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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 31.08.2012, Az.: AnwZ (Brfg) 25 /12
Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfall; Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vermögensverfalls
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 31.08.2012
Referenz: JurionRS 2012, 24637
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 25 /12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AGH Niedersachsen - 20.02.2012 - AZ: AGH 13/10

Verfahrensgegenstand:

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

BGH, 31.08.2012 - AnwZ (Brfg) 25 /12

Redaktioneller Leitsatz:

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der mit Wirkung ab 1. September 2009 erfolgten Änderung des Verfahrensrechts allein auf den Abschluss des Verwaltungsverfahrens abzustellen. Die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, NJW 2011, 3234 Rn. 9 ff. [BGH 29.06.2011 - AnwZ (Brfg) 11/10]).

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, die Richterin Roggenbuck, den Richter Seiters sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. Quaas und Dr. Braeuer am 31. August 2012 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofes vom 20. Februar 2012 wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Geschäftswert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 17. Juni 2010 die Zulassung des Klägers wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) widerrufen. Dessen hierauf erhobene Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Dagegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

2

Mit Bescheid vom 3. November 2011 hat die Beklagte die sofortige Vollziehung des Widerrufs angeordnet. Auf Antrag des Klägers hat der Anwaltsgerichtshof durch Beschluss vom 19. Dezember 2011 die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Zulassungswiderruf unter verschiedenen Auflagen wieder hergestellt. Die Beklagte beantragt gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO, diesen Beschluss wegen Veränderung der Sach- und Rechtslage aufzuheben und die aufschiebende Wirkung entfallen zu lassen.

II.

3

Der nach § 112e Satz 2, § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

4

1.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Beschluss vom 23. Januar 2012 - AnwZ (Brfg) 11/11 Rn. 5 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Der Anwaltsgerichtshof hat zutreffend ausgeführt, dass zum Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs eine gesetzliche Vermutung für den Vermögensverfall des Klägers bestand, weil er mit vier Haftbefehlen vom 25. Mai 2010 in das Schuldnerverzeichnis beim Vollstreckungsgericht eingetragen war (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO, § 915 ZPO). Daneben waren zahlreiche Schuldtitel gegen den Kläger ergangen, aus denen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn durchgeführt worden waren. Die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zum Zeitpunkt des Widerrufsbescheids hat der Kläger nicht widerlegt.

5

Auf die Frage, ob der Vermögensverfall nachträglich entfallen ist, kommt es entgegen der Ansicht des Anwaltsgerichtshofes aus Rechtsgründen nicht an. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der mit Wirkung ab 1. September 2009 erfolgten Änderung des Verfahrensrechts allein auf den Abschluss des Verwaltungsverfahrens abzustellen. Die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, NJW 2011, 3234 Rn. 9 ff. [BGH 29.06.2011 - AnwZ (Brfg) 11/10]).

6

Der Anwaltsgerichtshof hat auch eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden bejaht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieses Ergebnisses bestehen nicht. Wie schon dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 1 BRAO zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden aus, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet. Diese Annahme ist regelmäßig schon im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern gerechtfertigt (BGH, Beschluss vom 25. Juni 2007 - AnwZ (B) 101/05, ZVI 2007, 618 Rn. 8 [BGH 25.06.2007 - AnwZ(B) 101/05] m.w.N.). Sie gilt auch im vorliegenden Fall, in welchem angesichts zweier anhängiger Strafverfahren wegen Untreue zum Nachteil von Mandanten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich die aus dem Vermögensverfall folgende Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden schon mehrfach verwirklicht hat. Die Sozietät des Klägers mit Rechtsanwalt W. H. birgt keine höhere Sicherheit als die Anstellung bei einem Einzelanwalt, welche die Gefährdung nach ständiger Senatsrechtsprechung nicht ausschließt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2005 - AnwZ (B) 13/05, AnwBl. 2006, 280; Beschluss vom 18. Oktober 2010 - AnwZ (B) 21/10 Rn. 12).

7

2.

Der weiter vom Kläger angeführte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.

8

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Eine solche kommt einer Rechtssache zu, wenn diese eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluss vom 23. Januar 2012 - AnwZ (Brfg) 11/11 Rn. 4 m.w.N.). Eine solche grundsätzlich klärungsbedürftige Frage zeigt der Zulassungsantrag nicht auf. Aus den vom Kläger vorgelegten Kanzleiverträgen aus den Jahren 1997 und 2000 und seinem Vortrag vor dem Anwaltsgerichtshof ergibt sich im Übrigen die in dem Zulassungsantrag behauptete Einstandsverpflichtung des Prozessbevollmächtigten für die privaten Verbindlichkeiten seines Sohnes nicht.

9

3.

Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht vor. Auf von Entscheidungen des Senats abweichenden Rechtsauffassungen des Anwaltsgerichtshofes beruht das Urteil nicht.

III.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

IV.

11

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist der Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft unanfechtbar geworden. Damit endet gemäß § 112c Abs. 3 BRAO die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage. Der Antrag der Beklagten auf Abänderung des Beschlusses des niedersächsischen Anwaltsgerichtshofes vom 19. Dezember 2011 ist damit gegenstandslos geworden.

Tolksdorf

Roggenbuck

Seiters

Quaas

Braeuer

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