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Bundesfinanzhof
Urt. v. 15.12.2010, Az.: VIII R 37/09
Einstufung der Insolvenzverwaltertätigkeit wegen der Beteiligung qualifizierter Mitarbeiter als gewerbliche Tätigkeit; Kennzeichnung der Berufsausübung über die Festlegung der Grundzüge der Organisation und der dienstlichen Aufsicht hinaus durch Planung, Überwachung und Kompetenz zur Entscheidung in Zweifelsfällen
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 15.12.2010
Referenz: JurionRS 2010, 35999
Aktenzeichen: VIII R 37/09
ECLI: [keine Angabe]

Fundstellen:

BFH/NV 2011, 1303-1306

ZIP 2011, 1329-1332

Jurion-Abstract 2010, 225200 (Zusammenfassung)

BFH, 15.12.2010 - VIII R 37/09

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Die Tätigkeit eines Insolvenz-, Zwangs- und Vergleichsverwalters ist nach der Rechtsprechung des BFH eine Vermögens verwaltende i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und keine freiberufliche Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (BFH, Urt. v. 29.3.1961 - IV 404/60 U, BFHE 73, 100, BStBl. III 1961, S. 306; v. 5.7.1973 - IV R 127/69, BFHE 110, 40, BStBl. II 1973, S. 730; v. 11.5.1989 - IV R 152/86, BFHE 157, 148, BStBl. II 1989, S. 729), was auch dann gilt, wenn die Tätigkeit durch Rechtsanwälte ausgeübt wird, weil sie nicht für einen Rechtsanwalt berufstypisch ist (BFH-Urteil in BFHE 197, 442, [BFH 12.12.2001 - XI R 56/00] BStBl. II 2002, S. 202 m. krit. Anm. Frystatzki , EStB 2005, 308; Gerling , FS Greiner, 2005, S. 41; Verfassungsbeschwerde gem. §§ 93a, 93b BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen, Beschluss des BVerfG v. 5.3.2003 - 1 BvR 437/02; BFH, Beschl. v. 14.7.2008 - VIII B 179/07, BFH/NV 2008, 1874).

  2. 2.

    Bezüglich der für Insolvenzverwalter als Vermögensverwalter i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zulässigen Mitarbeit fachlich Vorgebildeter ist § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 und 4 EStG entsprechend anzuwenden, wenn der Berufsträger trotz solcher Mitarbeiter weiterhin seinen Beruf leitend und eigenverantwortlich ausübt.

Gründe

1

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahr 1998 gegründete Partnerschaft, deren Mitglieder Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sind. Im Streitjahr 2003 hatte sie zehn Gesellschafter. Drei der beteiligten Wirtschaftsprüfer nahmen nicht an der Gewinnverteilung teil. Einer der Partner ist seit 2002 nur noch gelegentlich tätig. Von den übrigen Rechtsanwälten sind drei ausschließlich als Insolvenzverwalter tätig. Die Klägerin unterhält in drei Städten Büros. Die Partner der Klägerin sind im Bereich von 15 AG als Insolvenzverwalter tätig.

2

In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2003 erklärte die Klägerin ausschließlich Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.

3

Anlässlich einer Außenprüfung bei der Klägerin für den Zeitraum 1999 - 2002 wurde festgestellt, dass sie durchschnittlich ca. 73% ihrer Einnahmen aus der Insolvenzverwaltung (mit jährlich steigender Tendenz) erzielt hatte und für sie im Prüfungszeitraum mindestens 20 angestellte Rechtsanwälte tätig waren, davon im Jahr 2002 13 im Insolvenzbereich. Eine im Jahr 2002 angestellte Dipl.-Rpflin hatte die Bearbeitung der Verbraucherinsolvenzverfahren übernommen. Daneben griff die Klägerin auch auf Subunternehmen zurück.

4

Nach Ansicht des Prüfers beruhten die Einkünfte der Klägerin aus der Insolvenzverwaltung nicht mehr im Wesentlichen auf der persönlichen Arbeitskraft der Gesellschafter. Diese Tätigkeit sei als gewerblich anzusehen. Nach Maßgabe des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG seien deshalb auch die i.Ü. erzielten Einkünfte aus anwaltlicher Tätigkeit als gewerbliche Einkünfte zu beurteilen. Im Rahmen der Schlussbesprechung erzielten die Beteiligten dahin gehend eine Einigung, dass unter Berücksichtigung des erst im Jahr 2002 veröffentlichten Urteils des BFH v. 12.12.2001 - XI R 56/00 (BFHE 197, 442, BStBl. II 2002, S. 202) lediglich die Einkünfte des Jahres 2002 als gewerblich qualifiziert werden sollten.

5

Für das Folgejahr (das Streitjahr 2003) stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) zunächst erklärungsgemäß mit Feststellungsbescheid v. 28.4.2005 Einkünfte aus selbstständiger Arbeit unter Vorbehalt der Nachprüfung fest, änderte diese Feststellung aber gem. § 164 Abs. 2 AO dahin gehend, dass die Einkünfte der Klägerin insgesamt als solche aus Gewerbebetrieb erfasst wurden. Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das FG mit seinem in EFG 2009, 1651 [FG Hamburg 27.05.2009 - 2 K 72/07] veröffentlichten Urteil ab.

6

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.

7

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil sowie den angefochtenen Änderungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben sowie ihre Einkünfte im Streitjahr 2003 insgesamt als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit festzustellen.

8

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9

Es trägt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Gründe des FG-Urteils vor, nach der Rechtsprechung sei die Insolvenzverwaltung ein gegenüber der Anwaltstätigkeit eigenständiger Beruf, der auch nicht als vermögensverwaltende Tätigkeit der sonstigen selbstständigen Arbeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zugeordnet werden könne. Denn die in dieser Vorschrift beispielhaft aufgeführten Tätigkeiten beträfen lediglich "nur gelegentlich" und allenfalls ausnahmsweise nachhaltig ausgeübte Tätigkeiten.

10

Abgesehen davon scheide eine Erfassung der Insolvenzverwaltertätigkeit als sonstige selbstständige Arbeit im Streitfall schon wegen der Mitwirkung fachlich vorgebildeter Arbeitnehmer an der Berufsausübung aus.

11

II.

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil sowie der angefochtene Gewinnfeststellungsänderungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung sind aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

12

1.

Für das mit der Klage und der Revision verfolgte Begehren, die streitigen Einkünfte aus Insolvenzverwaltung den Einkünften aus selbstständiger Arbeit und nicht - wie in dem angefochtenen Bescheid - den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen, ist die objektive Klagebefugnis gegeben, weil die Feststellung einer unzutreffenden Einkunftsart eine Rechtsverletzung darstellt (BFH, Urt. v. 4.7.2007 - VIII R 77/05, BFH/NV 2008, 53).

13

2.

Die Begründung, mit der das FG die Einkünfte der Klägerin aus der Tätigkeit ihrer Gesellschafter als Insolvenzverwalter wegen Beteiligung fachlich vorgebildeter Angestellter als gewerblich angesehen hat, hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht Stand. Die tatsächlichen Feststellungen reichen indes für eine abschließende Entscheidung nicht aus.

14

a)

Die Tätigkeit eines Insolvenz-, Zwangs- und Vergleichsverwalters ist nach der Rechtsprechung des BFH eine Vermögens verwaltende i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und keine freiberufliche Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (BFH, Urt. v. 29.3.1961 - IV 404/60 U, BFHE 73, 100, BStBl. III 1961, S. 306; v. 5.7.1973 - IV R 127/69, BFHE 110, 40, BStBl. II 1973, S. 730; v. 11.5.1989 - IV R 152/86, BFHE 157, 148, BStBl. II 1989, S. 729).

15

Dies gilt nach der Rechtsprechung des BFH auch dann, wenn die Tätigkeit - wie im Streitfall - durch Rechtsanwälte ausgeübt wird, weil sie nicht für einen Rechtsanwalt berufstypisch ist (BFH-Urteil in BFHE 197, 442, [BFH 12.12.2001 - XI R 56/00] BStBl. II 2002, S. 202 m. krit. Anm. Frystatzki, EStB 2005, 308; Gerling, FS Greiner, 2005, S. 41; Verfassungsbeschwerde gem. §§ 93a, 93b BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen, Beschluss des BVerfG v. 5.3.2003 - 1 BvR 437/02; BFH, Beschl. v. 14.7.2008 - VIII B 179/07, BFH/NV 2008, 1874). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Zur Begründung verweist er auf das Urteil vom heutigen Tag im Verfahren VIII R 50/09, von dem eine Abschrift beigefügt ist.

16

b)

Für die Prüfung, ob die Insolvenzverwaltertätigkeit wegen der Beteiligung qualifizierter Mitarbeiter als gewerbliche Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 EStG zu beurteilen ist, hat der BFH bislang im Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG die sog. Vervielfältigungstheorie zugrunde gelegt, nach der die sonstige selbstständige Arbeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG grds. persönlich - d.h. ohne die Mithilfe fachlich vorgebildeter Hilfskräfte - ausgeübt werden muss (BFH, Urt. v. 13.5.1966 - VI 63/64, BFHE 86, 305, BStBl. III 1966, S. 489 m. zust. Anm. Gollub, Anmerkungen zur Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz bis 1974, § 18, Rechtsspruch 388; v. 25.11.1970 - I R 123/69, BFHE 101, 215, BStBl. II 1971, S. 239; v. 11.8.1994 - IV R 126/91, BFHE 175, 284, BStBl. II 1994, S. 936; BFHE 197, 442, [BFH 12.12.2001 - XI R 56/00] BStBl. II 2002, S. 202: Umkehrschluss aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG; ebenso Blümich/ Hutter, , § 18 EStG Rn. 108; Schmidt/ Wacker, EStG, 29. Aufl., § 18 Rn. 23; Kanzler, FR 1994, 114; FG Köln, Urt. v. 13.8.2008 - 4 K 3303/06, EFG 2009, 669 rechtskräftig).

17

An dieser Rechtsprechung hält der Senat, auf den die alleinige Zuständigkeit für die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit übergegangen ist, nach erneuter Prüfung nicht mehr fest.

18

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird jedenfalls insoweit auf das Urteil des Senats v. 15.12.2010 - VIII R 50/09 verwiesen.

19

c)

Die somit auch für Insolvenzverwalter als Vermögensverwalter i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zulässige Mitarbeit fachlich Vorgebildeter setzt allerdings voraus, dass der Berufsträger trotz solcher Mitarbeiter weiterhin seinen Beruf leitend und eigenverantwortlich ausübt. Insoweit ist § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 und 4 EStG entsprechend anzuwenden.

20

aa)

Diesem Erfordernis entspricht eine Berufsausübung nur, wenn sie über die Festlegung der Grundzüge der Organisation und der dienstlichen Aufsicht hinaus durch Planung, Überwachung und Kompetenz zur Entscheidung in Zweifelsfällen gekennzeichnet ist (BFH, Urt. v. 29.7.1965 - IV 61/65 U, BFHE 83, 154, BStBl. III 1965, S. 557; v. 5.6.1997 - IV R 43/96, BFHE 183, 424, BStBl. II 1997, S. 681) und die Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Maße gewährleistet (BFH, Urt. v. 11.9.1968 - I R 173/66, BFHE 93, 468, BStBl. II 1968, S. 820; BFH, Beschl. v. 7.10.1987 - X B 54/87, BFHE 151, 147, BStBl. II 1988, S. 17; BFH, Urt. v. 30.9.1999 - V R 56/97, BFHE 189, 569; BFH, Beschl. v. 31.8.2005 - IV B 205/03, BFH/NV 2006, 48 m.w.N.).

21

Nur unter diesen Voraussetzungen trägt die Arbeitsleistung - selbst wenn der Berufsträger ausnahmsweise in einzelnen Routinefällen nicht mitarbeitet - den erforderlichen "Stempel der Persönlichkeit" des Steuerpflichtigen (BFH, Urt. v. 1.2.1990 - IV R 140/88, BFHE 159, 535, BStBl. II 1990, S. 507; v. 21.3.1995 - XI R 85/93, BFHE 177, 377, BStBl. II 1995, S. 732; v. 14.3.2007 - XI R 59/05, BFH/NV 2007, 1319).

22

bb)

Ob diese Voraussetzungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Arbeiterorganisation einer Insolvenzverwalterpraxis wie auch der Zahl der betreuten Verfahren und der Zahl qualifizierter Mitarbeiter vorliegen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung, die den FG als Tatsacheninstanz obliegt. Diese Würdigung ist jeweils nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls und den Besonderheiten des jeweiligen Berufs vorzunehmen (BFH-Entscheidung v. 7.5.1997 - V B 112/96, BFH/NV 1997, 800). Sie wird insbesondere bei Ausübung der Insolvenzverwaltertätigkeit im Wesentlichen dadurch bestimmt, was nach den Regelungen der InsO zu den höchstpersönlich auszuführenden Aufgaben eines Insolvenzverwalters gehört.

23

(1)

Dabei eröffnet das Leitbild der Insolvenzverwaltung als kaufmännisch-praktische Tätigkeit unter Verwertung besonderer Wirtschafts- und Rechtskenntnisse (vgl. BFH-Urteil in BFHE 73, 100, [BFH 29.03.1961 - IV 404/60 U] BStBl. III 1961, S. 306) einen umso größeren Spielraum für die Beschäftigung von Mitarbeitern, je mehr es um einfachere kaufmännisch-praktische Tätigkeiten geht. Je mehr die Insolvenzverwaltertätigkeit dagegen Grundentscheidungen in der Durchführung des Insolvenzverfahrens betrifft und damit eher besondere Wirtschafts- und Rechtskenntnisse erforderlich macht, spricht dies für die Notwendigkeit höchstpersönlicher Tätigkeit des Berufsträgers. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat ebenfalls auf sein Urt. v. 15.12.2010 - VIII R 50/09.

24

(2.)

Danach ist für die Abgrenzung von zulässiger Mitarbeiterbeschäftigung und gebotener höchstpersönlicher Berufsausübung des Insolvenzverwalters entscheidend, ob Organisation und Abwicklung des Insolvenzverfahrens insgesamt den "Stempel der Persönlichkeit" desjenigen, tragen, dem nach § 56 InsO das Amt eines Insolvenzverwalters vom Insolvenzgericht übertragen worden ist.

25

Dies erfordert, dass die Entscheidungen über das "Ob" bestimmter Einzelakte im Rahmen des Insolvenzverfahrens wie z.B. die Führung eines Anfechtungsprozesses oder die Aufnahme eines nach § 240 ZPO unterbrochenen Prozesses, die Entscheidung über die Kündigung und Entlassung von Arbeitnehmern sowie die Entscheidung über die Art der Verwertung der Masse durch den Insolvenzverwalter persönlich zu treffen sind. Auch die zentralen Aufgaben des Insolvenzverwalters wie die Berichtspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht, der Gläubigerversammlung und dem Gläubigerausschuss (§§ 58 Abs. 1 Satz 2, 69, 79, 152, 156 InsO), seine Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans nach § 218 InsO auf entsprechenden Beschluss der Gläubigerversammlung (§ 157 InsO) wie auch die Schlussrechnungslegung (§ 66 InsO) muss er unbeschadet etwaiger Zulieferungs- und Hilfsarbeiten seiner Mitarbeiter im Wesentlichen selbst vornehmen.

26

Hat er Entscheidungen dieser Art (höchstpersönlich) getroffen, bleibt seine Tätigkeit auch dann eine solche i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, wenn er das "Wie", nämlich die kaufmännisch-technische Umsetzung dieser Entscheidung wie z.B. die anwaltliche Durchführung eines Prozesses, die Kündigung bzw. Abwicklung der Entlassung von Arbeitnehmern oder die Verwertung der Masse durch Versteigerung auf Dritte überträgt. Denn der Gesetzgeber hat in der InsO für diese kaufmännisch-technischen Abwicklungsmaßnahmen anders als für die Berichtspflichten nach den §§ 58 Abs. 1 Satz 2, 156 InsO, keine höchstpersönliche Wahrnehmung durch den Insolvenzverwalter vorgeschrieben (vgl. zu diesen Abwicklungsmaßnahmen auch FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.6.2007 - 4 K 2063/05, EFG 2007, 1523).

27

Sie können mithin entsprechend § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG qualifizierten Hilfspersonen übertragen werden (vgl. Smid, DZWiR 2002, 265; Schmid, DZWiR 2002, 316).

28

(3)

Auf dieser Grundlage kann allein aus der Anzahl der für einen Insolvenzverwalter tätigen Hilfspersonen nicht abgeleitet werden, inwieweit der Insolvenzverwalter seine Aufgaben selbstständig und höchstpersönlich wahrnimmt. Deshalb kann nicht allein wegen der Beschäftigung von mehr als einem (gleich) qualifizierten Mitarbeiter die gewerbliche Qualifizierung der Einkünfte des Insolvenzverwalters gefolgert werden ( Mitlehner, NZI 2002, 190; Leibner, DZWiR 2002, 273; Stahlschmidt, BB 2002, 1727 [BFH 12.12.2001 - XI R 56/00]). Dies gilt umso mehr, als die Insolvenzverwaltertätigkeit als kaufmännisch-praktische Aufgabe (BFH-Urteil in BFHE 73, 100, [BFH 29.03.1961 - IV 404/60 U] BStBl. III 1961, S. 306) weniger durch einen "persönlichen Dienst am Kunden" als vielmehr durch eine Vielzahl von Einzelgeschäften und einen dadurch bedingten hohen Mitarbeitereinsatz geprägt wird (vgl. zu diesem Unterscheidungskriterium BFH-Entscheidungen in BFH/NV 1997, 800; BFHE 183, 424, BStBl. II 1997, S. 681; v. 10.6.1997 - V B 62/96, BFH/NV 1998, 224; BFHE 189, 569; v. 30.8.2007 - XI B 1/07, BFH/NV 2007, 2280; v. 21.1.1999 - XI B 126/96, BFH/NV 1999, 822 - jeweils zum Pflegedienst).

29

Deshalb hat ein Insolvenzverwalter die erforderlichen höchstpersönlichen Organisation- und Entscheidungsleistungen im Regelfall selbst bei einer Mehrzahl beschäftigter qualifizierter Personen erbracht, wenn er über das "Ob" der einzelnen Abwicklungsmaßnahmen in jedem der von ihm betreuten Verfahren entschieden hat und die Umsetzung der Entscheidungen seiner Kontrolle unterliegt.

30

3.

Nach diesen Grundsätzen kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des FG, das auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung noch von, der Vervielfältigungstheorie ausgegangen ist, nicht abschließend entscheiden, ob Art und Umfang der Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter durch die Klägerin das Gebot leitender und eigenverantwortlicher Tätigkeit ihrer Gesellschafter gewahrt haben und deshalb deren Freiberuflichkeit zu bejahen ist.

31

a)

Das FG hat das Fehlen einer höchstpersönlichen Berufsausübung der Gesellschafter der Klägerin i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit der Begründung verneint, aufgrund der vorliegenden Unterlagen und der von der Klägerin gemachten Angaben könne eine hinreichend höchstpersönliche Arbeitsleistung ihrer Partner nicht festgestellt werden.

32

Dies hat das FG u.a. darauf gestützt, dass für einen der Partner neben vier Rechtsanwälten noch weitere drei 1/4 Mitarbeiter sowie für die weiteren beiden Partner sieben - acht Rechtsanwälte neben mindestens sieben sonstigen Sachbearbeitern tätig gewesen seien und dass darüber hinaus für die Klägerin im Insolvenzbereich als weitere freie Mitarbeiter ein Dipl.-Verwaltungswirt sowie ein beratender Betriebswirt und Unternehmensberater sowie als Subunternehmerin eine Steuerberatungsgesellschaft tätig gewesen seien. Des Weiteren hat das FG seine Zweifel darauf gegründet, dass die Klägerin an drei Standorten Büros unterhalten und an insgesamt 15 AG Insolvenzverfahren durchgeführt habe. Auch die Vielzahl der im Streitjahr eröffneten Insolvenzverfahren (89) ließen es nach Auffassung des FG als ausgeschlossen erscheinen, dass die Berufsträger in dem erforderlichen Maße persönlich umfassend tätig gewesen seien.

33

An einer gleichwohl vom FG für den Streitfall nicht grds. ausgeschlossenen Feststellung höchstpersönlicher Berufsausübung durch die Gesellschafter der Klägerin hat sich das FG nur deshalb gehindert gesehen, weil die Klägerin eine besonders prägende Bearbeitung der Berufsträger in den einzelnen Verfahren nicht dargestellt und trotz gerichtlicher Aufforderung keine Verfahrensakten zu Regel- oder Verbraucherinsolvenzverfahren zur Prüfung einer solchen prägenden Bearbeitung vorgelegt hatte.

34

b)

Auf dieser Grundlage kann der Senat nicht, wie etwa im Verfahren VIII R 50/09, davon ausgehen, dass nach den tatsächlichen Feststellungen des FG die Partner der Klägerin "ersichtlich" höchstpersönlich die ihnen obliegenden Entscheidungen über das "Ob" der einzelnen Abwicklungsmaßnahmen selbst getroffen haben und eine Verschiebung dieser Aufgabe hin zu ihren qualifizierten Mitarbeitern nicht angenommen werden kann.

35

Im Hinblick darauf wird das FG im zweiten Rechtszug ggf. anhand von Zeugen und ausgewählten Akten (z.B. aus abgeschlossenen Insolvenzverfahren und damit für den Betrieb der Klägerin entbehrlichen Unterlagen) aufzuklären haben, ob Art und Umfang der Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter die Höchstpersönlichkeit ihrer Entscheidungen über das oben näher bezeichnete "Ob" der einzelnen Abwicklungsmaßnahmen unberührt gelassen haben und deshalb die Einkünfte aus der Insolvenzverwaltertätigkeit der Klägerin insgesamt den Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit zuzuordnen sind.

36

In diesem Zusammenhang wird zu berücksichtigen sein, dass wie oben dargelegt, die Insolvenzverwaltertätigkeit weniger durch einen "persönlichen Dienst am Kunden" als vielmehr durch einen hohen - rein kaufmännisch geprägten - Mitarbeitereinsatz geprägt wird. Danach kann eine solche Tätigkeit auch an drei Standorten wie im Streitfall ausgeübt werden, wenn nach den Gesamtumständen die Partner der Klägerin hinsichtlich der jeweils von ihnen an einem der Standorte betriebenen Insolvenzverfahren die ihnen obliegenden Organisations- und Abwicklungsentscheidungen erbracht haben, indem sie über das "Ob" der einzelnen Abwicklungsmaßnahmen in jedem der betreuten Verfahren entschieden und die Umsetzung dieser Entscheidungen kontrolliert haben.

37

Dabei gebietet der Charakter der Insolvenzverwaltung nicht die ständige persönliche Anwesenheit an den jeweiligen Standorten, weil die dem Berufsträger vorbehaltenen Organisations- und Abwicklungsentscheidungen regelmäßig auch mit den Mitteln der technischen Bürokommunikation herbeigeführt werden können.

38

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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