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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 08.11.2011, Az.: 5 StR 404/11; alt: 5 StR 229/10
Erforderlichkeit der hinreichenden Darlegung der Schuldunfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Anlasstat durch das Gericht
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 08.11.2011
Referenz: JurionRS 2011, 28984
Aktenzeichen: 5 StR 404/11; alt: 5 StR 229/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Berlin - 27.01.2011

Rechtsgrundlage:

§ 349 Abs. 4 StPO

Verfahrensgegenstand:

Gefährliche Körperverletzung u.a.

BGH, 08.11.2011 - 5 StR 404/11; alt: 5 StR 229/10

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. November 2011 beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 27. Januar 2011 nach § 349 Abs. 4 StPO insoweit aufgehoben, als eine Aussetzung der Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung abgelehnt worden ist.

Im Übrigen wird die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

G r ü n d e

1

Durch Urteil vom 3. Dezember 2009 hatte das Landgericht den Angeklagten vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung und des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Auf die Revision des Angeklagten hatte der Senat mit Beschluss vom 14. September 2010 das Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Der Aufhebung lag zugrunde, dass in dem angefochtenen Urteil weder die Schuldunfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Anlasstat hinreichend dargelegt noch die Gefährlichkeitsprognose ausreichend begründet war. Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil hat das Landgericht erneut den Angeklagten freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge im Umfang der Beschlussformel Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Das angefochtene Urteil belegt nunmehr die Voraussetzungen des § 63 StGB hinreichend. Dies gilt angesichts der Schwere der begangenen und drohenden Taten im Ergebnis auch für die Feststellung der Gefährlichkeit des Angeklagten.

3

2. Indes hält die Begründung, mit der die Strafkammer eine - vom Sachverständigen befürwortete - Aussetzung der Maßregel zur Bewährung abgelehnt hat, der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.

4

Der Sachverständige hat seine positive Prognose darauf gestützt, dass der - im Übrigen nicht krankheitseinsichtige - Angeklagte ihm zugesagt habe, im Fall seiner Entlassung sich einmal wöchentlich bei einer Institutsambulanz vorzustellen und seine Medikamente regelmäßig einzunehmen. Die Strafkammer hält diese Zusage für nicht verlässlich und meint, der intelligente Angeklagte habe sich nur im Hinblick auf die anstehende Hauptverhandlung aus taktischen Gründen entschlossen, seine Medikamente in der Ausgabestelle des Krankenhauses des Maßregelvollzugs selbst abzuholen. Da er sich infolge des trotz Medikation unverändert fortbestehenden Wahnsystems noch nicht einmal getraut habe, das Krankenhausgebäude zum Besuch des Gartens zu verlassen, könne nicht davon ausgegangen werden, dass er sich einmal wöchentlich in den öffentlichen Straßenverkehr begeben würde, um die Institutsambulanz aufzusuchen und sich seine Medikamente verabreichen zu lassen.

5

Die Strafkammer hat hier nicht in Betracht gezogen, die Zusage des Angeklagten, die Ambulanz aufzusuchen und seine Medikamente einzunehmen, durch Weisungen gemäß § 68b Abs. 1 Nr. 11, Abs. 2 StGB abzusichern. Gerade angesichts seines von der Kammer unterstellten taktischen Verhaltens wäre zu erörtern gewesen, ob der Angeklagte unter dem Druck der Möglichkeiten eines Bewährungswiderrufs (§ 67g StGB) oder einer befristeten Wiederinvollzugsetzung der Maßregel (§ 67h StGB) zu einer zuverlässigen Zusammenarbeit mit der Institutsambulanz bewegt werden kann.

6

Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht; sie dürfen durch solche, die ihnen nicht widersprechen, ergänzt werden.

Basdorf

Brause

Schaal

Schneider

Bellay

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