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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 08.02.2013, Az.: II B 100/12
Erfolgsaussichten einer Nichtzulassungsbeschwerde betreffend die Aufteilung des Einheitswerts von Personengesellschaften bei mangelnder Darlegung eines Divergenzfalls
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 08.02.2013
Referenz: JurionRS 2013, 37815
Aktenzeichen: II B 100/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Münster - 19.04.2012 - AZ: 3 K 1450/09 Erb

Fundstelle:

BFH/NV 2013, 1226-1227

BFH, 08.02.2013 - II B 100/12

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 und Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt worden.

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1. Die Revision ist nicht wegen einer Divergenz nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen.

3

a) Dieser Zulassungsgrund setzt u.a. voraus, dass dieselbe Rechtsfrage in dem angefochtenen Urteil des Finanzgerichts (FG) und in der Divergenzentscheidung unterschiedlich beantwortet wurde (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Mai 2004 III B 89/03, BFH/NV 2004, 1221). Die Identität der Rechtsfrage ist gegeben, wenn die zu vergleichenden Entscheidungen zu derselben Rechtsnorm ergangen sind. Eine Divergenz kann jedoch auch dann vorliegen, wenn die voneinander divergierenden Entscheidungen die gleiche Rechtsfrage in verschiedenen Normen mit den gleichen gesetzlichen Tatbeständen unterschiedlich beantwortet haben. In einem solchen Fall ist eine Abweichung dennoch zu verneinen, wenn der jeweilige Normzweck und der unterschiedliche Bedeutungszusammenhang der jeweiligen Vorschriften selbst bei gleichem Wortlaut unterschiedliche Auslegungen rechtfertigen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1221, m.w.N.).

4

b) Das angefochtene Urteil des FG beruht nicht auf einer Abweichung von den Entscheidungen des BFH zur Aufteilung des Einheitswerts bei einer Personengesellschaft. Die vom Kläger angeführten Divergenzentscheidungen (BFH-Urteile vom 24. Juni 1981 III R 49/78, BFHE 134, 157, BStBl II 1982, 2 [BFH 24.06.1981 - III R 49/78]; vom 11. März 1992 II R 157/87, BFHE 167, 174, BStBl II 1992, 543 [BFH 11.03.1992 - II R 157/87]; vom 3. November 1993 II R 96/91, BFHE 172, 523, BStBl II 1994, 88 [BFH 03.11.1993 - II R 96/91]; vom 31. Januar 1996 II R 6/93, BFHE 179, 439, BStBl II 1996, 181 [BFH 31.01.1996 - II R 6/93]) betreffen nicht dieselbe Rechtsfrage wie im Streitfall. Denn sie sind zur Rechtslage vor Einfügung des im Streitfall maßgeblichen § 97 Abs. 1a des Bewertungsgesetzes i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1997 vom 20. Dezember 1996 --BewG-- (BGBl I 1996, 2049) ergangen. Diese Vorschrift war für die Erbschaft- und Schenkungsteuer erstmals zum 1. Januar 1996 anzuwenden (§ 152 BewG). Die neue Aufteilungsregelung des Betriebsvermögens bei Personengesellschaften sollte ein einfach zu praktizierendes Verfahren festlegen, das berücksichtigt, dass beim Betriebsvermögen die ertragsteuerlichen Bilanzwerte maßgebend sind; dadurch sollte die bis dahin von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für erforderlich gehaltene Ermittlung des tatsächlichen Werts des Unternehmens einschließlich der stillen Reserven vermieden werden (BRDrucks 390/96, S. 46).

5

Vor Einfügung des § 97 Abs. 1a BewG war dagegen der Wert der Wirtschaftsgüter des Personengesellschaftsvermögens gemäß § 3 BewG a.F. i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung auf die Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen. Die Verteilung erfolgte grundsätzlich nach dem Verhältnis, in dem die Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Beteiligten in allen ihren vermögensmäßigen Beziehungen zu den Mitgliedschaftsrechten der anderen Beteiligten standen. Den Ausgangspunkt für die Aufteilung des Einheitswerts der Personengesellschaft bildeten die Kapitalkonten der Gesellschafter in der Handelsbilanz, die wegen der Erfassung der stillen Reserven berichtigt werden mussten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 179, 439, [BFH 31.01.1996 - II R 6/93] BStBl II 1996, 181, [BFH 31.01.1996 - II R 6/93] m.w.N.). Die Regelungen zur Aufteilung und dementsprechend die Aufteilungsmaßstäbe waren demnach vor und nach der Einfügung des § 97 Abs. 1a BewG unterschiedlich.

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Soweit der Kläger eine fehlerhafte Anwendung des § 97 Abs. 1a BewG rügt, weil das FG zu Unrecht die für seinen Vater aufgestellte Ergänzungsbilanz nicht berücksichtigt habe, macht er einen materiell-rechtlichen Fehler geltend, der grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führt (BFH-Beschlüsse vom 12. Dezember 2012 IX B 109/12, BFH/NV 2013, 404, und vom 15. Februar 2012 IV B 126/10, BFH/NV 2012, 774).

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c) Eine Divergenz liegt wegen der fehlenden Identität der Rechtsfrage auch insoweit nicht vor, als der Kläger vorträgt, die Ergänzungsbilanz sei nach der Rechtsprechung des BFH zum Ertragsteuerrecht (BFH-Urteile vom 5. Oktober 1989 IV R 107/88, BFH/NV 1990, 496; vom 29. Oktober 1991 VIII R 148/85, BFHE 167, 309, BStBl II 1992, 647 [BFH 29.10.1991 - VIII R 148/85]; vom 30. März 1993 VIII R 63/91, BFHE 171, 213, BStBl II 1993, 706 [BFH 30.03.1993 - VIII R 63/91]; vom 2. Dezember 1997 VIII R 15/96, BFHE 184, 571, BStBl II 2008, 174; vom 5. Juni 2003 IV R 36/02, BFHE 202, 395, BStBl II 2003, 871 [BFH 05.06.2003 - IV R 36/02]) ein zwingender Bestandteil der Steuerbilanz und damit im Rahmen des § 97 Abs. 1a BewG ebenfalls zu berücksichtigen.

8

Ergänzungsbilanzen sind in bestimmten Fällen zu bilden, um Wertansätze in der Steuerbilanz der Personengesellschaft für den einzelnen Mitunternehmer zu korrigieren. Die Ergebnisse aus der Ergänzungsbilanz führen im Interesse einer zutreffenden Besteuerung zu einer Korrektur des Gewinnanteils des Gesellschafters, z.B. wenn dieser beim Eintritt in die Gesellschaft über seine Einlage hinaus Zahlungen unmittelbar an die bisherigen Gesellschafter geleistet und er damit zusätzliche Anschaffungskosten für den Erwerb des Anteils an der Personengesellschaft getragen hat. Der Gewinnanteil i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) setzt sich aus dem Anteil am Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft und dem Ergebnis aus der Ergänzungsbilanz zusammen (BFH-Urteil in BFHE 167, 309, [BFH 29.10.1991 - VIII R 148/85] BStBl II 1992, 647 [BFH 29.10.1991 - VIII R 148/85]). Auch bei der Ermittlung der Höhe eines Kapitalkontos i.S. des § 15a Abs. 1 EStG ist das Ergebnis aus der für einen Gesellschafter geführten Ergänzungsbilanz miteinzubeziehen (BFH-Urteil in BFHE 171, 213, [BFH 30.03.1993 - VIII R 63/91] BStBl II 1993, 706 [BFH 30.03.1993 - VIII R 63/91]). Die vom Kläger zitierten (angeblichen) Divergenzentscheidungen betreffen also die zutreffende Ermittlung des Gewinnanteils des Gesellschafters i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und des auf ihn entfallenden verrechenbaren Verlustes i.S. von § 15a Abs. 4 EStG.

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Im Streitfall geht es dagegen um die Frage, wie der Wert eines Anteils an einer GbR für Zwecke der Schenkungsteuer zu bestimmen ist, wenn ein Gesellschafter bei der Gründung der GbR einen für ihn treuhänderisch gehaltenen Teilkommanditanteil an einer GmbH & Co. KG als Einlage in das Gesamthandvermögen geleistet hat, die GbR diesen Teilkommanditanteil zum Teilwert in der Eröffnungsbilanz erfasst hat und für den einbringenden Gesellschafter eine negative Ergänzungsbilanz mit dem Ausweis der Differenz zwischen dem Buchwert und dem Teilwert des Teilkommanditanteils erstellt wurde. Die Bewertung des GbR-Anteils richtet sich schenkungsteuerrechtlich nach § 12 Abs. 5 Sätze 1 und 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der für 1996 geltenden Fassung (ErbStG) i.V.m. § 97 Abs. 1 und 1a BewG. Auch wenn § 97 Abs. 1a Nr. 1 und Nr. 2 BewG für die Aufteilung des Werts des Betriebsvermögens der Gesellschaft auf die Gesellschafter das "Kapitalkonto des Gesellschafters aus der Steuerbilanz" als eines der maßgeblichen Aufteilungskriterien festlegen, bedeutet dies nicht, dass dieses Tatbestandsmerkmal ebenso wie für die Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 15a EStG auszulegen ist. Denn Normzweck und Bedeutungszusammenhang der Vorschriften sind jeweils unterschiedlich. Das gilt vor allem auch deshalb, weil bei der Aufteilung nach § 12 Abs. 5 Sätze 1 und 2 ErbStG und § 97 Abs. 1a BewG zu beachten ist, dass bestimmte zum Betriebsvermögen gehörende Wirtschaftsgüter (z.B. Betriebsgrundstücke, Anteile an Kapitalgesellschaften nach § 12 Abs. 3 und Abs. 5 Satz 3 ErbStG) nicht mit Steuerbilanzwerten, sondern mit besonderen nach dem BewG ermittelten Werten anzusetzen sind.

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Infolgedessen hat das FG in dem angefochtenen Urteil die Berücksichtigung von Kapitalkonten aus Ergänzungsbilanzen im Rahmen des § 97 Abs. 1a BewG nicht generell, sondern nur insoweit verneint, als sich das Kapital der Ergänzungsbilanz auf Wirtschaftsgüter bezieht, für welche abweichend vom Steuerbilanzwert ein gesondert ermittelter Steuerwert bei der Ermittlung des Betriebsvermögens der Gesellschaft berücksichtigt wurde. Soweit das FG davon ausgegangen ist, für Beteiligungen an Personengesellschaften mit Betriebsvermögen sei in Anlehnung an R 122 Nr. 3 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2003 ein besonderer Steuerwert anzusetzen und deshalb sei im Streitfall das Kapital des Vaters des Klägers aus der negativen Ergänzungsbilanz bei der Aufteilung des Betriebsvermögens nicht einzubeziehen, liegt allenfalls ein materiell-rechtlicher Fehler vor, der eine Zulassung der Revision nicht begründen kann.

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2. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist nicht schlüssig dargelegt.

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a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen. Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (vgl. BFH-Beschluss vom 22. März 2012 IV B 97/11, BFH/NV 2012, 1159). Zur Klärungsbedürftigkeit von Rechtsfragen, die ausgelaufenes Recht betreffen und denen daher regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommt, müssen besondere Gründe geltend gemacht werden und vorliegen, die ausnahmsweise eine Abweichung von dieser Regel rechtfertigen (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Oktober 2011 IV B 106/10, BFH/NV 2012, 166, m.w.N.).

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b) Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei der Aufteilung des ermittelten erbschaftsteuerlichen Gesamtwerts des Betriebsvermögens gemäß § 97 Abs. 1a BewG auf die jeweiligen Gesellschafter Wertkorrekturen aus Ergänzungsbilanzen zu berücksichtigen sind oder nicht, eine grundsätzliche Bedeutung hat. Die Rechtsfrage betrifft ausgelaufenes Recht, weil § 97 Abs. 1a BewG zuletzt durch das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts vom 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 3018) mit Wirkung ab 1. Januar 2009 grundlegend geändert wurde. Zu ermitteln ist nunmehr der gemeine Wert eines Anteils am Betriebsvermögen einer Personengesellschaft, wobei der gemeine Wert des Gesamthandsvermögens nach den Kapitalkonten der Gesamthandsbilanz dem jeweiligen Gesellschafter zuzurechnen und der verbleibende Wert nach dem Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter aufzuteilen ist; der gemeine Wert des Sonderbetriebsvermögens ist dem jeweiligen Gesellschafter zuzurechnen. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich angeführt, dass das Kapital etwaiger Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter nicht berücksichtigt wird, weil die Ergänzungsbilanzen weder bei der Ermittlung des Unternehmenswerts berücksichtigt werden noch zusätzliche Entnahmerechte gewähren. Daraus kann nicht der Rückschluss gezogen werden, nach altem Recht hätten die Ergänzungsbilanzen Berücksichtigung finden sollen. Die Regelungen in § 97 Abs. 1a BewG (in der für den Streitfall maßgebenden Fassung) und in dessen Neufassung sind derart verschieden, dass Rückschlüsse nicht möglich sind. Besondere Gründe, die trotz der Neufassung des § 97 Abs. 1a BewG eine grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfrage rechtfertigen könnten, hat der Kläger nicht aufgezeigt.

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Darüber hinaus hat er sich auch nicht mit der vom FG ausdrücklich zitierten Literaturauffassung (S. 19 des Urteils) auseinander gesetzt, die im Rahmen des § 97 Abs. 1a BewG eine Einbeziehung der Ergänzungsbilanz eines Gesellschafters abgelehnt hat. Dies wäre schon deshalb erforderlich gewesen, weil in der Literatur die ertragsteuerrechtliche Bedeutung und Wirkung der Ergänzungsbilanz ausführlich dargestellt und die sich daraus für die Schenkungsteuer ergebende Problematik eingehend erörtert wurde (vgl. z.B. Hübner, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2003, 12; ders. in Der Erbschaft-Steuer-Berater 2004, 197 und 2005, 249).

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