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Bundesfinanzhof
Urt. v. 06.05.2010, Az.: V R 24/09
Bewertung einer GmbH als Organgesellschaft im Falle der wirtschaftlichen Eingliederung in eine GbR im Hinblick auf die Veranlagung zur Umsatzsteuer
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 06.05.2010
Referenz: JurionRS 2010, 26906
Aktenzeichen: V R 24/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Thüringen - 01.10.2008 - AZ: III 235/05

Fundstellen:

BFH/NV 2011, 76-77

DB 2011, 219-220

UVR 2011, 35

BFH, 06.05.2010 - V R 24/09

Gründe

1

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Gesellschafter der GbR waren X und Z zu je 50%. X und Z waren auch zu je 50% an einer GmbH beteiligt. Alleinige Geschäftsführerin der GmbH war im Streitjahr 1999 zunächst A, die Ehefrau des Z. Prokuristen der GmbH mit Alleinvertretungsvollmacht waren X und Z. Mit Wirkung zum 17. Juni 1999 wurde A als Geschäftsführerin abberufen und Z zum neuen alleinigen Geschäftsführer bestellt.

2

Die Klägerin gab für das Streitjahr eine Umsatzsteuerjahreserklärung ab, in der sie vom Bestehen einer Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) ausging. Am 12. Juli 2001 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Einem Antrag der Klägerin entsprechend ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass keine Organschaft vorliege und änderte die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr entsprechend. Mit Bescheid vom 24. Juni 2004 änderte er die unter Vorbehalt der Nachprüfung erlassene Umsatzsteuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung erneut und war nunmehr wieder der Auffassung, dass eine Organschaft gegeben sei. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

3

Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf, dass die Klage zwar zulässig, jedoch unbegründet sei. Die erforderliche organisatorische Eingliederung liege vor.

4

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, die sie auf Verletzung materiellen Rechts stützt. Es fehle an der erforderlichen organisatorischen Eingliederung, da X und Z nur über eine Einzelprokura verfügt hätten und daher eine abweichende Willensbildung in der Geschäftsführung der GmbH nicht hätten verhindern können.

5

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 1999 vom 24. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2005 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 1999 auf 57.643,56 EUR herabgesetzt wird.

6

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Die GmbH sei mittelbar über X und Z in die Klägerin finanziell eingegliedert. Die wirtschaftliche Eingliederung ergebe sich aus einer Vermietung eines Grundstücks und aus der Vermietung beweglichen Anlagevermögens durch die Klägerin an die GmbH. Für die organisatorische Eingliederung reiche es aus, dass X und Z Prokuristen der GmbH gewesen seien, da bei einer Vielzahl von Geschäftsführungsmaßnahmen zugunsten der Gesellschafter der GmbH Zustimmungsvorbehalte bestanden hätten.

8

II.

Die Revision der Klägerin ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

9

1.

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers eingegliedert ist (Organschaft). Gemeinschaftsrechtlich beruht diese Vorschrift auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG. Danach können die Mitgliedstaaten im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, jedoch durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln.

10

Zwar kann im Hinblick auf die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG "nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse" vorzunehmende Beurteilung eine Organgesellschaft auch dann unselbständig sein, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ausgeprägt ist. Nicht ausreichend ist jedoch, dass die Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Eingliederungsmerkmale besteht (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 20. Februar 1992 V R 80/85, BFH/NV 1993, 133, unter II.a; vom 25. Juni 1998 V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534, unter II.1.a; vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a bb; vom 5. Dezember 2007 V R 26/06, BFHE 219, 463, BStBl II 2008, 451, unter II.1.b; vom 14. Februar 2008 V R 12 und 13/06, BFH/NV 2008, 1365, unter II.2.d; vom 3. April 2008 V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905, unter II.3.a).

11

2.

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die GmbH bereits bei Beginn des Streitjahrs oder ab der Bestellung des Z zum Geschäftsführer ab 17. Juni 1999 in die Klägerin als Organgesellschaft organisatorisch eingegliedert war. Denn eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG scheitert bereits daran, dass nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 22. April 2010 V R 9/09 (BFHE 229, 433 ) eine GmbH nicht finanziell in eine Personengesellschaft eingegliedert sein kann, wenn mehrere Gesellschafter nur gemeinsam über die Anteilsmehrheit an der GmbH und der Personengesellschaft verfügen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf dieses Urteil, mit dem er seine frühere Rechtsprechung, nach der in derartigen Fällen eine Organschaft in Betracht kam, aufgegeben hat.

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