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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 24.06.2009, Az.: 5 StR 206/09
Verfahrensrüge wegen der Verlesung eines falschen Anklagesatzes
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 24.06.2009
Referenz: JurionRS 2009, 17080
Aktenzeichen: 5 StR 206/09
ECLI: [keine Angabe]

Rechtsgrundlage:

§ 344 Abs. 2 S. 2 StPO

Fundstellen:

StraFo 2009, 389

StRR 2009, 323 (red. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand:

Besonders schwerer Raub u. a.

BGH, 24.06.2009 - 5 StR 206/09

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Wird mit einer Verfahrensrüge die Verlesung eines falschen Anklagesatzes beanstandet, muss dieser in der Revision mitgeteilt werden.

  2. 2.

    Ein Angestellter kann Alleingewahrsam am Inhalt eines in den Räumen seines Arbeitgebers befindlichen Tresors haben, wenn ihm eine Stellung zukommt, die nach Aufgaben und Verantwortung der eines alleinverantwortlichen Kassierers vergleichbar ist.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 24. Juni 2009
beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 16. Februar 2009 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes sowie wegen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten ist offensichtlich unbegründet. Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:

2

1.

Die wegen der Verlesung eines falschen Anklagesatzes (aus der Anklageschrift vom 5. November 2008 statt der Anklageschrift vom 25. November 2008) erhobene Verfahrensrüge ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn die Revision hat den Anklagesatz aus der Anklageschrift vom 5. November 2008 weder beigefügt noch seinem wesentlichen Inhalt nach mitgeteilt. Dessen Kenntnis war aber für die Prüfung unerlässlich, ob zwischen den beiden Anklageschriften so große Abweichungen bestehen, dass die Verlesung des falschen Anklagesatzes den Zweck nicht erfüllt hätte, die Teilnehmer an der Hauptverhandlung mit dem Gegenstand der Verhandlung und mit den Grenzen bekannt zu machen, in denen sich diese und die Urteilsfindung zu bewegen haben (vgl. BGH NJW 1982, 1057).

3

2.

Die Feststellungen des Landgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Diebstahls. Zwar ist es grundsätzlich denkbar, dass ein Angestellter Alleingewahrsam am Inhalt eines in den Räumen seines Arbeitgebers befindlichen Tresors hat. Dies ist der Fall, wenn ihm eine Stellung zukommt, die nach Aufgaben und Verantwortung der eines alleinverantwortlichen Kassierers vergleichbar ist (BGHR StGB § 246 Abs. 1 Alleingewahrsam 1 m.w.N.). Hierfür bestehen nach den Urteilsgründen keine Anhaltspunkte. Danach wurde dem Angeklagten lediglich "im Verlauf des Monats April 2008 die Aufgabe übertragen ..., am 26. April 2008 - einem Samstag - nach Geschäftsschluss als letzter Mitarbeiter den Frischemarkt S. zu verlassen und die Geschäftsräume abzuschließen" (UA S. 10). Allein die mit der Anwesenheit im Ladengeschäft verbundene faktische Zugriffsmöglichkeit auf einen Tresorschlüssel und in der Folge auch auf den Tresor ist indessen nicht geeignet, den Alleingewahrsam des Angeklagten zu begründen. Dass der Angeklagte entsprechend dem Vortrag der Revision auch die (im Tresor befindlichen) "Tageseinnahmen zählen und nach Ladenschluss zurecht legen sollte, dass diese am folgenden Tag zur Bank gebracht werden", lässt sich auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen, genauso wenig, dass er zumindest berechtigten Zugang zum Tresor hatte. Ohne Begründung einer qualifizierten Pflichtenstellung im vorgenannten Sinn war das Landgericht auch nicht gehalten, sich mit den Gewahrsamsverhältnissen im Einzelnen auseinanderzusetzen.

4

3.

Die vom Landgericht vorgenommene Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten begegnet u. a. deswegen Bedenken, weil das Landgericht eine Trinkmengenberechnung unterlassen hat, obwohl sie nach den Feststellungen möglich gewesen wäre (BGH StV 1993, 519; vgl. BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 29; BGH, Beschluss vom 26. Mai 2009 - 5 StR 57/09). Auch wäre wegen der Wechselwirkung des vom Angeklagten nach den Feststellungen zusätzlich aufgenommenen Kokains mit dem Alkohol die Hinzuziehung eines Sachverständigen angezeigt gewesen. Ohne dass es auf die - methodisch bedenklichen (vgl. BGHSt 7, 359, 360[BGH 14.06.1955 - 2 StR 136/55]; BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2008 - 2 StR 386/08; je m.w.N.) - Hilfserwägungen des Landgerichts zur Strafrahmenwahl (UA S. 18) ankäme, kann der Senat jedoch wegen der - angesichts des Gewichts der durch den Angeklagten begangenen Taten - nahezu unvertretbar milden Strafe sicher ausschließen, dass ein neues Tatgericht bei Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB zu einer niedrigeren Einzel- und Gesamtfreiheitsstrafe gelangen könnte.

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