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Zugewinnausgleich

 Normen 

§§ 1373 ff. BGB

 Information 

1. Allgemein

Der Zugewinnausgleich ist ein bei im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebenden Ehegatten im Falle der Beendigung des Güterstandes durchzuführender Vermögensausgleich.

Der BGH hat entschieden (06.02.2002 - XII ZR 213/00), dass der Zugewinnausgleich ausgeschlossen ist, wenn die Parteien sehr lange getrennt gelebt haben (im zu entscheidenden Fall waren es 17 Jahre) und der den Zugewinn erzielende Partner den wesentlichen Teil des Zugewinns in der Trennungszeit erzielt hat.

Aber: Nach der Rechtsprechung begründet allein die Tatsache, dass die Parteien ungewöhnlich lange keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr unterhalten haben, nicht die Annahme einer unbilligen Härte der Ausgleichspflicht. Hinzukommen müssen weitere Umstände. Hintergrund ist, dass nach dem Zugewinnausgleichsrecht die Eheleute die Möglichkeit des § 1385 BGB vorzeitigen Zugewinnausgleichs (durch die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft) in Anspruch nehmen können (BGH 09.10.2013 - XII ZR 125/12).

2. Zugewinnausgleich - Berechnung

Siehe den Beitrag "Zugewinnausgleich - Berechnung".

3. Schutz vor Vermögensmanipulationen im Rahmen der Scheidung

Gesetzliche Regelungen:

Vermögensverschiebungen des ausgleichspflichtigen Ehegatten sollen durch § 1375 Abs. 2 BGB beschränkt werden:

Durch § 1375 Abs. 2 BGB kommt es zu einer Umkehr der Beweislast. Sofern es in dem Zeitraum von der Trennung bis zum Stichtag der Berechnung des Endvermögens zu einer Vermögensminderung gekommen ist, muss der Ehepartner darlegen und beweisen, dass die Vermögensminderung nicht auf den Handlungen nach § 1375 Abs. 2 Nummern 1 - 3 BGB beruht:

Danach wird dem Endvermögen eines Ehegatten der Betrag hinzugerechnet, um den dieses Vermögen unter anderem dadurch vermindert ist, dass ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands Vermögen verschwendet hat oder Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen. Dabei ist unter Verschwendung das ziellose und unnütze Ausgeben von Geld in einem Maße zu verstehen, das in keinem Verhältnis zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Ehegatten stand. Ein großzügiger Lebensstil oder ein Leben über die Verhältnisse reicht dagegen nicht aus (BGH 12.11.2014 - XII ZB 469/13).

Gemäß § 1384 BGB kommt es auch für die Begrenzung der Ausgleichsforderung auf die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags an. Damit können Vermögensänderungen nach Zustellung des Scheidungsantrags die Höhe des Anspruchs nicht mehr beeinflussen.

Vertragliche Regelungen:

Durch die Vereinbarung einer modifizierten Zugewinngemeinschaft in einem Ehevertrag kann vereinbart werden, dass ein anderer als der gesetzlich vorgesehene Endzeitpunkt zur Berechnung des Zugewinnausgleichs (§ 1384 BGB) vereinbart, z.B. der Vermögensstand zum Zeitpunkt von einem Jahr vor der Stellung des Scheidungsantrags.

4. Auskunftsanspruch

Gemäß § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BGB kann im Zugewinnausgleichsverfahren jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung und über das für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgebliche Vermögen verlangen. Nach § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB sind insoweit auf Anforderung Belege vorzulegen.

Der Auskunftsanspruch umfasst nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/10798) alle für die Berechnung des Anfangs- oder Endvermögens maßgeblichen Informationen. Er schließt damit auch Auskünfte über Vermögensbestandteile ein, die dem Anfangsvermögen oder dem Endvermögen hinzuzurechnen sind. Erfasst wird auch die Vorlage von Belegen zu den erteilten Auskünften.

Die Pflicht zur Auskunft und Belegvorlage entfällt ausnahmsweise dann, wenn sich diese unter keinen denkbaren Umständen auf die Höhe des Ausgleichsanspruchs auswirken können (BGH 23.02.2022 - XII ZR 38/21; BGH 04.12.2013 - XII ZB 534/12).

5. Berücksichtigung einzelner Vermögenswerte

Siehe den Beitrag "Zugewinnausgleich - Berücksichtigung einzelner Vermögenswerte".

6. Leistungsverweigerung wegen grober Unbilligkeit

Der Umstand allein, dass einer der Ehegatten über ein wesentlich höheres Endvermögen verfügt als der andere, macht gemäß der Entscheidung OLG Düsseldorf 05.11.2014 - II-5 UF 71/14 den Zugewinnausgleich nicht unbillig i.S. von § 1381 BGB. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass der Zugewinn ohne die Mitwirkung des anderen erzielt wurde (hier: Wertsteigerung von baureif gewordenen Grundstücken).

7. Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern

Zuwendungen von Schwiegereltern können bei Vorliegen der Voraussetzungen zurückgefordert werden.

8. Teilklage

Bei der gerichtlichen Geltendmachung des Zugewinnausgleichs wird dieser zur Verringerung des Kostenrisikos oftmals zunächst nur zu einem Teil in der Form der Teilklage eingeklagt. Dabei hat der Rechtsanwalt darauf zu achten, dass der nicht eingeklagte Teil in der Zwischenzeit nicht verjährt. Das OLG Schleswig hat in seinem Urteil vom 11.03.2004 - 11 U 27/02 hohe Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts gestellt: Danach ist es nicht ausreichend, wenn der nur einen Teilbetrag einklagende Rechtsanwalt den Mandanten auf die drohende Verjährung hinweist. Erforderlich ist vielmehr ein eindeutiger Hinweis, dass der Restbetrag ohne einen eindeutigen Klageauftrag nicht geltend gemacht werde, sowie die eigene Fristenkontrolle zur erneuten Erinnerung des Mandanten kurz vor dem Ablauf der Verjährung.

9. Verjährung

9.1 Allgemein

Der Anspruch auf den Zugewinn verjährt gemäß § 199 BGB in drei Jahren. Der Lauf der Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem

  • der Anspruch fällig ist

    und

  • der Gläubiger von den seinen Anspruch begründenden Tatsachen und der Person des Schuldners Kenntnis erhält oder ohne grobe Fahrlässigkeit erhalten müsste.

Der Anspruch ist - unabhängig von der Kenntnis - spätestens in 10 Jahren verjährt, beginnend mit der Entstehung des Anspruchs.

9.2 Befristeter Verjährungsverzicht

Der BGH hat die folgenden Grundsätze über die Wirkungen eines zwischen den Eheleuten vereinbarten befristeten Verjährungsverzichts aufgestellt (BGH 07.05.2014 - XII ZB 141/13):

  • Nach der Rechtsprechung des BGH wird durch einen vom Schuldner erklärten befristeten Verjährungsverzicht der Ablauf der Verjährung zwar nicht beeinflusst. Folge des Verzichts ist jedoch, dass die Befugnis des Schuldners, die Einrede der Verjährung zu erheben, für den genannten Zeitraum ausgeschlossen ist. Die Reichweite des Verjährungsverzichts ist durch Auslegung der Verzichtserklärung zu ermitteln.

  • Da der Verzicht den Gläubiger von der Notwendigkeit der alsbaldigen gerichtlichen Geltendmachung seines Anspruchs entheben soll, bleibt er auch nach Ablauf der vom Schuldner eingeräumten Frist wirksam, wenn der Gläubiger die Streitsache vor Ablauf der Frist rechtshängig macht.

  • Dagegen lässt sich die weiter gehende Annahme, der Schuldner wolle den Gläubiger allgemein so stellen, als würde die Verjährung erst mit dem Ablauf der Verzichtsfrist eintreten, nicht ohne Weiteres rechtfertigen. Ein derart umfassender Verzichtswille kann dem Schuldner in Anbetracht der genau bestimmten Frist regelmäßig nicht unterstellt werden und findet auch aus der Sicht des Gläubigers als Erklärungsempfänger keine Rechtfertigung. Der Gläubiger ist daher bei bevorstehendem Ablauf der Frist abgesehen von einer möglichen Fristverlängerung durch den Schuldner gehalten, den Anspruch noch innerhalb der eingeräumten Frist gerichtlich geltend zu machen.

 Siehe auch 

Direktversicherung - Allgemein

Ehegatteninnengesellschaft

Ehewohnung

Good will

Güterstand

Haushaltsgegenstände

Innengesellschaft

Scheidung - Gemeinsame Schulden

Scheidung - Miteigentum

Unbenannte Zuwendungen

Zugewinnausgleich - Berücksichtigung einzelner Vermögenswerte

Zugewinngemeinschaft

BGH 15.08.2012 - XII ZR 80/11 (Anspruch auf Auskunft über illoyale Vermögensminderungen)

BGH 12.11.2008 - XII ZR 134/04 (nachträgliche Geltendmachung einer weiteren Forderung)

BGH 17.10.2007 - XII ZR 96/05 (Ehevertraglicher Verzicht auf Zugewinnausgleich)

BGH 06.02.2002 - XII ZR 213/00 (Ausschluss des Zugewinns nach 17-jähriger Trennung)

BGH 20.09.1995 - XII ZR 16/94

BGH 09.06.1993 - XII ZR 36/92

BGH 18.03.1992 - XII ZR 62/90

BGH 27.01.1988 - IVb ZR 13/87

OLG Zweibrücken 28.09.2018 - 2 UF 34/18 (Grobe Unbilligkeit des Zugewinnausgleichs)

Brudermüller: Die Entwicklung des Familienrechts seit September 2018 - Güterrecht und Versorgungsausgleich; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2019, 1260

Fischinger: Schutz des Zugewinnausgleichsschuldners bei unverschuldetem Vermögensverfall zwischen Rechtshängigkeit und Rechtskraft; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2012, 3611

Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein: Handbuch des Fachanwalts Familienrecht; 12. Auflage 2021

Herr: Weitere Aspekte zum Vergleich zwischen Ehegatteninnengesellschaft und Zugewinnausgleich; Der Familien-Rechts-Berater - FamRB 2011, 86

Kogel: Die Indexierung von negativem Anfangsvermögen nach der Güterrechtsnovelle; Neue Juristische Wochenschrift - 2010, 2025

Kogel: Zugewinn nach der Reform - gut gemacht oder doch nur gut gemeint? Die neuen Regelungen im BGB; Anwaltsblatt - AnwBl 2009, 572

Kuckenburg / Perleberg-Kölbel: Unternehmen und Unternehmer im Familienrecht; 1. Auflage 2017

Münch: Ehebezogene Rechtsgeschäfte; 5. Auflage 2020

Münch: Die Scheidungsimmobilie; 3. Auflage 2019

Spieker: Ermittlung der "fiktiven Steuerlast" beim Zugewinnausgleich. Erstreckung auf alle Vermögensgegenstände?; Neue Zeitschrift für Familienrecht - NZFam 2015, 394

Wönne: Abgrenzung von Zugewinnausgleich zu Hausratsverordnung und Versorgungsausgleich unter Berücksichtigung der Strukturreform; Familie - Partnerschaft - Recht - FPR 2009, 293