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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 15.09.2010, Az.: IV ZR 66/10
Vorliegen eines Anspruchs auf Leistungen aus einer Transportversicherung und Schadensversicherung wegen eines Raubüberfalls auf einen Geldtransporter; Unzulässigkeit der Fortführung eines Rechtsstreits nach Abschluss eines schriftlichen außergerichtlichen Vergleichs mit Abwicklung der Zahlungen
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 15.09.2010
Referenz: JurionRS 2010, 24780
Aktenzeichen: IV ZR 66/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Freiburg - 12.08.2005 - AZ: 12 O 58/03 KfH

OLG Karlsruhe - 17.08.2006 - AZ: 19 U 119/05

Rechtsgrundlagen:

§ 119 BGB

§ 123 BGB

BGH, 15.09.2010 - IV ZR 66/10

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
durch
den Vorsitzenden Richter Terno,
den Richter Wendt,
die Richterin Dr. Kessal-Wulf,
die Richter Felsch und Lehmann
am 15. September 2010
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. August 2006 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Streitwert: bis 650.000 EUR

Gründe

1

I.

Die Klägerin begehrt wegen eines Raubüberfalls auf einen von ihr am 11. Januar 2002 durchgeführten Geld- und Werttransport von der Beklagten Leistungen aus einer Transport- und Schadenversicherung - teils durch Zahlung an sie, teils durch Zahlung in unterschiedlicher Höhe an ihre Kunden - aufgrund eines für die Beklagte und weitere Versicherungsunternehmen geschlossenen Versicherungsvertrages. Ferner begehrt sie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Leistung weiteren Schadensersatzes. Die Beklagte macht im Wege der Hilfsaufrechnung sowie Hilfswiderklage und wegen überschießender Beträge im Wege der unbedingten Widerklage rückständige Prämienansprüche und eine Regressforderung aus einem anderen Schadenfall geltend.

2

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Klägerin unter Abweisung der weitergehenden Widerklage verurteilt, an die Beklagte 139.582,63 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 54.629,74 EUR an die im Einzelnen aufgeführten Kunden der Klägerin (davon 45.762,20 EUR an die Fa. R. ) verurteilt und die Verurteilung der Klägerin auf die Widerklage auf 117.471,64 EUR nebst Zinsen reduziert. Die Anschlussberufung der Beklagten hat es insgesamt zurückgewiesen.

3

Mit der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt die Klägerin die Zulassung der Revision, um ihre Klageanträge sowie den Abweisungsantrag bezüglich der Widerklage in vollem Umfang weiterzuverfolgen.

4

Während des laufenden Beschwerdeverfahrens haben die Parteien, die Fa. R sowie die Fa. C. S. , diese für die übrigen beteiligten Versicherer, am 15. Januar 2009 "zur Beilegung des beim Bundesgerichtshof ... anhängigen Verfahrens" einen schriftlichen außergerichtlichen Vergleich geschlossen. Darin haben sich die Beklagte und die Fa. C. S. u.a. verpflichtet, zur Abgeltung der wechselseitigen Ansprüche bis zum 9. Februar 2009 25.000 EUR an die Klägerin und 275.000 EUR an die Fa. R. zu zahlen sowie die Klägerin von etwaigen Ansprüchen der im Tenor des angefochtenen Urteils aufgeführten Gläubiger freizustellen. Ferner haben sie auf die titulierte Widerklageforderung verzichtet. Die Klägerin hat sich in Ziffer 5 des Vergleichs verpflichtet, nach Eingang der Zahlung von 25.000 EUR umgehend die Klage zurückzunehmen. Die Beklagte hat erklärt, sie werde der Klagerücknahme zustimmen.

5

Die im Vergleich vorgesehenen Zahlungen sind erfolgt. Eine Klagerücknahme ist nicht erklärt worden. Die Klägerin hat mit Anwaltsschreiben vom 13. Januar 2010 gegenüber der Beklagten die Anfechtung des Vergleichs "wegen Täuschung, Drohung und hilfsweise wegen Irrtums" erklärt.

6

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zu verwerfen, weil der Fortführung des Rechtsstreits der Abschluss des Vergleichs nach Abwicklung der darin festgelegten Zahlungen entgegensteht.

7

1.

Hat sich eine Partei wirksam zur Klagerücknahme verpflichtet, kommt sie aber dieser Verpflichtung nicht nach, so kann ihr dies vom Prozessgegner mit der Folge entgegengehalten werden, dass die Fortsetzung des Prozesses unzulässig wird (RGZ 102, 217, 222 f.; BGHZ 20, 198, 205; Senatsurteil vom 14. Mai 1986 - IVa ZR 146/85 - NJW-RR 1987, 307 unter 1).

8

2.

Gründe für eine materielle Unwirksamkeit des abgeschlossenen Vergleichs aufgrund der erfolgten Anfechtung sind nicht ersichtlich.

9

Es ist bereits fraglich, ob der mehrseitige Vergleich, der auch Rechtsbeziehungen der Klägerin zur Fa. R. und zu den übrigen Mitversicherern regelt, durch eine Erklärung allein gegenüber der Beklagten wirksam angefochten werden kann. Dies kann aber dahinstehen, weil ein Anfechtungsgrund nicht ansatzweise schlüssig vorgetragen ist.

10

Dem Anfechtungsschreiben lassen sich weder die Tatbestandsvoraussetzungen des § 123 BGB noch die des § 119 BGB entnehmen. In ihm ist weder erläutert, welche gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen der Fa. R. und der Beklagten besteht, noch warum der Vergleich von der Klägerin bei Kenntnis dieser Verflechtung nicht geschlossen worden wäre noch dass dies für die Beklagte erkennbar war und deshalb von ihr arglistig verschwiegen worden ist. Gleiches gilt für die unsubstantiierte Behauptung, Rechtsanwalt P. -H. als Vertreter der Fa. R. habe "im Lager" der Beklagten gestanden. Hinsichtlich der Androhung von Vollstreckungsmaßnahmen ist bereits eine Rechtswidrigkeit nicht dargelegt. Schließlich ist nicht erklärt, welche Ratenrückzahlungen von der Beklagten zugesichert gewesen sein sollen und welchen Einfluss ihr Unterbleiben auf den Abschluss des Vergleichs gehabt haben soll.

11

Weiterer Vortrag der Klägerin zu diesen Punkten ist gleichfalls nicht erfolgt.

Terno
Wendt
Dr. Kessal-Wulf
Felsch
Lehmann

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