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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 15.09.2011, Az.: V ZB 78/11
Eignung eines Kostenvoranschlags für die Verlegung einer 91 cm langen Leitung zur Glaubhaftmachung eines 600 ? übersteigenden Wertes des Beschwerdegegenstandes
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 15.09.2011
Referenz: JurionRS 2011, 25813
Aktenzeichen: V ZB 78/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Greifswald - 03.12.2009 - AZ: 43 C 101/08 WEG

LG Stralsund - 18.06.2010 - AZ: 1 S 13/10

BGH - 18.08.2010 - AZ: V ZB 199/10

LG Stralsund - 18.03.2011 - AZ: 2 S 1/11 (1 S 13/10)

Rechtsgrundlage:

§ 511 Abs. 3 ZPO

BGH, 15.09.2011 - V ZB 78/11

Redaktioneller Leitsatz:

Hat das Berufungsgericht eine Berufung wegen Nichterreichens der Berufungssumme als unzulässig verworfen, kann die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde nicht darauf gestützt werden, dass die obergerichtliche Überprüfung der berufungsgerichtlichen Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung erforderlich ist. Eine Entscheidung der Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO unterliegt nicht der Anfechtung mit der Rechtsbeschwerde.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund vom 18. März 2011 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt bis 600 €.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht hat die in dem Rubrum des angefochtenen Beschlusses als "Beklagte und Berufungsklägerin zu 1" bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft, die von den als "Beklagte und Berufungskläger zu 2-6" bezeichneten Eigentümern vertreten wird, verurteilt, die auf dem Grundstück der Klägerin befindliche PE 40 Kaltwasserleitung ... auf einer Länge von 91 cm um 14 cm auf das Grundstück der Beklagten zurückzuverziehen und dort in einer Tiefe von 1 m zu verlegen. Die Berufung der Eigentümergemeinschaft hat das Landgericht als unzulässig verworfen, weil die Berufungssumme von 600 € nicht erreicht sei. Auf die Rechtsbeschwerde der Gemeinschaft hat der Senat diesen Verwerfungsbeschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an eine andere Zivilkammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Diese hat das Rechtsmittel ebenfalls als unzulässig verworfen, weil die Beschwer nicht die erforderliche Erwachsenheitssumme übersteige und ein Grund für die Zulassung der Berufung nicht gegeben sei.

2

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten. Sie will die Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts und die Abweisung der Klage, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

3

Die nach § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.

4

1. Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung des Senats, weil das Berufungsgericht bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) das Verfahrensgrundrecht der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und das auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt habe.

5

a) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat sich das Berufungsgericht mit dem von ihr vorgelegten Kostenvoranschlag der A. GmbH auseinandergesetzt. Dabei ist es den Feststellungen des in der ersten Instanz bestellten Sachverständigen gefolgt, der zu diesem Voranschlag Stellung genommen hat. Dass es - wie die Beklagte meint - nicht beachtet hat, dass der Sachverständige auch Eigenleistungen der Beklagten angesetzt und bewertet hat, ist in der Rechtsbeschwerdebegründung nicht hinreichend dargelegt. Denn damit sich ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen lässt, müssen besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (siehe nur BVerfG, NStZ 2007, 272, 273 [BVerfG 19.09.2006 - 2 BvR 1103/04]). Solche Umstände zeigt die Beklagte nicht auf. Sie liegen auch nicht vor. Da das Berufungsgericht angenommen hat, der Sachverständige habe den Kostenaufwand für die Zurückverlegung der Leitung "unter Einbeziehung des Kostenvoranschlags der Fa. A. in richtiger Weise mit rund 400 €" (Bruttobetrag) beziffert, ist davon auszugehen, dass es sämtliche Positionen des Sachverständigengutachtens berücksichtigt hat.

6

b) Das Berufungsgericht hat auch den von der Beklagten ebenfalls vorgelegten Kostenvoranschlag der H. GmbH zur Kenntnis genommen. Einer Auseinandersetzung damit bedurfte es -entgegen der Ansicht der Beklagten -jedoch nicht. Denn der Voranschlag ist zur Glaubhaftmachung eines 600 € übersteigenden Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 511 Abs. 3 ZPO) nicht geeignet. Es ist nicht dargelegt, weshalb bei einer Verlegung der Leitung auf einer Länge von 91 cm die in den Positionen 1-4 genannten Leistungen auf einer Länge von jeweils 6 m erforderlich sein sollen.

7

2. Soweit die Beklagte geltend macht, eine Entscheidung des Senats sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache, zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, hat die Rechtsbeschwerde schon im Ansatz keinen Erfolg. Denn dabei geht es nicht um die Frage des Erreichens der für die Berufungseinlegung notwendigen Beschwer, sondern um die von dem Berufungsgericht - zu Recht - ebenfalls getroffene Entscheidung über die Frage der Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO. Diese Entscheidung unterliegt nicht der Anfechtung mit der Rechtsbeschwerde.

III.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Krüger
Lemke
Schmidt-Räntsch
Brückner
Weinland

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