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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 06.07.2016, Az.: XII ZB 477/15
Notwendigkeit der erneuten persönlichen Anhörung des Betreuten im Beschwerdeverfahren
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 06.07.2016
Referenz: JurionRS 2016, 21100
Aktenzeichen: XII ZB 477/15
 

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Northeim - 05.08.2015 - AZ: 5 XVII N 271

LG Göttingen - 28.09.2015 - AZ: 5 T 182/15

LG Göttingen - 28.09.2015 - AZ: 5 T 207/15

BGH, 06.07.2016 - XII ZB 477/15

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Juli 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Nedden-Boeger und Guhling und die Richterin Dr. Krüger

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen und des weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 28. September 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Betroffenen und dem Beteiligten zu 1 wird unter Abänderung des Senatsbeschlusses vom 11. November 2015 für das Rechtsbeschwerdeverfahren mit Wirkung ab Antragstellung ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt W. beigeordnet.

Wert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Für die Betroffene, die an einer senilen Demenz leidet, besteht seit März 2015 eine rechtliche Betreuung. Der Beteiligte zu 2 ist zum Berufsbetreuer bestellt.

2

Die Betreuung wurde auf Anregung des Beteiligten zu 1, des Sohnes der Betroffenen, der auch ihr Vorsorgebevollmächtigter ist, eingerichtet und umfasste zunächst die Vermögenssorge, die Geltendmachung von öffentlichen und privaten Leistungen sowie Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten.

3

Durch Beschluss vom 5. August 2015 wurde die Betreuung auf die Vermögenssorge eingeschränkt, eine Aufhebung der Betreuung aber abgelehnt. Die dagegen von der Betroffenen und ihrem Sohn eingelegten Beschwerden hat das Landgericht nach Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren Rechtsbeschwerde.

II.

4

Die nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

5

1. Die Rechtsbeschwerde rügt mit Recht, dass das Landgericht nicht von einer persönlichen Anhörung der Betroffenen absehen durfte.

6

Gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG bestimmt sich das Beschwerdeverfahren nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Dies umfasst gemäß § 278 Abs. 1 FamFG die persönliche Anhörung des Betroffenen. Zwar kann das Beschwerdegericht gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von einer erneuten Anhörung absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

7

Das ist hier aber nicht der Fall. Die vom Amtsgericht durchgeführte Anhörung konnte sich noch nicht auf die Ergebnisse des im Beschwerdeverfahren eingeholten ergänzenden Sachverständigengutachtens zum freien Willen der Betroffenen nach § 1896 Abs. 1a BGB beziehen. Mithin war das Landgericht gehalten, die Betroffene persönlich anzuhören (vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. Dezember 2015 - XII ZB 227/12 - FamRZ 2016, 300 Rn. 9 und vom 2. September 2015 - XII ZB 138/15 - FamRZ 2015, 1959 Rn. 13).

8

2. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben. Das Landgericht wird die persönliche Anhörung der Betroffenen nachzuholen haben. Die weiteren von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rügen sind indessen nicht begründet. Von einer weitergehenden Begründung wird nach § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.

Dose

Klinkhammer

Nedden-Boeger

Guhling

Krüger

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