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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 12.01.2016, Az.: 1 StR 577/15
Vorausgegangene Provokation als Voraussetzung für das Vorliegen eines minder schweren Falls des Totschlags
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 12.01.2016
Referenz: JurionRS 2016, 10731
Aktenzeichen: 1 StR 577/15
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:120116B1STR577.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Aschaffenburg - 31.07.2015

Rechtsgrundlage:

§ 213 Alt. 1 StGB

Verfahrensgegenstand:

Gefährliche Körperverletzung

BGH, 12.01.2016 - 1 StR 577/15

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    § 213 StGB setzt voraus, dass der Täter durch die Misshandlung auf der Stelle zur Tat hingerissen wird.

  2. 2.

    Daran fehlt es, wenn der Angeklagte bereits vor dem die körperliche Auseinandersetzung einleitenden Schlag zur Tat entschlossen war.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2016 beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 31. Juli 2015 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

 

Ergänzend bemerkt der Senat:

Im Rahmen der Strafzumessung hat die Strafkammer das Vorliegen eines minder schweren Falls der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 StGB geprüft. Sie hat einen minder schweren Fall nach einer Gesamtabwägung aller wesentlichen entlastenden und belastenden Faktoren insbesondere im Hinblick auf die schweren Verletzungen des Geschädigten durch das Tatgeschehen und die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten verneint.

Soweit die Strafkammer nicht auch in diesem Rahmen das Vorliegen eines minder schweren Falls gemäß § 213 StGB im Hinblick auf eine vorausgegangene Provokation gemäß § 213 Alt. 1 StGB geprüft hat, erweist sich dies nicht als rechtsfehlerhaft.

Die Strafkammer konnte nicht feststellen, mit welcher Intensität der spätere Geschädigte dem im Fahrzeug sitzenden Angeklagten durch das geöffnete Seitenfenster einen Schlag gegen den Körper versetzt hat. Damit steht bereits nicht fest, dass der Schlag die für eine "Misshandlung" im Sinne des § 213 StGB erforderliche Erheblichkeit erreicht hat (dazu näher Senat, Urteil vom 26. Februar 2015 - 1 StR 574/14, NStZ 2015, 582 f.).

Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte nach dem Schlag aus dem Fahrzeug ausgestiegen; der spätere Geschädigte verhielt sich nun "in einer Weise, die der Angeklagte als Aufforderung zu einem Kampf verstand. Spätestens jetzt fasste der Angeklagte den Entschluss, gewaltsam auf den Geschädigten einzuwirken".

Soweit die Strafkammer zugunsten des Angeklagten angenommen hat, dass es der Geschädigte war, der im Rahmen der sich entwickelnden körperlichen Auseinandersetzung den ersten Schlag führte, war auch hier die Prüfung eines minder schweren Falls gemäß § 213 StGB im Hinblick auf eine vorausgegangene Provokation gemäß § 213 Alt. 1 StGB nicht veranlasst. § 213 StGB setzt voraus, dass der Täter durch die Misshandlung auf der Stelle zur Tat hingerissen wird. Daran fehlt es, weil der Angeklagte bereits vor dem die körperliche Auseinandersetzung einleitenden Schlag zur Tat entschlossen war.

Raum

Graf

Jäger

Radtke

Fischer

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