1 der Anlage "Vermessungsgebührentarif" zur Gebührenordnung für die Vermessungs- und Katasterbehörden in Nordrhein-Westfalen vom 21. Januar 2002 (GV. NRW S. 30 - VermGebO NRW) - ebenso wie den Vermessungs- und Katasterbehörden für die gleiche Tätigkeit - eine "Gebühr" zusteht, die er in Form eines Kosten- oder Leistungsbescheids, also eines Verwaltungsaktes nach § 35 VwVfG NRW, festsetzen kann (s.o. Buchst. a). Hinzu tritt schließlich, dass der amtliche Lageplan als zeichnerische Darstellung des Grundstücks und seiner Grenzverhältnisse unter anderem der Fortführung des Liegenschaftskatasters, also einer hoheitlichen Aufgabe, dient (vgl. KG, NVwZ-RR 1998, 102).

18

cc) Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 29. November 2012 (aaO Rn. 7) für das Land Berlin ausgeführt hat, die Lageplanerstellung sei privatrechtlicher Natur, wird klargestellt, dass dies nicht für Lagepläne gilt, die gemäß § 3 Abs. 2 bis 6 der Verordnung über Bauvorlagen, bautechnische Nachweise und das Verfahren im Einzelnen vom 19. Oktober 2006 (GVBl. S. 1035 - BauVerfVO Bln) für die Beurteilung von Bauvorhaben oder die Bearbeitung eines Bauantrags bei der Bauaufsichtsbehörde einzureichen sind (so auch KG aaO). Nach § 3 Abs. 2 Satz 4 BauVerfVO Bln ist ein solcher Lageplan von einer Vermessungsstelle nach § 2 des Gesetzes über das Vermessungswesen in Berlin in der Fassung vom 9. Januar 1996 (GVBl. S. 56 - VermGBln) zu erstellen. Vermessungsstellen sind gemäß § 2 Abs. 4 VermGBln die Vermessungsbehörden (§ 2 Abs. 1 VermGBln) und die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (§ 2 Abs. 2 VermGBln). Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über den Beruf des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs vom 31. März 1987 (GVBl. S. 1333 - ÖbVI BO Bln) ist der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur als Vermessungsstelle im Sinne des § 2 Abs. 4 VermGBln "ein Organ des Vermessungswesens im Lande Berlin". Wie sich aus dieser Begrifflichkeit, vor allem aber aus § 2 Halbsatz 1 ÖbVI BO Bln, ergibt, haben die in § 1 ÖbVI BO Bln normierten Aufgaben öffentlich-rechtlichen Charakter, so dass Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure, soweit sie diese ausführen, hoheitlich handeln.

19

2. Jedoch rechtfertigen die bisherigen tatrichterlichen Feststellungen ungeachtet der grundsätzlichen Anwendbarkeit von § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die in Rede stehende Tätigkeit eines Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs nicht die (endgültige) Klageabweisung gegenüber den Beklagten zu 2 und 3.

20

a) § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt nicht, dass sich der Geschädigte auf Ersatzansprüche verweisen lassen muss, die er nicht oder jedenfalls nicht in absehbarer und angemessener Zeit durchsetzen kann. Auch weitläufige, unsichere oder im Ergebnis zweifelhafte Wege des Vorgehens gegen Dritte braucht er nicht einzuschlagen. Die Ausnutzung anderweitiger Ersatzmöglichkeiten muss dem Geschädigten mithin zumutbar sein (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 5. November 1992 - III ZR 91/91, BGHZ 120, 124, 126 f; vom 6. Oktober 1994 - III ZR 134/93, NJW-RR 1995, 248, 251 und vom 4. November 2010 - III ZR 32/10, NJW 2011, 1072 [BGH 04.11.2010 - III ZR 32/10] Rn. 38). Solange hierzu keine abschließenden Feststellungen möglich sind, kann eine auf § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB gegründete Abweisung der Amtshaftungsklage grundsätzlich nur als "derzeit unbegründet" erfolgen (Senatsurteil vom 1. Dezember 1994 - III ZR 33/94, NVwZ 1995, 620, 622); eine solche Klageabweisung hat lediglich vorläufigen Charakter (Senatsurteile vom 3. Juli 1961 - III ZR 19/60, BGHZ 35, 338, 340 f; vom 12. Juli 1962 - III ZR 87/61, BGHZ 37, 375, 377 ff und vom 1. Dezember 1994 aaO). Sie wird nicht auf die Verneinung der eigentlichen haftungsauslösenden Voraussetzung, der schuldhaften Amtspflichtverletzung, gestützt, sondern auf das Fehlen eines negativen Tatbestandsmerkmals, das materiell-rechtlich das Entstehen des Anspruchs nur verhindern kann, soweit für den Verletzten die Möglichkeit, anderweitig Ersatz zu verlangen, tatsächlich besteht. Dieses Merkmal verliert aber seine Wirkung, sobald und soweit feststeht, dass der Verletzte ohne sein Verschulden außer Stande ist, anderweitig Ersatz zu verlangen (Senatsurteil vom 12. Juli 1962 aaO S. 379 f).

21

Zur Zumutbarkeit der Ausnutzung einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit fehlen bislang Feststellungen des Berufungsgerichts. Es steht nach der Zurückweisung der Beschwerde des Beklagten zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil nur rechtskräftig fest, dass dieser der Klägerin dem Grunde nach auf Ersatz des geltend gemachten Schadens haftet. Dazu, ob und in welcher Höhe dieser Schadensersatzanspruch in zumutbarer Weise realisiert werden kann, fehlen bisher Vortrag der Parteien und tatrichterliche Feststellungen. Diese sind - nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen nachzuholen.

22

b) Sofern nicht im neuen Berufungsverfahren positiv davon auszugehen sein wird, dass die Klägerin über eine zumutbare anderweitige Ersatzmöglichkeit verfügt und die Klage bereits aus diesem Grunde endgültig abzuweisen ist, werden Feststellungen auch zu den übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs zu treffen sein.

23

aa) Steht fest, dass die gegen den Beklagten zu 1 dem Grunde nach bestehende Schadensersatzforderung nicht zumutbar zu realisieren ist, so dass § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zum Tragen kommt, ist der Amtshaftungsanspruch nur begründet, wenn die Voraussetzungen des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt sind. Kann hingegen nicht abschließend beurteilt werden, ob die anderweitige Ersatzmöglichkeit gegeben ist, setzt die dann in Betracht kommende Klageabweisung als "derzeit unbegründet" ebenfalls voraus, dass die Klage nicht an einem anderen Tatbestandsmerkmal scheitert. Denn die Rechtskraft eines die Klage als "derzeit unbegründet" abweisenden Urteils steht einer neuen Amtshaftungsklage nicht entgegen, wenn der Versuch des Geschädigten, auf andere Weise Ersatz zu erlangen, zwischenzeitlich misslungen ist (Senatsurteile vom 3. Juli 1961 aaO S. 340 f und vom 12. Juli 1962 aaO S. 377 f sowie BGH, Urteile vom 9. Juli 1963 - VI ZR 304/62, VersR 1963, 1169, 1170 und vom 22. Februar 1973 - VI ZR 2/72, VersR 1973, 443, 444; Papier/Shirvani aaO Rn. 320). Eine hierauf gestützte neue Klage ist zulässig, wenn sich aus den Entscheidungsgründen des Urteils im Vorprozess ergibt, dass der Anspruch gerade und allein wegen des möglichen anderweitigen Ersatzes - also einzig wegen Fehlens eines negativen Tatbestandsmerkmals - abgewiesen worden ist (vgl. Senatsurteil vom 3. Juli 1961 aaO S. 341) und die Abweisung somit nur vorläufigen Charakter hat. Bleiben hierbei die übrigen Anspruchsvoraussetzungen offen, bilden sie keinen Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und sind in einem Folgeprozess der erneuten rechtlichen Würdigung zugänglich. Hieraus ergibt sich, dass ein Beklagter durch ein Urteil beschwert ist, wenn er die endgültige Klageabweisung erstrebt, der Klageanspruch jedoch nur als derzeit unbegründet abgewiesen wird (Senatsbeschluss vom 25. Juni 2015 - III ZR 333/14, Rn. 2 zu § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB; vgl. auch BGH, Urteil vom 4. Mai 2000 - VII ZR 53/99, BGHZ 144, 242, 244). Er kann daher mit einem Rechtsmittel einen weitergehenden, für ihn günstigeren Prozesserfolg - die endgültige Klageabweisung - anstreben. Wenn seine Rügen bezüglich der sonstigen Haftungsvoraussetzungen erheblich sind, sind die bislang insoweit fehlenden Feststellungen nachzuholen (vgl. BGH, Urteil vom 23. August 2006 - XII ZR 26/04, NJW 2006, 3561 Rn. 18 ff). Hieraus folgt wiederum, dass die entsprechenden Feststellungen vorrangig zu treffen sind, bevor eine Klageabweisung als derzeit unbegründet erfolgt.

24

bb) Das Berufungsgericht hat bislang keine ausreichenden Feststellungen zu einer schuldhaften Amtspflichtverletzung der Beklagten zu 2 und 3 getroffen. Zwar hat es ausgeführt, der Beklagte zu 3 habe neben dem Beklagten zu 1 eine Verantwortung für die richtige Berechnung der Abstandsflächen gehabt. Dem ist aber schon deshalb keine abschließende Würdigung der Voraussetzungen des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB zu entnehmen, weil im Obersatz der Nummer II 1 des Berufungsurteils die Abweisung der Klage darauf gestützt wurde, dass diese "jedenfalls" unbegründet sei, da die Beklagten zu 2 und 3 "gemäß Art. 34 GG, § 839 BGB" nur subsidiär hafteten.

25

cc) Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Gegenrüge des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 und 3 scheitert ein gegen sie gerichteter Amtshaftungsanspruch der Klägerin nicht bereits daran, dass unter Berücksichtigung der sogenannten Kollegialgerichtsrichtlinie vom fehlenden Verschulden der Beklagten auszugehen ist, weil das mit drei Berufsrichtern besetzte Verwaltungsgericht die Abstandsflächenberechnung im Zusammenhang mit seiner Entscheidung über den mit der Nachbarklage verbundenen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung für zutreffend gehalten hat. Nach der "Kollegialgerichtsrichtlinie" trifft einen Beamten zwar in der Regel kein Verschulden, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen (Berufsrichtern) besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (st. Senatsrechtsprechung, siehe nur Senatsurteile vom 6. Februar 1986 - III ZR 109/84, BGHZ 97, 97, 107; vom 21. Dezember 1989 - III ZR 92/89, Rn. 5 und vom 16. Oktober 1997 - III ZR 23/96, NJW 1998, 751, 752). Die Richtlinie erfasst jedoch nicht Entscheidungen, die im summarischen Verfahren ergehen, weil in diesen ein gegenüber der eigenen Prüfpflicht des Beamten reduzierter Prüfungsmaßstab gilt (siehe Senatsurteile vom 20. Februar 1992 - III ZR 188/90, BGHZ 117, 240, 250 und vom 3. Februar 2000 - III ZR 296/98, BGHZ 143, 362, 372). Der von den Beklagten zu 2 und 3 in Bezug genommene verwaltungsgerichtliche Beschluss ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes und damit in einem summarischen Verfahren ergangen, so dass die "Kollegialgerichtsrichtlinie" im Streitfall nicht zur Anwendung kommen kann.

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3. Der Rechtsauffassung der Klägerin, § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB führe auch im Falle einer Qualifizierung der Tätigkeit des Beklagten zu 3 als hoheitlich nicht zur Abweisung der gegen die Beklagten zu 2 und 3 gerichteten Klage, weil das Verweisungsprivileg im Rahmen eines verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses nicht anwendbar sei und zwischen den Parteien eine solche Beziehung bestanden habe, vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen.

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Im Ausgangspunkt trifft es zwar zu, dass der Senat im Bereich der "verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisse" die Anwendbarkeit des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB bei der öffentlich-rechtlichen Verwahrung und Treuhand sowie bei den öffentlich-rechtlichen Benutzungs- und Leistungsverhältnissen verneint hat (siehe dazu Senatsurteil vom 20. November 1980 - III ZR 122/79, BGHZ 79, 26, 27 f mwN). Zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2 und 3 ist allerdings kein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis zustande gekommen. Die sinngemäße Anwendung des vertraglichen Schuldrechts als Ausdruck allgemeiner Rechtsgedanken auch auf öffentlich-rechtliche Verhältnisse setzt nach der gefestigten Senatsrechtsprechung voraus, dass ein besonders enges Verhältnis des Einzelnen zum Staat oder zur Verwaltung begründet worden ist und mangels ausdrücklicher Regelung ein Bedürfnis für eine angemessene Verteilung der Verantwortung innerhalb des öffentlichen Rechts besteht (z.B. Senatsurteile vom 9. Juli 1956 - III ZR 320/54, BGHZ 21, 214, 218 f; vom 23. Februar 2006 - III ZR 164/05, BGHZ 166, 268 Rn. 17; vom 14. Dezember 2006 - III ZR 303/05, NJW 2007, 1061 Rn. 9; vom 11. Januar 2007 - III ZR 294/05, NJW-RR 2007, 457 Rn. 9 und vom 13. Oktober 2011 - III ZR 126/10, BGHZ 191, 173 Rn. 20; s. auch Ossenbühl/Cornils aaO S. 431 ff). Beide Kriterien sind hier nicht erfüllt. Weder wird durch das Ansuchen an einen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur, einen amtlichen Lageplan zu erstellen, eine besondere Nähebeziehung zum Auftraggeber begründet, noch ergibt sich angesichts der bestehenden detaillierten gesetzlichen Regelungen (vgl. insbesondere §§ 9, 10 und 13 ÖbVermIng BO NRW, zum aktuellen Recht §§ 9 und 10 ÖbVIG NRW) ein Bedürfnis nach einer angemessenen Verteilung der Verantwortung.

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4. a) Schließlich wird das Berufungsgericht gegebenenfalls Feststellungen zur Passivlegitimation des Beklagten zu 2 nachzuholen haben. Den in Rede stehenden amtlichen Lageplan hat nicht er, sondern der Beklagte zu 3 unterschrieben und mit seinem persönlichen Dienstsiegel versehen. Hierfür haftet der Beklagte zu 2 nicht mit. Vielmehr kann ihn eine haftungsrechtlich bedeutsame (Mit-)Verantwortung nur insoweit treffen, als er in seiner Eigenschaft als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur selbständig Aufgaben wahrgenommen hat. Eine Mithaftung für etwaige Fehler des Beklagten zu 3 nach den Grundsätzen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wie sie die Klägerin annimmt und das Berufungsgericht anscheinend erwogen hat, kommt nicht in Betracht, obgleich die Beklagten zu 2 und 3 im maßgeblichen Zeitraum eine Arbeitsgemeinschaft gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 ÖbVermIng BO NRW (vgl. jetzt § 13 ÖbVIG NRW) bildeten.

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Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure dürfen sich nach dem zweiten Halbsatz dieser Bestimmung zu einer Arbeitsgemeinschaft nur zusammenschließen, wenn rechtlich und wirtschaftlich die eigenverantwortliche Berufsausübung des Einzelnen gewahrt bleibt. Damit ist eine Haftung analog § 128 HGB (siehe zur entsprechenden Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts z.B. BGH, Urteile vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 358 und vom 8. Februar 2011 - II ZR 263/09, BGHZ 188, 233 Rn. 23) unvereinbar.

30

§ 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ÖbVermIng BO NRW ist Folge der in § 9 Abs. 1 Satz 1 ÖbVermIng BO NRW (siehe jetzt § 3 Abs. 1 Satz 1 ÖbVIG NRW) kodifizierten Pflicht des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs, seinen Beruf selbständig und eigenverantwortlich auszuüben. Charakteristisch für das den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren obliegende hoheitliche Amt ist die Unvereinbarkeit mit der Abhängigkeit von Dritten. Insoweit ist das Amt des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs vergleichbar mit dem des Notars (Keddo aaO S. 230 ff), welches ebenfalls nur einer individuellen Person als öffentlichem Amtsträger übertragen wird. Auch Berufsverbindungen zwischen Notaren nach § 9 Abs. 3 BNotO sind - wie in § 6 Abs. 3 Satz 1 ÖbVermIng BO NRW beziehungsweise § 13 ÖbVIG NRW für Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure bestimmt - nur zulässig, soweit die persönliche und eigenverantwortliche Amtsführung, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars nicht beeinträchtigt werden.

31

Dementsprechend richtet sich das Ansuchen um eine Amtstätigkeit stets an den einzelnen Amtsträger persönlich (zum Notaramt Baumann in Eylmann/ Vaasen, BNotO/BeurkG, 4. Aufl., § 9 BNotO Rn. 9; Görk in Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl., § 9 Rn. 2; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 19 Rn. 15; Diehn/Sandkühler, BNotO, § 19 Rn. 9). Damit korrespondiert, dass die Haftungsverantwortung allein bei diesem Amtsträger verbleibt (vgl. Keddo aaO S. 187, 230 f). Dies ist im Bereich der Notarhaftung unbestritten (BayObLGZ 1980, 317, 320 f; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler aaO; Schramm in Schippel/Bracker aaO § 19 Rn. 164; zur Ausnahme bei Überlassung eines Geschäfts an einen Notarassessor zur selbständigen Erledigung siehe § 19 Abs. 2 Satz 2 BNotO). Für Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gilt nichts anderes, da ihr Amt in Bezug auf die persönliche und unabhängige Amtsführung mit dem des Notars strukturell vergleichbar ist.

32

b) Für eine mögliche Haftung auch des Beklagten zu 2 nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt es damit entscheidend darauf an, ob er im Zusammenhang mit der dem Vortrag der Klägerin zufolge unzutreffenden Abstandsflächenberechnung abgrenzbare Tätigkeiten eigenverantwortlich vorgenommen hat.

33

Die Klägerin hat, wenn auch nicht unter Angabe von Einzelheiten, behauptet, auch der Beklagte zu 2 habe im Rahmen des in Rede stehenden Bauvorhabens Arbeiten ausgeführt. Im neuen Verfahren besteht Gelegenheit für die Parteien, hierzu unter Berücksichtigung der vorstehenden Maßstäbe näher vorzutragen.

34

5. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Herrmann

Tombrink

Remmert

Reiter

Pohl

Von Rechts wegen

Verkündet am: 7. September 2017

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