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Altersteilzeit

 Normen 

AltTZG

§ 3, 32b, 41, 41b, 42b EStG

 Information 

1. Einführung

Altersteilzeit ist der durch den Arbeitgeber und durch steuerliche Begünstigungen geförderte schrittweise Ausstieg der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsleben.

Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Inanspruchnahme der Altersteilzeit kann sich aus Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben (bei Beamten gesetzliche Grundlage), ansonsten ist eine (freiwillige) Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erforderlich. Auch kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zu dem Abschluss eines Altersteilzeitvertrages zwingen, z.B. durch den Ausspruch einer Änderungskündigung.

Die Altersteilzeit kann dabei auch im Rahmen eines Arbeitszeitkontos in der Form eines Langzeitarbeitskontos geregelt werden.

Zu den Voraussetzungen einer Altersteilzeit für Beamte siehe den Beitrag "Beamte - Altersteilzeit für Beamte".

2. Inhalt der Altersteilzeit

  1. a)

    Das Altersteilzeitgesetz regelt im Wesentlichen das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Agentur für Arbeit (für die noch geförderten Altfälle) sowie die allgemeinen Voraussetzungen der Altersteilzeit (§ 2 AltTZG).

    Nicht im Altersteilzeitgesetz geregelt ist das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer.

    Hinweis:

    Die staatlichen Förderungen für Neuanträge nach dem Altersteilzeitgesetz (durch Aufstockung) sind zum 31.12.2009 ausgelaufen! Bestehen geblieben sind jedoch die steuerlichen Förderungen der Altersteilzeit.

  2. b)

    Für den Bereich des TVöD (Bund und Kommunen) wurde mit der Tarifeinigung 2010 die Altersteilzeit wieder eingeführt. Rechtsgrundlagen sind

    • der "Tarifvertrag zu flexibler Arbeitszeitregelungen für ältere Beschäftigte - TV FlexAZ" (VKA) bzw.

    • der "Tarifvertrag zur Regelung flexibler Arbeitszeiten für ältere Beschäftigte" (Bund).

    Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmer ab der Vollendung des 60. Lebensjahres.

    Bei dem Anspruch auf die Altersteilzeit ist zwischen zwei Formen zu unterscheiden:

    • Altersteilzeit in Restrukturierungs- und Stellenabbaubereichen:

      Altersteilzeit kann bei dienstlichem oder betrieblichem Bedarf vereinbart werden, wenn die persönlichen Voraussetzungen vorliegen.

    • Altersteilzeit im Übrigen:

      Bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen des Antragstellers besteht ein Anspruch auf die Altersteilzeit. Aber:

      Der Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ist ausgeschlossen, wenn und solange 2,5 % der Beschäftigten der Verwaltung / des Betriebes von einer Altersteilzeitregelung Gebrauch machen. Maßgeblich für die Berechnung der Quote ist die Anzahl der Beschäftigten zum Stichtag 31. Mai des Vorjahres.

      Zudem kann der Arbeitgeber den Anspruch ablehnen, wenn dienstliche oder betriebliche Gründe entgegenstehen.

  3. c)

    Auch in den meisten kirchlichen Kollektivvereinbarungen/Tarifverträgen ist die Möglichkeit der Altersteilzeit (wieder) geregelt.

  4. d)

    Für die von dem TV-L erfassten Landesangestellten gibt es keine einheitliche Regelung. Jedoch hat die Tarifgemeinschaft der Länder es für zulässig erklärt, dass die einzelnen Bundesländer jeweils individuelle Regelungen erlassen oder fortführen. Dementsprechend bestehen unterschiedliche Regelungen.

3. Formen

Die Altersteilzeit kann als Blockmodell oder in der Form der durchgehenden Teilzeitbeschäftigung ausgeführt werden:

Bei Altersteilzeit im Blockmodell arbeitet der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase voll und während der Freistellungsphase nicht. Er erhält durchgängig die für die Altersteilzeit vorgesehene Vergütung.

Können sich die Arbeitsvertragsparteien nicht auf ein Modell einigen, gilt Folgendes:

Die Lage der Arbeitszeit (und dazu gehört auch die Festlegung auf ein Altersteilzeit-Modell) unterliegt grundsätzlich dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Dieser hat jedoch die bei der Ausübung des Direktionsrechts zu beachtenden Grundsätze des billigen Ermessens zu beachten: Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (BAG 23.09.2004 - 6 AZR 567/03).

Die ggf. von dem Arbeitgeber vorgetragenen (tatsächlich bestehenden) höheren Kosten des Blockmodells sind unbeachtlich: Die allgemein mit dem Blockmodell verbundene etwas höhere finanzielle Belastung des Arbeitgebers reicht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht als Ablehnungsgrund des Blockmodells (BAG 23.01.2007 - 9 AZR 624/06). Andernfalls würde der Anspruch des Arbeitnehmers auf das Blockmodell nur auf dem Papier bestehen, da er jederzeit von dem Arbeitgeber unter Hinweis auf die erhöhten Kosten blockiert werden könnte. Dem Gesetzgeber bzw. den Tarifvertragsparteien war jedoch bei der Einräumung des Blockmodells bewusst, dass diese Form der Altersteilzeit höhere Kosten verursacht (ArbG Frankfurt am Main 17.10.2005 - 1 Ca 5187/05).

Verpflichtet sich ein Arbeitgeber in einer Vereinbarung über Altersteilzeit, dem jeweiligen Arbeitnehmer in der Freistellungsphase einen bestimmten Prozentsatz des bisherigen Arbeitsentgelts zu zahlen, so ist für diese Verpflichtung bereits während der vorangehenden Beschäftigungsphase eine ratierlich aufzubauende Rückstellung zu bilden (BFH 30.11.2005 - I R 110/04).

4. Gleichbehandlungsgrundsatz

Schließt der Arbeitgeber mit Arbeitnehmern Altersteilzeitarbeitsverträge, obwohl er wegen Überschreitens der Überlastquote hierzu nicht verpflichtet ist, erbringt er eine freiwillige Leistung und hat deshalb bei der Entscheidung über den Antrag eines weiteren Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten (BAG 15.11.2011 - 9 AZR 387/10).

5. Tariferhöhungen in der Freistellungsphase

Die in einem Tarifvertrag geregelte Herausnahme von Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell von tariflichen Vergütungsänderungen, die nach dem ersten Monat der Freistellungsphase wirksam werden, ist zulässig. Die Abkopplung des Altersteilzeitentgelts in der Freistellungsphase von einer dynamischen tariflichen Entgeltentwicklung knüpft nicht an die Dauer der Arbeitszeit an, sondern ausschließlich an deren Lage (BAG 19.01.2016 - 9 AZR 564/14).

6. Vergütung in der Insolvenz

Die Vergütungsansprüche in der Insolvenz des Arbeitgebers bei einer Altersteilzeit im Blockmodell sind nach der Entscheidung BAG 19.12.2006 - 9 AZR 230/06 wie folgt aufzuteilen:

Die vom Arbeitgeber während der Freistellungsphase zu erbringenden Leistungen sind eine in der Fälligkeit hinausgeschobene Vergütung, welche für die während der Arbeitsphase geleistete, über die hälftige Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit erbracht wird. Dabei sind die in der Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmer Insolvenzgläubiger, soweit sie Vergütungsansprüche geltend machen, die für ihre Arbeitsleistung vor der Insolvenzeröffnung zu erbringen sind, und Massegläubiger, soweit sie Vergütungsansprüche für Arbeitsleistung nach Insolvenzeröffnung verlangen.

Diese Abgrenzung der Vergütungsforderungen nach dem Kriterium, wann die der Forderung zugrunde liegende Arbeitsleistung erbracht worden ist, ist deshalb geboten, weil es von Bedeutung ist, inwieweit die vom Arbeitnehmer erbrachten Leistungen der Masse zugute gekommen sind. Unerheblich ist, wann der Arbeitnehmer die Vergütungszahlung verlangen kann.

7. Urlaub

Das BAG hat die für die Frage des Urlaubsanspruchs in der Altersteilzeit in der Form des Blockmodells wie folgt beantwortet (BAG 24.09.2019 - 9 AZR 481/18):

  • Der gesetzliche Urlaubsanspruch für den Zeitraum der Altersteilzeit ist nach § 3 Abs. 1 BUrlG jahresbezogen nach der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht zu berechnen.

  • Mit der Entscheidung, das Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell fortzuführen, treffen die Arbeitsvertragsparteien eine Vereinbarung über die Verteilung der Arbeitszeit für den Gesamtzeitraum der Altersteilzeit, die den Arbeitnehmer allein in der Arbeitsphase zur Arbeitsleistung verpflichtet und ihn in der Freistellungsphase von vornherein von der Arbeitspflicht entbindet.

  • Einem Arbeitnehmer, der sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindet, steht mangels Arbeitspflicht kein gesetzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub zu. Vollzieht sich der Wechsel von der Arbeits- zur Freistellungsphase im Verlauf des Kalenderjahres, ist der gesetzliche Urlaubsanspruch nach Zeitabschnitten entsprechend der vertraglich vorgesehenen Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht zu berechnen.

 Siehe auch 

Altersrente

Arbeitszeitkonto

Betriebliche Altersversorgung

Erwerbsunfähigkeitsrente

Frühverrentung

Rentenarten

Sabbatical

Teilrente

Verminderte Erwerbsfähigkeit

Wartezeit

BVerwG 19.11.2015 - 2 C 3/15 (Abgeltung des vor der Altersteilzeit nicht genommenen Urlaubs)

BAG 12.04.2011 - 9 AZR 19/10 (Arbeitszeitverteilung bei Altersteilzeit im Teilzeitmodell)

BAG 04.05.2010 - 9 AZR 155/09 (Rückwirkende Umwandlung des Arbeitsverhältnisses in ein Teilzeitarbeitsverhältnis)

BAG 23.01.2007 - 9 AZR 393/06 (Anspruch ab dem 60. Lebensjahr)

BAG 16.08.2005 - 9 AZR 470/04 (Haftung)

BAG 19.10.2004 - 9 AZR 647/03 (Altersteilzeit in der Insolvenz)

BSG 25.08.2004 - B 12 KR 22/02 (Höhe der Krankenversicherungsbeiträge in der Freistellungsphase)

Baldringer/Jordans: Altersteilzeit in der Insolvenz, Betriebsübergang und Sicherung von Wertguthaben; Arbeit und Recht - AuR 2005, 429

Drespa/Meyer/Slawik: Altersteilzeit von Arbeitnehmern in öffentlichen Verwaltungen, Einrichtungen, Unternehmen und Sparkassen, Loseblatt

Fabritius: Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen von Altersteilzeit; Arbeitsrecht Aktuell - ArbR 2011, 344

Klapproth/Hock: Die neuen Tarifregelungen zur Altersteilzeit und flexiblen Altersarbeitszeit im öffentlichen Dienst; Zeitschrift für das Tarif-, Arbeits- und Sozialrecht des öffentlichen Dienstes; ZTR 2010, 278

Nicolai: Haftung für Altersteilzeitansprüche nach Betriebsübergang; Fachanwalt Arbeitsrecht - FAr 2005, 168

Thaut: Die Bilanzierung von Aufstockungsleistungen bei Altersteilzeit nach IFRS und HGB; Der Betrieb - DB 2013, 241

Zetl: Die neue Tarifregelungen zur Altersteilzeit; Die Mitarbeitervertretung - ZMV 2010, 285