Rechtswörterbuch

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Wertpapiere

 Normen 

WplG

BT-Drs. 19/26929 (zu dem WplG)

eWpG

BT-Drs. 19/26925 (zum eWpG)

RL 2019/2034

 Information 

1. Allgemein

Wertpapiere sind im weiteren Sinn alle Urkunden, in denen ein privates Recht verbrieft ist, zu dessen Ausübung der Besitz an der Urkunde erforderlich ist.

Wertpapiere im engeren Sinn sind die Urkunden, bei denen das im Papier verbriefte Recht das Eigentum an dem Papier voraussetzt.

Erinnerungsstütze:

Wertpapiere im weiten Sinne: Bei ihnen folgt das Recht am Papier dem Recht aus dem Papier.

Wertpapier im engeren Sinne: Bei ihnen folgt das Recht aus dem Papier dem Recht am Papier.

Seit dem 10.06.2021 ist auch in Deutschland die Ausgabe eines elektronischen Wertpapiers möglich, siehe insofern weiter unten.

Zu beachten:

Wertpapiere sind in der Bilanz als eigenständiges Wirtschaftsgut auszuweisen (§ 266 Abs. 2 HGB).

2. Formen

Die Wertpapiere lassen sich nach verschiedenen Kriterien in unterschiedliche Gruppen einteilen (u.a. in konstitutive und deklaratorische oder in schuldrechtliche und sachenrechtliche Wertpapiere). In der Praxis besonders wichtig ist die Unterscheidung nach dem Begünstigten:

  • Inhaberpapiere: Berechtigt ist derjenige, der das Papier besitzt

  • Namenspapiere (Rektapapiere): Berechtigt ist nur der in der Urkunde Genannte

  • Orderpapiere: Berechtigt ist die in dem Papier genannte bzw. die nach der Übertragung durch Indossament als neuer Berechtigter bezeichnete Person

  • elektronische Wertpapiere (eWertpapiere): Das Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) ist am 10.06.2021 in Kraft getreten.

    Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/26925) soll das deutsche Recht generell für elektronische Wertpapiere, d.h. Wertpapiere ohne Urkunde, geöffnet werden. Die Regelung erfolgt technologieneutral, d.h. über Blockchain begebene Wertpapiere sollen gegenüber anderen elektronischen Begebungsformen grundsätzlich nicht begünstigt werden. Die Wertpapierurkunde wird bei elektronischen Schuldverschreibungen und Anteilscheinen durch die Eintragung in ein Wertpapierregister ersetzt.

    Es soll für elektronisch begebene Wertpapiere keine neue Bezeichnung wie "Wertrechte" eingeführt werden, sondern es wird auch bei "papierlosen" Wertpapieren bei der historisch gewachsenen Bezeichnung Wertpapier bleiben. Nur die Begebungsform unterscheidet ein elektronisches Wertpapier von einem mittels Papierurkunde begeben Wertpapier.

    Es bestehen zwei Unterformen des elektronischen Wertpapiers:

    • Ein Zent-ralregisterwertpapier ist ein elektronisches Wertpapier, das in ein zentrales Wertpapierregister eingetragen ist.

    • Ein Kryptowertpapier ist ein elektronisches Wertpapier, das in ein Kryptowertpapierregister eingetragen ist.

    Gemäß § 2 Abs. 3 WpG wird eindeutig festgelegt, dass elektronische Wertpapiere wie Sachen behandelt werden, so dass Anleger denselben Eigentumsschutz genießen wie bei Wertpapierurkunden.

    Die dem Gesetz zugrunde gelegten Begriffsbestimmungen sind in § 4 WpG festgelegt.

    Die Übertragung von elektronischen Wertpapieren ist die praktisch bedeutendste Art der Verfügung. Um insoweit möglichst für Rechtssicherheit zu sorgen, ist in § 25 WpG der Modus der dinglichen Übereignung des Wertpapiers geregelt. Andere Formen der Verfügung über das Wertpapier werden von § 25 WpG nicht erfasst. Neben der dinglichen Übereignung bleibt daher auch die Abtretung von Rechten aus dem Wertpapier, also bspw. des Zinsanspruchs, unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 24 Nr. 2 WpG weiter möglich. Insoweit gelten daneben die jeweiligen sonstigen gesetzlichen Anforderungen, insbesondere zur Abtretung gemäß § 398 BGB.

3. Funktionen

Funktionen von Wertpapieren:

  • Zahlungsmittel, z.B. Schecks

  • Kapitalanlage, z.B. Aktien

  • Transportfunktion:

    Eine Transportfunktion erfüllen die Wertpapiere, bei denen das verbriefte Recht an das Eigentum am Papier gebunden ist, also Inhaberpapieren und Orderpapieren mit Indossament (so wird die rechtsgeschäftliche Erklärung genannt, durch die der Indossant die Rechte aus dem Papier auf den Indossatar überträgt, Näheres dazu: Art. 11 ff. WG; Art. 14 ff. ScheckG; § 364 f. HGB). Wird das Papier übereignet, geht auch das Recht auf den Erwerber über. Es wird "transportiert".

  • Legitimationsfunktion zugunsten des Gläubigers:

    Bei den Inhaberpapieren gilt der Besitzer des Papiers auch als verfügungsberechtigt (legitimiert). Nach einer gesetzlichen Regelung wird "vermutet", dass derjenige, der ein Inhaberpapier besitzt, auch dessen Eigentümer ist (§ 793 Abs. 1 S. 1 BGB). Bei den Orderpapieren gilt nach Art. 16 WG das Gleiche unter der Voraussetzung, dass der jeweilige Inhaber eine zusammenhängende zu ihm führende Indossamentenkette nachweisen kann. Bei Namenspapieren gibt es die Legitimationsfunktion nicht. Ihr Inhaber muss im Zweifel nachweisen, dass ihm das in ihnen verbriefte Recht auch zusteht. Der Inhaber eines Sparbuchs ist z.B. nicht berechtigt, von der Sparkasse eine Geldauszahlung zu verlangen, wenn er sich nicht ausweisen kann (vgl. § 808 Abs. 1 S. 2 BGB). Andererseits ist die Sparkasse aber auch nicht verpflichtet, sich den Personalausweis vorlegen zu lassen.

  • Gutglaubensschutzfunktion:

    Aufgrund des Rechtsscheinschutzes kann jemand gem. § 932 ff. BGB von einem Nichtberechtigten ein Inhaberpapier erwerben, wenn er gutgläubig auf dessen Eigentum an diesem Dokument vertraut. Dieser Gutglaubensschutz gilt sogar dann, wenn das Wertpapier gestohlen wurde, verloren gegangen oder sonst wie abhandengekommen ist (§ 935 Abs. 2 BGB). Dieser Rechtsscheinschutz geht damit über den für bewegliche Sachen hinaus, denn abhandengekommene bewegliche Sachen können von einem Dieb oder Fundunterschlagenden nicht gutgläubig erworben werden. Bei den Orderpapieren gilt der § 935 BGB zwar nicht. Für diese Wertpapiere gibt es aber einen entsprechenden Gutglaubensschutz aufgrund spezieller Normen im Wechsel-, Scheck- und Handelsrecht (Art. 16 Abs. 2 WG, Art. 21 ScheckG und § 365 Abs. 1 HGB).

  • Einwendungsausschluss:

    Für gewöhnlich muss sich der Erwerber einer Forderung gemäß § 404 BGB alle Einwendungen entgegenhalten lassen, die der Schuldner zum Zeitpunkt des Erwerbs gegen den Veräußerer dieser Forderung erheben konnte. Diese Regelung gilt im Fall der Wertpapiere jedoch nicht. Der Schuldner kann dem Erwerber eines Wertpapiers nicht entgegenhalten, er habe schon an den alten Gläubiger gezahlt, ihm sei das Papier verloren gegangen oder er sei aus sonstigen Gründen nicht zur Leistung verpflichtet. Der gutgläubige Erwerber eines Wertpapiers kann voll darauf vertrauen, dass dessen Wortlaut richtig ist.

Hinweis:

Der o.a. rechtliche Wertpapierbegriff ist von dem bankmäßigen Begriff Wertpapierbegriff (Effekten) zu unterscheiden. Unter letzteren werden insbesondere Aktien, Zins-, Gewinnanteil- und Erneuerungsscheine, Inhaberschuldverschreibungen und Pfandbriefe gefasst (vgl. § 1 DepotG). Effekten werden von Kreditinstituten vertrieben und an der Börse gehandelt.

4. Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten

Die Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten ist bereits Bestandteil der bestehenden europäischen und nationalen Regulierungsrahmen. Dabei unterliegen Wertpapierinstitute in unterschiedlicher Ausprägung den Vorschriften im Hinblick auf ihre aufsichtsrechtliche Behandlung und Beaufsichtigung der EU-VO 575/2013.

Um eine risikoadäquate Aufsicht herbeizuführen, wurde ein spezifisches Aufsichtssystem für Wertpapierinstitute errichtet. Rechtsgrundlage ist die RL 2019/2034, deren Inhalte in Deutschland in das Gesetz zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten (Wertpapierinstitutsgesetz - WplG umgesetzt wurden.

Die Begriffsbestimmungen zur Festlegung des Anwendungsbereichs des Gesetzes sind in § 2 WplG enthalten, so ist ein Wertpapierinstitut ein Unternehmen, das gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen oder Nebengeschäften erbringt.

 Siehe auch 

Aktie

Inhaberpapiere

Namenspapiere

Orderpapiere

BGH 30.04.2009 - I ZR 42/07 (DAX als Bezugswert für Wertpapiere)

BGH 30.11.2004 - XI ZR 49/04 (Unwirksamkeit der Entgeltforderung für die Übertragung von Wertpapieren in ein anderes Depot)

BGH 23.11.2004 - XI ZR 137/03 (Umfang der Beratungspflichten einer Bank aus einem Wertpapierdepotvertrag)

Bartlitz: Die Begebung elektronischer Wertpapiere; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2022, 1981

Roller/Hackenberg: Die Darlegungs- und Beweislastverteilung in Haftungsprozessen im Wertpapier(-neben-)dienstleistungsrecht; Verbraucher und Recht - VuR 2005, 127

Saive/Esmer: Verpfändung und Vollstreckung bei elektronischen Wertpapieren; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2022, 3038

Trüg: Ist der Leerverkauf von Wertpapierem strafbar?; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2009, 3202