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Führungszeugnis

 Normen 

§§ 30 ff. BZRG

 Information 

1. Allgemein

Das Führungszeugnis ist eine Auskunft über alle im Bundeszentralregister noch nicht getilgten Strafvermerke in Bezug auf eine Person. Die Erteilung eines Führungszeugnisses geschieht auf Antrag durch das Bundesamt für Justiz.

Das Bundeszentralregister ist eine vom Bundesamt für Justiz geführte Datenbank über rechtskräftige Verurteilungen. Daneben werden bestimmte Entscheidungen von Verwaltungsbehörden aufgeführt, insbesondere aus dem Ausländerrecht und dem Vormundschaftsrecht, sowie Verurteilungen gegen Deutsche im Ausland.

Nicht im Führungszeugnis erwähnt werden:

Die (gebührenpflichtige) Erteilung eines Führungszeugnisses kann von jeder Person beantragt werden, die das 14. Lebensjahr vollendet hat. Der Antrag ist grundsätzlich bei dem Einwohnermeldeamt zu stellen.

Die Eintragungen im Bundeszentralregister werden nach Ablauf bestimmter, in § 34 BZRG festgelegter Fristen gelöscht. Die Grundlöschungsfrist beträgt dabei drei Jahre.

2. Amtliches Führungszeugnis

Dient das Führungszeugnis der Vorlage einer Behörde (amtliches Führungszeugnis), z.B. bei der Einstellung in den juristischen Vorbereitungsdienst, so wird es direkt der Behörde übersandt. Daneben hat das amtliche Führungszeugnis einen erweiterten Inhalt. Aufgeführt werden zusätzlich:

3. Erweitertes Führungszeugnis

In der Praxis verlangen potenzielle Arbeitgeber vor der Einstellung oft ein Führungszeugnis des Bewerbers, um anhand etwaiger Eintragungen die Eignung für Beschäftigungsverhältnisse unter dem Aspekt früherer Straffälligkeit zu überprüfen. Das geltende Recht trägt diesem Anliegen grundsätzlich Rechnung; gleichwohl gibt es eine Reihe von Registereintragungen über frühere Verurteilungen, die vor allem für eine Eignungsprüfung im Rahmen des § 72a SGB VIII von Bedeutung sein können, jedoch nicht in ein Führungszeugnis aufgenommen werden.

Die Erfahrung zeigt, dass sich Menschen mit pädophilen Neigungen bewusst Betätigungsfelder mit einer Nähe zu Kindern und Jugendlichen suchen.

Aufgrund der Tatsache, dass es bei bestimmten beruflichen oder ehrenamtlichen jugend- und kindernahen Tätigkeiten ein Bedürfnis für eine erweiterte Auskunftspflicht gibt, wurde zum 1. Mai 2010 ein erweitertes Führungszeugnis eingeführt. Rechtsgrundlage sind die §§ 30a ff. BZRG.

Ein erweitertes Führungszeugnis ist gemäß § 32 Absatz 5 BZRG ein Führungszeugnis, das grundsätzlich alle Verurteilungen wegen Straftaten enthält, die in § 72a SGB VIII aufgeführt sind. In das erweiterte Führungszeugnis werden insbesondere auch einmalige Eintragungen mit einer Verurteilung zu einer niedrigen Strafe wegen einer der genannten Straftaten aufgenommen.

Damit die betroffene Person vor einer unberechtigten Anforderung eines erweiterten Führungszeugnisses geschützt ist, kann das erweiterte Führungszeugnis nur in den folgenden, durch eine Bescheinigung nachzuweisenden Fällen beantragt werden. Dabei ist wie folgt zu unterscheiden:

  1. a)

    Das Führungszeugnis wird durch die betroffene Person selbst beantragt (§ 30a BZRG):

    • Die Beantragung ist in einem Gesetz ausdrücklich geregelt.

    • Die Person soll Minderjährige beruflich oder ehrenamtlich beaufsichtigen, betreuen, erziehen oder ausbilden.

    • Die Person möchte eine Tätigkeit aufnehmen, die in einer der Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung vergleichbaren Weise geeignet ist, Kontakt zu Minderjährigen herzustellen. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/12427) können hierunter beispielsweise die Tätigkeit als Hausmeister an Schulen oder Bademeister in einem öffentlichen Schwimmbad fallen.

  2. b)

    Das Führungszeugnis wird von einer Behörde beantragt (§ 31 Absatz 2 BZRG):

    Voraussetzung ist, dass das Zeugnis zur Erledigung einer hoheitlichen Aufgabe benötigt wird und eine Aufforderung an den Betroffenen, ein Führungszeugnis vorzulegen, nicht sachgemäß ist oder erfolglos bleibt. Die Behörde hat dem Betroffenen auf Verlangen Einsicht in das Führungszeugnis zu gewähren.

Die Erhebung, Speicherung, Veränderung und Nutzung der sich aus den vorgelegten Führungszeugnissen ergebenden Daten wurde in § 72a SGB VIII neu geregelt.

Nunmehr ist es möglich, die Tatsache der Einsichtnahme in das erweiterte Führungszeugnis zu speichern, auch wenn diese Einsichtnahme nicht zu einem Ausschluss der Person, die das erweiterte Führungszeugnis betrifft, geführt hat. Die Ausweitung der Sperrfrist auf eine sechsmonatige Speicherfrist war erforderlich, um auch neben- und ehrenamtlich Tätigen in der Kinder- und Jugendhilfe eine vorübergehende Unterbrechung und anschließend voraussetzungslose Wiederaufnahme der Tätigkeit zu ermöglichen.

Datenschutz:

Der Datenschutz von Personen, die ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen, ist in § 72a Abs. 5 SGB VIII sowie in § 30a Abs. 3 BZRG geregelt.

4. Europäisches Führungszeugnis

§ 30b BZRG regelt den Inhalt und die Erteilungsvoraussetzungen für das Europäische Führungszeugnis.

In das Europäische Führungszeugnis wird bei Personen, die die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzen, zusätzlich zu den Eintragungen eines einfachen oder erweiterten (Behörden-)Führungszeugnisses die Mitteilung über Eintragungen im Strafregister ihres Herkunftsmitgliedstaates aufgenommen. Dies setzt voraus, dass der Herkunftsmitgliedstaat eine Übermittlung nach seinem Recht vorsieht.

Dabei ist die Aufnahme aller Verurteilungen von EU-Gerichten für alle EU-Bürger nunmehr Pflicht und stellt sie damit deutschen Staatsangehörigen gleich, in deren Führungszeugnisse ebenfalls grundsätzlich alle EU-Verurteilungen aufgenommen werden. Die Regelung gilt für alle Arten der Führungszeugnisse, sodass die ausländischen Eintragungen in einfache und erweiterte Führungszeugnisse sowie (erweiterte) Behördenführungszeugnisse, die auf Antrag der betroffenen Personen erteilt werden, aufzunehmen sind.

Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/5224) werden in ein Europäisches Führungszeugnis alle Angaben aufgenommen, welche vom Herkunftsmitgliedstaat mitgeteilt werden. Die mitgeteilten Angaben werden nicht übersetzt. Die Aufnahme von Angaben in das Führungszeugnis erfolgt vollständig in dem Umfang, in dem sie tatsächlich mitgeteilt wurden. Die Mitteilung "Keine Eintragung" wird ebenfalls beigefügt. Bei der Aufnahme wird keine inhaltliche Überprüfung dieser Angaben durchgeführt. Eine Aufnahme in das Führungszeugnis erfolgt auch dann, wenn eine vergleichbare deutsche, im Zentralregister eingetragene Verurteilung nicht in ein Führungszeugnis aufgenommen wird, weil beispielsweise die Frist zur Aufnahme in das Führungszeugnis abgelaufen ist oder die Voraussetzungen einer Aufnahme nicht vorliegen.

Im Juli 2020 wurde das Europäische Führungszeugnis auf Drittstaatsangehörige erweitert.

Für diese Personengruppe gibt es kein Strafregister in einem Mitgliedstaat, in welchem zentral alle Verurteilungen durch Gerichte der Europäischen Union gespeichert werden. Da bei diesen Personen daher eine zentrale Erfassung der Verurteilungen durch Gerichte der Europäischen Union nicht erfolgen kann, ist durch die Verordnung 2019/816 die Einrichtung des zentralen Systems ECRIS-TCN geregelt worden. Dort werden nach rechtskräftiger Verurteilung die Daten des genannten Personenkreises gespeichert.

 Siehe auch 

Freiheitsstrafe

https://www.fuehrungszeugnis.bund.de/

Jaklin: Die Ausweitung des "Härteausgleichs" auf das polizeiliche Führungszeugnis; Strafverteidiger - StV 2019, 291

Joussen: Das erweiterte Führungszeugnis im Arbeitsverhältnis; Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht - NZA 2012, 776

Külz/Odenthal: Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet: Eintrag im Führungszeugnis trotz Verurteilung zu weniger als 90 Tagessätzen; Praxis Steuerstrafrecht - PStR 2016, 173

Pfeiffer: Besserer Schutz von Kindern und Jugendlichen durch ein neues "erweitertes Führungszeugnis"; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2010, 1109

Pfeiffer: Die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister und das Führungszeugnis; Neue Zeitschrift für Strafrecht - NStZ 2000, 402