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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 24.06.2010, Az.: IX ZA 29/09
Vereinbarkeit des Fehlens eines Beschlusses der Übertragung zur Entscheidung durch einen Einzelrichter durch ein Berufungsgericht mit dem Grundrecht auf den gesetzlichen Richter
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 24.06.2010
Referenz: JurionRS 2010, 19549
Aktenzeichen: IX ZA 29/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Saarbrücken - 18.01.2008 - AZ: 16 O 534/05

OLG Saarbrücken - 10.06.2009 - AZ: 8 U 102/08-29

BGH - 05.11.2009 - AZ: IX ZA 29/09

BGH, 24.06.2010 - IX ZA 29/09

Redaktioneller Leitsatz:

Eine in erster Instanz siegreiche Partei darf grundsätzlich darauf vertrauen, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Sachvortrages erforderlich sein kann.
Sonst gebotene Hinweise können allerdings entbehrlich sein, wenn die betroffene Partei von der Gegenseite die nötige Unterrichtung erhalten hat.

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter,
die Richter Raebel, Vill,
die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Pape
am 24. Juni 2010
beschlossen:

Tenor:

Die Gegenvorstellungen der Beklagten gegen den Senatsbeschluss vom 5. November 2009 werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beklagte hat Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 10. Juni 2009 beantragt. Der Antrag ist mit Senatsbeschluss vom 5. November 2009 wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt worden. Gegen diesen ihr am 23. November 2009 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30. November 2009, eingegangen am selben Tage, "Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO und Gegenvorstellung" erhoben. Sie beanstandet eine Verletzung ihres Grundrechts auf rechtliches Gehör sowie weiterer Verfahrensgrundrechte und meint insbesondere, vor einer ablehnenden Entscheidung hätte der Große Senat für Zivilsachen angerufen werden müssen. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2009, eingegangen am selben Tage, rügt sie zusätzlich, dass nicht der Einzelrichter des Berufungsgerichts entschieden habe, obwohl sich keine Entscheidung in der Akte über die Übertragung des Rechtsstreits auf den Senat finde.

II.

2

Der Rechtsbehelf ist als Gegenvorstellung statthaft, bleibt jedoch ohne Erfolg.

3

1.

Das Berufungsgericht hat nicht unter Verstoß gegen das Grundrecht der Beklagten auf den gesetzlichen Richter entschieden. Gemäß § 526 Abs. 1 ZPO kann das Berufungsgericht durch Beschluss unter bestimmten Voraussetzungen einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Im vorliegenden Fall ist kein entsprechender Beschluss ergangen. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung, Vorlage oder Übernahme kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden (§ 526 Abs. 3 ZPO).

4

2.

Das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) schützt auch das Vertrauen der in erster Instanz siegreichen Partei darauf, vom Berufungsgericht rechtzeitig (§ 139 Abs. 4 ZPO) einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Sachvortrages erforderlich sein kann. Sonst gebotene Hinweise können jedoch je nach Lage des Falles entfallen, wenn die betroffene Partei von der Gegenseite die nötige Unterrichtung erhalten hat (vgl. etwa das Urteil des VIII. Zivilsenats vom 22. November 2006 - VIII ZR 72/06, BGHZ 170, 67, 75 Rn. 19). So lag der Fall hier. Der Kläger hatte seine Klage von Anfang an - erstmals auf Seite drei der Klageschrift - auch auf eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO) gestützt. Die dagegen jetzt vertieft vorgebrachten Einwände verfangen nicht. Die Schadenshöhe war ebenfalls bereits in erster Instanz im Streit.

Kayser
Raebel
Vill
Lohmann
Pape

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