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Weiterbildung

 Normen 

§§ 81 - 87 SGB III

§ 16j SGB II

BT-Drs. 19/4948

BT-Drs. 20/1636

BT-Drs. 20/3873

 Information 

1. Einführung

Weiterbildung ist der Oberbegriff für berufliche Fortbildungen, Umschulungen und Bildungsurlaube. Kennzeichnend ist, dass es sich nicht um eine berufliche Erstausbildung handelt:

Eine Steigerung der Breite und Tiefe der in einer Berufsausbildung vermittelten Fachkenntnisse erfolgt gemäß §§ 1 Abs. 4, 53 BBiG durch eine berufliche Weiterbildung / Fortbildung.

Das Recht der Weiterbildung selbst ist nicht gesetzlich geregelt. Nur die von den Agenturen für Arbeit geförderte Weiterbildung hat in den §§ 81 ff. SGB III eine gesetzliche Grundlage gefunden.

Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses zum Zwecke der Weiterbildung ist jedoch in den folgenden Fällen gesetzlich geregelt:

Zudem sind die einzelnen Weiterbildungen in einer Prüfungsverordnung oder Ähnlichem geregelt.

Im Unternehmen ist die Weiterbildung der Arbeitnehmer ein Bereich der Personalentwicklung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gehört die Weiterbildung zu den selbstverständlichen Pflichten eines Arbeitnehmers, die in einer Stellenbeschreibung nicht gesondert zu erwähnen ist.

Neues Recht:

Ziel des größtenteils am 01.04.2024 in Kraft tretenden "Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung" ist es, durch den Strukturwandel bedingte Arbeitslosigkeit zu vermeiden, dringend benötigte Fachkräfte auszubilden, Fachkräfte in den Unternehmen zu halten und dort für neue Aufgaben und Tätigkeitsfelder weiterzuqualifizieren.

Dazu kommt es u.a. zu folgenden Änderungen:

  • Reform der Weiterbildungsförderung Beschäftigter nach § 82 des SGB III

  • Einführung eines Qualifizierungsgeldes

  • Einführung einer Ausbildungsgarantie

  • Verlängerung der Erstattungen bei beruflicher Weiterbildung während Kurzarbeit

2. Übernahme der Kosten durch den Arbeitgeber

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nicht zur Übernahme der Kosten einer Weiterbildung des Arbeitnehmers verpflichtet.

Aber: Der zum 01.08.2022 neu gefasste § 111 GewO stellt sicher, dass Arbeitnehmer in den Fällen, in denen ihr Arbeitgeber durch oder aufgrund einer gesetzlichen, tarifvertraglichen oder einer Bestimmung einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet ist, ihnen eine Fortbildung anzubieten, die für die Erbringung ihrer Arbeitsleistung erforderlich ist, diese kostenfrei in Anspruch nehmen können.

Eine Drittfinanzierung der Fortbildung ist damit ebenso wenig ausgeschlossen wie eine Kostenteilung zwischen Arbeitgeber und einem Dritten, sofern es hierdurch nicht zu einer Inanspruchnahme der Arbeitnehmer kommt.

Nicht unter die Regelung fallen Einweisungen in ein bestimmtes Arbeitsgebiet oder Anweisungen für die Erledigung einer Arbeitsaufgabe, die unter Beibehaltung der bisherigen Rechtslage unter Fortzahlung der regelmäßigen Vergütung innerhalb der Arbeitszeit stattzufinden haben.

Liegt eine Fortbildung im Sinne dieser Regelung vor, so soll diese möglichst während der individuellen Arbeitszeit der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers durchgeführt werden. Ist dies im Einzelfall, etwa aufgrund dringender betrieblicher Belange oder weil die Fortbildung nicht im Rahmen der Arbeitszeit des Arbeitnehmers angeboten wird, nicht möglich, gelten die Fortbildungszeiten als Arbeitszeit.

Beispiel:

Es besteht bei der Geltung des TVöD-VKA eine Pflicht zum Anbieten der Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten bzw. zum Bachelorstudium Kommunale Verwaltungswissenschaft (zuvor: Angestelltenlehrgang A 1 und A2) gemäß der Vorbemerkung Nr. 7 zur Anlage 1 des TVöD-VKA.

3. Allgemeine Förderung von Arbeitnehmern durch die Arbeitsagentur

Mit § 82 SGB III sollen alle Arbeitnehmer unabhängig von der Qualifikation, Lebensalter und Betriebsgröße Zugang zur Weiterbildungsförderung erhalten. Zudem soll die Förderung durch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt grundsätzlich für alle beruflichen Weiterbildungen geöffnet werden. Bei den Förderleistungen ist zu unterscheiden zwischen der Übernahme von Weiterbildungskosten für Arbeitnehmer und Zuschüssen an den Arbeitgeber zum Arbeitsentgelt.

Die Förderung soll darauf gerichtet sein, Arbeitnehmern, die berufliche Tätigkeiten ausüben, die durch Technologien ersetzt werden können oder in sonstiger Weise vom Strukturwandel betroffen sind, eine Anpassung und Fortentwicklung ihrer beruflichen Kompetenzen zu ermöglichen, um den genannten Herausforderungen besser begegnen zu können.

Der Antrag auf Förderung kann bei Vorliegen der in § 82 SGB III aufgeführten Voraussetzungen auch vom Arbeitgeber gestellt und die Förderleistungen an diesen erbracht werden.

Hinweis:

Zu weiter gehenden Inhalten der Förderung siehe die Gesetzesbegründungen BT-Drs. 19/4948, Seiten 25 ff. sowie BR-Drs. 130/20.

4. Förderung durch die Arbeitsagentur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes

4.1 Allgemein

Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen wird die Teilnahme an einer Weiterbildung durch die Übernahme der Weiterbildungskosten von der Agentur für Arbeit finanziert. Rechtsgrundlagen sind die §§ 81 - 87a SGB III.

Allgemeine Voraussetzungen sind gemäß § 81 ff. SGB III:

  • Die Weiterbildung ist aus einem der folgenden Gründe notwendig:

    • Die Weiterbildung ist notwendig zur beruflichen Eingliederung bei einer bestehenden Arbeitslosigkeit.

    • Durch die Weiterbildung wird eine drohende Arbeitslosigkeit abgewendet.

    • Die Notwendigkeit der Weiterbildung wird von der Agentur für Arbeit aufgrund einer fehlenden Berufsausbildung des Bewerbers anerkannt.

      In § 81 Abs. 2 SGB III sind weitere Voraussetzungen für die Anerkennung wegen eines fehlenden Berufsabschlusses aufgeführt.

  • Vor Beginn der Teilnahme hat eine Beratung durch die Agentur für Arbeit stattgefunden.

  • Die Weiterbildungsmaßnahme sowie ihr Träger sind für die Förderung zugelassen (siehe dazu den Beitrag Fachkundige Stelle).

Gemäß § 81 Abs. 1a SGB III wird die Notwendigkeit der Weiterbildung bei arbeitslosen Arbeitnehmern auch dann anerkannt, wenn durch den Erwerb erweiterter beruflicher Kompetenzen die individuelle Beschäftigungsfähigkeit verbessert wird und sie nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig ist. Damit sollen nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs.19/4948) insbesondere die durch die Digitalisierung auf die Arbeitnehmer zukommenden beruflichen Fähigkeiten gefördert werden.

Erwerb von Grundkompetenzen:

Mit einer Neufassung § 81 Abs. 3a SGB III wurde zum 01.01.2023 die Förderung des Erwerbs von Grundkompetenzen im Rahmen der beruflichen Weiterbildungsförderung grundsätzlich auch unabhängig von einer berufsabschlussbezogenen Weiterbildung ermöglicht.

Ziel ist es, stärker als bisher arbeitsmarktrelevante Defizite insbesondere in den Bereichen Mathematik, Schreiben, Lesen und Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) ausgleichen zu können.

Bei den Entscheidungen über die Übernahme der Weiterbildungskosten handelt es sich um Ermessensentscheidungen.

Hinweis:

Zu den Möglichkeiten der von der Arbeitsagentur geförderten Weiterbildung für ältere Arbeitnehmer siehe den Beitrag "Ältere Arbeitnehmer".

4.2 Übernahme der Kosten

Bei Vorliegen der Voraussetzungen werden folgende Kosten übernommen:

  1. a)

    Förderung des Lebensunterhalts:

    Während der Teilnahme an der Weiterbildung erhält der Leistungsberechtigte gemäß § 144 SGB III zur Sicherung des laufenden Lebensunterhalts Arbeitslosengeld.

    Gemäß § 144 Abs. 1 SGB III, 139 Abs. 3 SGB III kann der Leistungsberechtigte auch dann während der Weiterbildung Arbeitslosengeld erhalten, wenn die Voraussetzungen des § 81 SGB III nicht erfüllt sind und er die Weiterbildung mit eigenen Mitteln finanziert.

    Diese Regelungen gelten gemäß § 16 SGB II auch für Bezieher des Bürgergeldes.

  2. b)

    Übernahme der Weiterbildungskosten (§§ 83 ff. SGB III):

    • Lehrgangskosten (§ 84 SGB III)

      Lehrgangskosten beinhalten die Lehrgangsgebühren sowie die Kosten der Lernmittel, Arbeitskleidung, Prüfungsgebühren, Prüfungsstücke sowie die Kosten einer Eignungsprüfung.

    • Fahrtkosten (§ 85 SGB III)

    • Kosten einer auswärtigen Unterbringung und Verpflegung (§ 86 SGB III)

    • Kosten einer Kinderbetreuung (§ 87 SGB III)

4.3 Zahlung einer Prämie für den Abschluss einer Berufsausbildung

Arbeitnehmer, die eine berufsabschlussbezogene Weiterbildung nach § 81 SGB III absolvieren, erhalten eine Prämie in Höhe von 1.000,00 EUR für eine erfolgreiche Zwischenprüfung oder des ersten Teils einer gestreckten Abschlussprüfung sowie in Höhe von 1.500,00 EUR für das Bestehen der Abschlussprüfung.

5. Bürgergeldbonus

Als Bürgergeldbonus wird gemäß dem am 01.07.2023 in Kraft getretenen § 16j SGB II an erwerbsfähige Leistungsberechtigte ein finanzieller Bonus in Höhe von jeweils 75,00 EUR monatlich gezahlt für jeden Monat der Teilnahme an einer der in § 16j Nr. 1 - 3 SGB II aufgeführten Maßnahmen.

Nach Nummer 1 wird der Bonus für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach den §§ 81 und 82 SGB III sowie für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gezahlt, wenn die Maßnahme eine Mindestdauer von acht Wochen hat. Die Mindestdauer sichert eine zweckmäßige Abgrenzung zu den Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 45 SGB III, für die eine Maximaldauer zur beruflichen Qualifizierung von bis zu acht Wochen gilt. Zu den Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung zählen auch Weiterbildungen, die der Anerkennung eines ausländischen Abschlusses dienen. Berufliche Weiterbildungen, die das Nachholen eines Berufsabschlusses vorsehen, sind von der Bonuszahlung ausgenommen. Für Teilnehmer berufsabschlussbezogener Weiterbildungen nach § 81 Absatz 2 SGB III wird mit diesem Gesetz ein monatliches Weiterbildungsgeld (§ 87a Abs. 2 SGB III) eingeführt. Eine Doppelförderung von Weiterbildungsgeld und Bonus wird somit ausgeschlossen.

6. Förderung von älteren Arbeitnehmern

Siehe insofern den Beitrag "Ältere Arbeitnehmer".

 Siehe auch 

Berufsausbildungsverhältnis

Bildungsurlaub

BAföG

Bundesinstitut für Berufsbildung

Fachanwalt - Fortbildung

Fortbildung

Juristenausbildung

Master of Laws (LL.M.)

Notar - Ausbildung

Rechtsanwalt - Berufsausbildung

Rückzahlungsklausel - Weiterbildungskosten

Eicher/Schlegel: SGB III - Arbeitsförderungsrecht; Loseblattwerk

Krause: Berufliche Weiterbildung in der Transformation der Arbeitswelt. Der Beitrag des Betriebsverfassungsrechts; Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht - NZA 2022, 737