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Bundesfinanzhof
Urt. v. 08.07.2010, Az.: VI R 15/09
Erneute Begründung einer doppelten Haushaltsführung am früheren Beschäftigungsort in einer dazu schon früher genutzten Wohnung; Beendigung einer doppelten Haushaltsführung mit Aufgabe der Haushaltsführung in der Wohnung am Beschäftigungsort
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 08.07.2010
Referenz: JurionRS 2010, 25277
Aktenzeichen: VI R 15/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Köln - 11.12.2008 - AZ: 15 K 3336/08

Fundstellen:

BFHE 230, 358 - 361

BB 2010, 2661

BBK 2010, 1166-1167

BFH/NV 2010, 2326-2327

BFH/PR 2011, 4

BStBl II 2011, 47-48 (Volltext mit amtl. LS)

DB 2010, 2314-2315

DStR 2010, 2122-2123

DStRE 2010, 1338

DStZ 2010, 856

DWW 2011, 118

EStB 2010, 406-407

FamRZ 2010, 1980

FR 2011, 33-34

GStB 2010, 45

HFR 2010, 1281-1282

KÖSDI 2010, 17185

LGP 2010, 199-200

NWB 2010, 3436

NWB direkt 2010, 1106

NZA 2010, 1340

RdW 2011, 40-41

StB 2010, 418

StBW 2010, 964-965

StC 2011, 10

STFA 2010, 27

StuB 2010, 886

StX 2010, 661

V&S 2011, 5

WISO-SteuerBrief 2010, 3-4

ZAP 2010, 1211

ZAP EN-Nr. 772/2010

ZFE 2011, 144

Jurion-Abstract 2010, 224969 (Zusammenfassung)

BFH, 08.07.2010 - VI R 15/09

Amtlicher Leitsatz:

  1. 1.

    Wurde eine doppelte Haushaltsführung beendet, kann sie am früheren Beschäftigungsort auch in der dazu schon früher genutzten Wohnung erneut begründet werden.

  2. 2.

    Eine doppelte Haushaltsführung ist regelmäßig dann beendet, wenn der Haushalt in der Wohnung am Beschäftigungsort nicht mehr geführt wird.

Gründe

I.

1

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und erzielten im Streitjahr (2006) jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Familienwohnsitz befindet sich in Köln.

2

Der Kläger ist als wissenschaftlicher Assistent bei der X tätig. Im Jahr 2002 wurde er von seinem Arbeitgeber nach A an das ... Institut abgeordnet. Hier bewohnte er seit 2004 eine Eigentumswohnung. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte eine doppelte Haushaltsführung an.

3

Vom 1. Oktober 2005 bis zum 31. Juli 2006 wurde der Kläger vom ... Institut in A beurlaubt und gleichzeitig seiner Weiterbeschäftigung im Anschluss an die Beurlaubung zugestimmt. Während der Beurlaubung erfüllte der Kläger einen Lehrauftrag an der Universität B. Dort mietete der Kläger Wohnraum an. Die Wohnung in A stand in dieser Zeit leer.

4

Zum 1. August 2006 nahm der Kläger seine Tätigkeit in A wieder auf und bezog erneut seine Eigentumswohnung.

5

Der Kläger begehrte in seiner Einkommensteuererklärung für 2006 unter anderem den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen für drei Monate im Rahmen einer neuen doppelten Haushaltsführung in A ab dem 1. August 2006. Das FA lehnte dies ab.

6

Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 822 veröffentlichten Gründen insoweit statt, als es eine Wiederbegründung der doppelten Haushaltsführung in A mit Anspruch auf Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten drei Monate anerkannte.

7

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

8

Das FA beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Revision zurückzuweisen.

II.

10

Die Revision des FA ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger für seine erneut begründete doppelte Haushaltsführung in A Verpflegungsmehraufwendungen in den ersten drei Monaten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen kann.

11

1.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) gehören zu den Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG liegt eine doppelte Haushaltsführung vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Beschäftigungsort i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ist der Ort der regelmäßigen, dauerhaften Arbeitsstätte. Regelmäßige Arbeitsstätte ist der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. Mai 2007 VI R 47/03, BFHE 218, 174, BStBl II 2007, 609 [BFH 24.05.2007 - VI R 47/03] ). Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen können im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung pauschal und beschränkt auf die ersten drei Monate an derselben Tätigkeitsstätte zum Abzug zugelassen werden (§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 6 EStG).

12

Von der Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung ist deren Beendigung abzugrenzen. Erst mit Beendigung der doppelten Haushaltsführung scheidet der Werbungskostenabzug aus. Eine doppelte Haushaltsführung ist regelmäßig dann beendet, wenn der Haushalt in der Wohnung am Beschäftigungsort nicht mehr geführt wird. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige die Familienwohnung an den Beschäftigungsort oder in dessen Einzugsbereich verlagert und seinen dort geführten zweiten Haushalt aufgibt oder wenn er den Zweithaushalt nicht mehr führt, weil er seine regelmäßige Arbeitsstätte aufgibt und an einem anderen Ort tätig wird. Nach Beendigung einer doppelten Haushaltsführung kann der Steuerpflichtige unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG erneut eine doppelte Haushaltsführung aus beruflichem Anlass, gegebenenfalls auch am früheren Beschäftigungsort und in der Wohnung, in der er bereits früher einen Zweithaushalt errichtet hatte, begründen.

13

2.

Nach diesen Grundsätzen beendete der Kläger nach den Feststellungen des FG die 2002 begründete doppelte Haushaltsführung in A im Herbst 2005. Die regelmäßige Arbeitsstätte befand sich ab Oktober 2005 in B; der Zweithaushalt am früheren Beschäftigungsort in A wurde nicht mehr fortgeführt. Mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit in A ab 1. August 2006 begründete der Kläger dort erneut eine doppelte Haushaltsführung i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG. Dies berechtigte den Kläger, die notwendigen Mehraufwendungen als Werbungskosten in Abzug zu bringen. Dies gilt unter Beachtung der Dreimonatsfrist auch für die Mehraufwendungen für die Verpflegung.

14

Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger seine Eigentumswohnung in A während seines Aufenthalts in B nicht veräußert, sondern im Hinblick auf die Rückkehr an seine frühere Arbeitsstätte beibehalten hat. Denn die erneute Begründung einer doppelten Haushaltsführung am früheren Beschäftigungsort setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer dort eine neue Wohnung nimmt. Es kommt auch nicht darauf an, dass dem Kläger die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort bekannt war. Denn der Abzug von Mehraufwendungen für die Verpflegung während der Dreimonatsfrist ist generell von der konkreten Verpflegungssituation unabhängig (BFH-Urteil vom 16. November 2005 VI R 12/04, BFHE 212, 64, BStBl II 2006, 267 ).

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