Rechtswörterbuch

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Zinsen

 Normen 

§ 288 BGB

§§ 352 - 354 HGB

§ 488 BGB

§ 233a AO und BT-Drs. 20/1633 zu der Neufassung der Norm

 Information 

1. Allgemein

Zinsen sind die übliche Gegenleistung für die Überlassung von Kapital.

2. Üblicher Zinssatz

In vielen Rechtsnormen wird der "übliche Zinssatz" verlangt.

Zur Ermittlung des üblichen Zinssatzes ist nach der Rechtsprechung auf die für den entsprechenden Zeitraum gültigen Durchschnittszinssätze zurückzugreifen. Die Zinssätze können im Internet auf der Seite der Bundesbank eingesehen werden.

Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag ist zu beachten, dass die Zinssätze für erstrangig gesicherte Darlehen gelten. Bei nachrangig gesicherten Darlehen ist ein Sicherheitsaufschlag zu gewähren (BGH 18.03.2003 - XI ZR 422/01).

3. Sittenwidrige Zinshöhe

Die Höhe des vereinbarten Zinssatzes darf nicht sittenwidrig sein. Beurteilungszeitpunkt ist dabei der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbarte Zinssatz. Es bestehen zwei Formen der Sittenwidrigkeit:

Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit bzw. des Wuchers des jeweiligen Zinssatzes erfolgt nach dem Durchschnittszinssatz nach der Erhebung der "Konsumentenkredite an private Haushalte mit anfänglicher Zinsbindung von über einem Jahr bis fünf Jahre". Übersteigt der vereinbarte Zinssatz den marktüblichen Zinssatz um 100 %, so wird nach der Rechtsprechung die Sittenwidrigkeit vermutet.

4. Zinsen in den verschiedenen Rechtsverhältnissen

4.1 Verzug des Schuldners

Der im Verzug des Schuldners zu zahlende gesetzliche Verzugszins beträgt gemäß § 288 BGB 5 % über der jeweils aktuellen Höhe des Basiszinssatzes.

Kaufleute sind gemäß § 353 HGB bei einem beiderseitigen Handelsgeschäft berechtigt, Zinsen bereits ab dem Tag der Fälligkeit zu fordern. Mit Ausnahme des Verzugszinses, dessen Höhe sich nach den allgemeinen Vorschriften richtet (Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr), beträgt die Zinshöhe grundsätzlich 5 %. Es ist den Parteien aber unbenommen, einen anderen Zinssatz zu vereinbaren.

Hinweis:

Der in § 288 Abs. 2 BGB bestimmte Verzugszins für Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist (beiderseitige Handelsgeschäfte), wurde von 8 % auf 9 % über dem Basiszinssatz erhöht.

Die neue Zinshöhe gilt gemäß Art. 229 § 34 EGBGB grundsätzlich erst für Schuldverhältnisse, die seit dem 29.07.2014 entstanden sind, mit den dort genannten Ausnahmen.

4.2 Zivilprozess

Im Zivilprozess hat der Schuldner ab Rechtshängigkeit der Klage eine Geldschuld auch ohne Verzug nach § 291 BGB mit mindestens dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen. Die Vorschrift gilt im Verwaltungsprozess etc. entsprechend.

Nach der Entscheidung BGH 15.03.2012 - IX ZR 35/11 "hat ein Gläubiger, der ein nicht rechtskräftiges Berufungsurteil erwirkt hat, aus dem er nicht vollstreckt, weiterhin Anspruch auf Verzugszinsen, wenn er die ihm zur Abwendung der Zwangsvollstreckung angebotene Zahlung des Schuldners zurückweist".

Ohne Antrag wird die Zinszahlungspflicht vom Gericht nicht berücksichtigt. Bei der Berechnung der Streitwerthöhe sind die geltend gemachten Zinsen nicht zu berücksichtigen.

4.3 Unterhaltsrecht

Im Unterhaltsrecht sind die durch den Verkauf des gemeinsamen Familienheimes erhaltenen Zinsen als Einkommen zu berücksichtigen. Ebenso verhält es sich mit den Zinseinkünften aus der Auszahlung des Zugewinnausgleichs, sofern diese nicht eheprägend waren. Kreditzinsen, die der Unterhaltsschuldner zur Auszahlung des Zugewinns zahlen muss, werden nicht einkommensmindernd berücksichtigt.

4.4 Steuerrecht

Im Steuerrecht ist bei einer Fristverlängerung zur Abgabe der Jahressteuererklärung die Verzinsung zu beachten:

Vormalige Regelung:

Die Einkommen-, Körperschafts-, Umsatz- oder Gewerbesteuer war ab dem 15. Monat nach dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuerschuld entstand, mit 0,5 % zu verzinsen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die in § 233a AO festgelegte Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen in seiner damaligen Fassung für verfassungswidrig erklärt (BVerfG 08.07.2021 - 1 BvR 2237/14). Der Gesetzgeber war verpflichtet, bis zum 31.07.2022 eine verfassungsmäßige Neuregelung zu treffen.

Aktuelle Rechtslage:

Zu diesem Zweck wurde der Zinssatz für Zinsen nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 rückwirkend auf 0,15 % pro Monat (das heißt 1,8 % pro Jahr) gesenkt und damit an die verfassungsrechtlichen Vorgaben angepasst. Dieser Zinssatz trägt dem Umstand Rechnung, dass die Verzinsung nach § 233a AO sowohl für Steuernachforderungen als auch für Steuererstattungen gilt und dabei wie bisher derselbe Zinssatz gelten soll. Als Eckwerte dieses Zinssatzes dienen auf Grundlage entsprechender Daten der Deutschen Bundesbank auf der einen Seite die Habenzinsen und auf der anderen Seite Darlehenszinsen für Konsumentenkredite.

Die Angemessenheit des weiterhin festen Zinssatzes soll künftig mindestens alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume evaluiert werden, erstmals zum 1. Januar 2026. Damit wird den Forderungen des BVerfG Rechnung getragen.

Die Neuregelung des Zinssatzes für Zinsen nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 gilt nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/1633) für alle Steuern, auf die die Vollverzinsung anzuwenden ist. Eine Ausnahme einzelner Steuern, insbesondere der Umsatzsteuer, aus dem Anwendungsbereich des § 233a AO ist dabei nicht vorgesehen.

Die Entscheidung des BVerfG erstreckt sich ausdrücklich nicht auf andere Verzinsungstatbestände nach der Abgabenordnung zulasten der Steuerpflichtigen, namentlich auf Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nach den §§ 234, 235 und 237 AO.

4.5 Darlehen

Ein Darlehen ist gemäß § 488 BGB grundsätzlich zu verzinsen, auch wenn die Parteien keine Zinszahlung vereinbart haben. Die Vertragsparteien können aber auf die Zinszahlung verzichten.

4.6 Kaufvertrag

Wird in einem Kaufvertrag die Zinspflicht an den Rückstand mit der Kaufpreisforderung geknüpft, so ist zur Begründung der Zinspflicht nicht der Verzug des Käufers, sondern nur die Fälligkeit erforderlich. Die Zinszahlung ist dann ein Primäranspruch, der bei einem Übergang des Kaufpreiszahlungsanspruchs in einen Schadensersatzanspruch als Sekundäranspruch untergeht.

4.7 Schadensersatzanspruch zwischen Kaufleuten aus unerlaubter Handlung

Nach § 353 Satz 1 HGB sind Kaufleute untereinander berechtigt, für ihre Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tage der Fälligkeit an Zinsen zu fordern. Die Frage, ob diese Vorschrift auch auf Schadenersatzansprüche zwischen Kaufleuten aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 1 BGB anwendbar ist, ist erstmals mit der Entscheidung BGH 27.02.2018 - VI ZR 121/17 wie folgt festgelegt:

"Eine Geldschuld aus unerlaubter Handlung ist nicht gemäß § 353 Satz 1 HGB ab Fälligkeit zu verzinsen, auch wenn sie im Zusammenhang mit einem beiderseitigen Handelsgeschäft entstanden ist".

5. Zinseszins

Eine im Voraus getroffene Vereinbarung zur Zahlung eines Zinseszinses ist gemäß § 248 BGB nichtig. Diese dem Verbraucherschutz dienende Vorschrift gilt gemäß § 248 Abs. 2 BGB nicht für Banken, Kreditinstitute und Sparkassen. Sie können wirksam die Zahlung von Zinseszinsen versprechen (nicht fordern!). Daneben können im Rahmen eines Kontokorrents Zinseszinsen eingefordert werden.

 Siehe auch 

Basiszinssatz

Darlehen

Handelsgeschäft

Rechtshängigkeit

Schuldnerverzug

Zinsen - Sicherstellung der Besteuerung

BGH 07.12.2010 - XI ZR 348/09 (Hinausschiebens des Verjährungsbeginns bei Rechtsunkenntnis im Falle einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage)

BGH 15.09.2005 - III ZR 28/05 (Zinspflicht auch auf Anspruch aus § 667 Abs. 2 BGB)

BGH 14.09.2004 - XI ZR 11/04 (Zinsen nach dem Verbraucherkreditgesetz)

BGH 16.12.1993 - VII ZR 115/92

BGH 10.10.1991 - III ZR 308/89

BGH 05.12.1989 - VI ZR 276/88

https://www.bundesbank.de/

Assies/Heise u.a.: Handbuch des Fachanwalts Bank- und Kapitalmarktrecht; 5. Auflage 2019

Gahbler: Zinsen und Säumniszuschläge - ein Überblick; Steuer und Studium - SteuerStud 2005, 354

Hartmann: Prozente und Prozentpunkte beim Klageantrag auf Verzugszinsen; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2004, 1358

Pollmeier: Die Verjährung von Zinsen eines Kostenerstattungsanspruchs; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2018, 2306

Reichenbach: Tenor und Klageantrag bei gesetzlichen Zinssätzen mit variablen Bezugsgrößen; Monatsschrift für Deutsches Recht - MDR 2001, 13

Schnabl: Die Höhe der Prozesszinsen beim Handelsvertreterausgleich; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2009, 955

Schwintowski: Bankrecht; 6. Auflage 2022

Walzer/Ponath: Rechtsmittel gegen Zinsen bei schleppender Bearbeitung durch das Finanzamt; Der Betrieb - DB 2011, 959