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Unbenannte Zuwendungen

 Normen 

§ 1380 BGB

§ 242 BGB

 Information 

1. Definition

Die unbenannte Zuwendung ist ein ehebezogenes Rechtsgeschäft eigener Art. Sie wird auch ehebezogene Zuwendung genannt.

Während einer Ehe kommt es oftmals zu Vermögensübertragungen auf einen Partner, denen keine finanzielle Gegenleistung des anderen Partners gegenübersteht. Gründe für die Vermögensübertragung können sein, dass der die Leistung (z.B. die Hälfte des Hausgrundstückes) empfangene Partner wegen der Kinderbetreuung keiner Erwerbstätigkeit nachgeht oder bestimmte Vermögenswerte vor einem Gläubigerzugriff geschützt werden sollen.

Die Übertragung von Vermögenswerten während einer Ehe ist einem der folgenden Rechtsgeschäfte zuzuordnen:

Bedeutung hat die Zuordnung der Vermögenszuwendung für die Vermögensauseinandersetzung der Eheleute im Rahmen der Scheidung.

1.1 Definition unbenannte Zuwendung

"Von einer ehebezogenen Zuwendung ist dann auszugehen, wenn ein Ehegatte dem anderen im Vertrauen auf den Fortbestand einen Vermögenswert um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen lässt, wobei er die Erwartung hegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben und er innerhalb dieser Gemeinschaft am Vermögenswert und dessen Früchten weiter teilhaben wird. Im Unterschied zu einem Schenkenden hat der die ehebezogene Zuwendung durchführende Ehegatte somit nicht eine rein altruistische Motivation, sondern verfolgt auch eigennützige Interessen" (OLG Bremen 18.10.2016 - 4 UF 61/16).

Unbenannte Zuwendungen sind gesetzlich nicht geregelt.

1.2 Abgrenzung zur Ehegatteninnengesellschaft

Bei einer planvollen, wesentlichen Vermögensbildung gründen die Ehegatten konkludent oder ausdrücklich eine Ehegatteninnengesellschaft.

Der konkludente Abschluss eines Gesellschaftsvertrages kann allerdings dann nicht angenommen werden, wenn die Parteien einen Zweck verfolgen, der nicht über die Verwirklichung der zunächst nichtehelichen und später ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht. Dann bestehen grundsätzlich Zweifel an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen. In diesem Fall liegt ausschließlich eine unbenannte Zuwendung vor (BGH 19.09.2012 - XII ZR 136/10).

1.3 Abgrenzung zur Schenkung

Bei einer während der Ehe vorgenommenen Vermögensübertragung ist das Vorliegen einer Schenkung, d.h. die Unentgeltlichkeit, im Zweifel von dem Leistungsempfänger zu beweisen. Eine Schenkung unter Eheleuten unterliegt strengen Voraussetzungen:

Eine Schenkung liegt nur dann vor, wenn sie nach dem Willen des Schenkers unentgeltlich und nicht vom Fortbestand der Ehe abhängig sein soll. Dies kann in einer Ehe ohne das Vorliegen weiterer Indizien nicht angenommen werden. Anders ist der Fall, wenn die Schenkung z.B. während einer Ehekrise an den sich abwendenden Partner erfolgt und Teil eines Versöhnungsversuchs ist.

Der Bezeichnung durch die Parteien oder einen Notar kommt dabei keine konstitutive Wirkung zu.

Mit dem Scheitern der Ehe können eheliche Schenkungen nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen wieder zurückgefordert werden: Bei der Prüfung, ob sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung groben Undanks schuldig gemacht hat, wird auch das Verhalten des Schenkers miteinbezogen! Ein Ehebruch indiziert nicht automatisch eine schwere Verfehlung, insbesondere nicht gegenüber den Schwiegereltern (Zuwendungen von Schwiegereltern).

Der Anspruch auf Rückgewähr des Geschenkes wird nicht durch den Zugewinnausgleich verdrängt, er ist aber, wenn er anerkannt oder rechtskräftig festgestellt ist, als privilegierter Erwerb im Anfangsvermögen bei der Berechnung zu berücksichtigen (siehe den Beitrag "Zugewinnausgleich"). Bei einer gemischten Schenkung kann von vornherein nur der unentgeltliche Teil des Rechtsgeschäfts als privilegierter Erwerb behandelt werden (BGH 06.11.2013 - XII ZB 434/12).

Weitere Anspruchsgrundlagen greifen nicht ein.

1.4 Abgrenzung zur Treuhandabrede

"Grundsätzlich kann eine Zuwendung im Rahmen einer Treuhandabrede erfolgen. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Willen der Vertragsparteien der Treuhänder nach außen uneingeschränkt über das ihm übertragene Treugut verfügen kann, er im Innenverhältnis aber Bindungen unterliegt und nach Erledigung des Treuhandzwecks zur Rückübertragung an den Treugeber verpflichtet ist. In der Regel liegt einer derartigen Treuhandabrede ein Auftrag im Sinne des § 662 BGB zugrunde, so dass sich die Pflicht des Treuhänders zur Rückübertragung des Treugutes nach Erledigung des Treuhandzwecks nach § 667 BGB richtet. Aus den zwischen Treuhänder und Treugeber getroffenen Abreden ergibt sich regelmäßig, ob der Treugeber jederzeit Rückübertragung des Treuguts verlangen kann bzw. unter welchen Voraussetzungen eine Rückübertragungsverpflichtung besteht. Der Ehegatte, der einen auf § 667 BGB gestützten Rückübertragungsanspruch auf ein Treuhandverhältnis stützt, muss dementsprechend darlegen und beweisen, dass eine Treuhandabrede getroffen worden ist und dass der andere Ehegatte zur Rückübertragung unter bestimmten Umständen verpflichtet sein sollte. Zwar kann eine solche Vereinbarung auch stillschweigend geschlossen werden. Es sind jedoch insoweit strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere reicht allein der Umstand, dass das übertragene Vermögen dem Zugriff von Gläubigern des Zuwendenden entzogen werden sollte, nicht für die Annahme eines Treuhandverhältnisses aus" (OLG Bremen 18.10.2016 - 4 UF 61/16).

2. Rückgewähransprüche beim Scheitern der Ehe

Mit dem Scheitern der Ehe begehrt vielfach der die Zuwendung leistende Ehegatte die Rückgewähr seiner Vermögensdisposition.

"Eine ehebezogene Zuwendung ist nur unter den Voraussetzungen des § 313 BGB rückabzuwickeln (...). Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass das Scheitern der Ehe zum Wegfall der Geschäftsgrundlage für die ehebezogene Zuwendung führt. (...) Nach § 313 BGB ist Anspruchsvoraussetzung, dass einem Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bezogen auf die Rückgewähr einer ehebezogenen Zuwendung hängt dies davon ab, ob die Beibehaltung der gegenwärtigen Vermögenssituation dem Ehegatten, der die Zuwendung gemacht hat, unzumutbar ist. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, in welchem Güterstand die Ehegatten gelebt haben" (OLG Bremen 18.10.2016 - 4 UF 61/16):

  1. a)

    "Bestand zwischen ihnen der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, steht mit dem Zugewinnausgleich ein gesetzliches Ausgleichssystem zur Verfügung, das in der Regel für einen angemessenen Vermögensausgleich sorgt und daher von Rechtsprechung und herrschender Meinung als vorrangig angesehen wird, so dass die Heranziehung des § 313 BGB verdrängt wird. Auf § 313 BGB kann in diesem Fall nur ganz ausnahmsweise zurückgegriffen werden und zwar dann, wenn das güterrechtliche Ergebnis ohne schuldrechtliche Korrektur schlechthin unangemessen und untragbar wäre." (OLG Bremen 18.10.2016 - 4 UF 61/16)

    Dabei ist aber § 1380 BGB zu beachten.

    Auch wenn ausnahmsweise der Zuwendungsempfänger zur Rückgabe des zugewandten Gegenstands in Natur verurteilt wird, so ist diese Verpflichtung im Zugewinnausgleich als Aktiv- bzw. Passivposten im Endvermögen der Ehegatten zu berücksichtigen (BGH 28.02.2007 - XII ZR 156/04).

  2. b)

    Die (zusätzliche) Anwendung der Regeln der Störung der Geschäftsgrundlage ist mithilfe des Grundsatzes von Treu und Glauben nur dann zulässig, wenn der Zugewinnausgleich zu einem unerträglichen Ergebnis geführt hat. Ein solcher Ausnahmefall könnte z.B. vorliegen, wenn sich die Leistung der unbenannten Zuwendung aufgrund eines höheren Anfangsvermögens im Ergebnis nicht ausgewirkt hat und der Leistende nunmehr finanziell bedürftig ist.

  3. c)

    Bei Eheleuten, die im Güterstand der Gütertrennung leben, können u.U. unbenannte Zuwendungen über die Regeln der Störung der Geschäftsgrundlage zurückgefordert werden.

    Voraussetzungen sind:

    • Die Leistung muss bei dem anderen noch in einem messbaren Vermögen vorhanden sein.

    • Die Beibehaltung der bisherigen Verhältnisse muss unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, des Alters der Parteien, ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse, der Art und des Umfangs der erbrachten Leistungen sowie der Höhe der dadurch bedingten und noch vorhandenen Vermögensmehrung unzumutbar bzw. unbillig sein (BGH 19.09.2012 - XII ZR 136/10).

    • Die Höhe des Ausgleichs soll angemessen sein.

    Die unbenannte Zuwendung selbst kann nicht zurückgefordert werden, wie beim Zugewinnausgleich ist ein Geldbetrag zu zahlen. Die Rückforderung ist aber nicht unbegrenzt möglich, da andernfalls der typische Charakter der Gütertrennung, die Trennung der Vermögensmassen, unterhöhlt würde.

3. Zuwendungen der Eltern an das eigene Kind

Gewähren Eltern dem eigenen Kind ein Darlehen, das dieses zur Finanzierung einer im Miteigentum mit dem Ehepartner bestehenden Immobilie verwendet, so bestimmt sich der Ausgleichsanspruch des Darlehensnehmers gegen seinen Ehegatten nach den folgenden Grundsätzen (BGH 21.07.2010 - XII ZR 104/08):

Ein Vorrang des Güterrechts besteht nicht im Verhältnis zu einem möglichen Gesamtschuldnerausgleich zwischen Ehegatten. Gesamtschuldner sind einander zu gleichen Anteilen verpflichtet, sofern nicht ein anderes bestimmt ist. Eine solche abweichende Bestimmung kann sich aus dem Gesetz, einer Vereinbarung, dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder der Natur der Sache ergeben.

Nach einer solchen (konkludenten) Vereinbarung ist aber auch dann vorrangig zu fragen, wenn die Ehegatten nicht Gesamtschuldner eines Darlehens sind, sondern ein Ehegatte im Interesse auch des anderen ein Darlehen aufgenommen hat und zu entscheiden ist, ob ein Ausgleichs- oder Freistellungsanspruch des Darlehensnehmers gegen den anderen Ehegatten besteht. Denn eine ehebezogene Zuwendung des Ehegatten, der das Darlehen aufgenommen hat, scheidet aus, wenn sich eine Vereinbarung über einen Ausgleich im Innenverhältnis feststellen lässt.

4. Zuwendungen an das Schwiegerkind

Zuwendungen von Schwiegereltern können bei Vorliegen der Voraussetzungen zurückgefordert werden.

 Siehe auch 

Ehegatteninnengesellschaft

Gesellschaft des bürgerlichen Rechts

Gütertrennung

Pflichtteilsergänzungsanspruch

Scheidung - Miteigentum

Zuwendungen von Schwiegereltern

BGH 20.07.2006 - IX ZR 226/03 (Zahlungen von Dritten an den Ehepartner)

BGH 28.03.2006 - X ZR 85/04 (Abgrenzung ehebedingte Zuwendung/Schenkung)

BGH 27.03.2002 - XII ZR 143/00 (Darlegungs- und Beweislast für den Umfang der Ausgleichspflicht bei Rückgewähr)

BGH 30.06.1999 - XII ZR 230/96

BGH 19.01.1999 - X ZR 60/97

BGH 27.11.1991 - IV ZR 164/90

BGH 27.11.1991 - IV ZR 266/90

BGH 27.01.1988 - IVb ZR 82/86

Arens: Rückabwicklungen ehebedingter Zuwendungen und die Rechtsfigur der "konkludent vereinbarten Innengesellschaft" - Allzweckwaffen zur Herbeiführung gerechter Vermögensausgleichsregelungen?; Zeitschrift für das gesamte Familienrecht - FamRZ 2000, 266

Götz: Lebzeitige Beendigung der Zugewinngemeinschaft als Gestaltungsmittel zur Erlangung rückwirkender Steuer- und Straffreiheit bei unbenannten Zuwendungen; Deutsches Steuerrecht - DStR 2001, 417

Heinle: Die unbenannte Zuwendung unter Ehegatten in der Praxis; Familien-Rechtsberater - FamRB 2002, 145

Herr: Die ehebezogene Zuwendung als Teil des materiellen Nebengüterrechts; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2012, 3486

Horn: Ehegattenzuwendungen im Pflichtteilsergänzungsrecht; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2020,1124

Münch: Ehebezogene Rechtsgeschäfte; 5. Auflage 2020

Münch: Die Scheidungsimmobilie; 3. Auflage 2019

Münch: Zur Pfändbarkeit von Rückforderungsrechten bei ehebedingten Zuwendungen; Zeitschrift für das gesamte Familienrecht - FamRZ 2004, 1329

Seif: Ehebezogene Zuwendungen als Schenkungen unter Ehegatten; Zeitschrift für das gesamte Familienrecht - FamRZ 2000, 1193