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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 06.08.2014, Az.: 1 StR 333/14
Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes der vorschriftswidrigen Besetzung des Spruchkörpers
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 06.08.2014
Referenz: JurionRS 2014, 20926
Aktenzeichen: 1 StR 333/14
ECLI: [keine Angabe]

Fundstelle:

NStZ-RR 2017, 193

Verfahrensgegenstand:

wegen versuchten Totschlags u.a.

BGH, 06.08.2014 - 1 StR 333/14

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. August 2014 beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 27. Februar 2014 wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in drei tateinheitlichen Fällen zu der Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt.

2

Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten, die er auf eine Verfahrensbeanstandung und die ausgeführte Sachrüge stützt, ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

3

Der Erörterung bedarf nur die Beanstandung, der Berichterstatter habe während der Vernehmung der Zeugin H. , der Ehefrau des Vorsitzenden der Strafkammer, die Verhandlungsführung übernommen.

4

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 3. Juli 2014 hierzu Folgendes ausgeführt:

„1. Ein Verstoß gegen § 338 Nr. 1 StPO ist nicht gegeben. Der absoluteRevisionsgrund der vorschriftswidrigen Besetzung des erkennendenGerichts betrifft die nach dem Geschäftsverteilungsplan vorgeseheneBesetzung des Spruchkörpers. Dass hiergegen verstoßen wordenwäre oder der Geschäftsverteilungsplan Mängel aufweist, wird vonder Revision nicht vorgetragen. Die zeitweise Übertragung der Verhandlungsführung auf ein anderes Mitglied des Spruchkörpers ändertnichts an der Tatsache, dass die Strafkammer durchgängig mitdem Vorsitzenden Richter K. und den beisitzenden RichternP. und Ku. besetzt war und diese auch durchgängig verhandlungs- und erkenntnisfähig waren. Das Recht auf den gesetzlichen Richter erstreckt sich nur auf eine bestimmte Zusammensetzung der Richterbank, nicht darauf, wer im Einzelfall oder vorübergehend welche Funktion ausübt. Für den Berichterstatter ist dies seitBGHSt 21, 250, 254 f. (Urteil vom 15. Juni 1967 - 1 StR 516/66, vgl.auch KK-Diemer, StPO, 7. Aufl., § 21g GVG Rn. 1) anerkannt, für dieRolle des Vorsitzenden folgt dies schon aus § 21f GVG.

2. Soweit dem Vorbringen zugleich zu entnehmen ist, dass der Vorsitzende weiter an der Verhandlung mitgewirkt habe, obwohl er sich offenbar selbst als befangen angesehen habe, scheitert der absoluteRevisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO daran, dass keine gerichtlicheEntscheidung über die (Selbst-)Ablehnung erfolgt ist. Die Rüge kannnicht damit begründet werden, dass einer der mitwirkenden Richter

seine Selbstablehnung nach § 30 StPO hätte erklären müssen (KKGericke, StPO, 7. Aufl., § 338 Rn. 59).

Nachdem dem Verteidiger des Angeklagten bereits vor der Hauptverhandlung mitgeteilt worden war, dass es sich bei der ZeuginH. um die Ehefrau des Vorsitzenden Richters K. handelt, hätte ein diesbezügliches Ablehnungsgesuch gem. § 25 Abs. 1StPO bis zum Beginn der Vernehmung des Angeklagten zu seinenpersönlichen Verhältnissen erfolgen müssen.

3. Die von dem erkennenden Gericht gewählte Verfahrensweise bei derVernehmung der Zeugin H. begründet vorliegend auch keinenrelativen Revisionsgrund gem. § 337 Abs. 1 StPO. Zwar ist darin einVerstoß gegen § 238 Abs. 1 StPO zu sehen; der Angeklagte hat jedoch von der Möglichkeit des Zwischenrechtsbehelfs nach § 238Abs. 2 StPO keinen Gebrauch gemacht, weshalb er mit einer entsprechenden Rüge präkludiert ist.“

5

Ob vor diesem Hintergrund der Beschwerdeführer von dem Zwischenrechtsbehelf des § 238 Abs. 2 StPO hätte Gebrauch machen müssen, wie der Generalbundesanwalt ausgeführt hat, kann vorliegend dahinstehen; denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf der beanstandeten Übertragungder Verhandlungsleitung, weil die Aussage der Zeugin H. keinen Eingang in das Urteil des Landgerichts gefunden hat.

Raum Graf Jäger

Mosbacher Fischer

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