Rechtswörterbuch

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Umweltstandards

 Normen 

§ 2 BzBlG

§ 2 FluLärmG

TA Luft

TA Lärm

 Information 

In Gesetzen, Rechtsverordnungen, Satzungen, Verwaltungsvorschriften sowie privaten Regelwerken normierte generelle technische Anforderungen für umweltrelevante Vorhaben.

Sie dienen im Umweltrecht als Erkenntnisquelle bei der im Einzelfall vorzunehmenden Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe wie "schädliche Umwelteinwirkungen", "Gefahren", "Nachteile", "Belästigungen" (vgl. § 5 Abs. 1 BImSchG).

Umweltstandards basieren zwar auf naturwissenschaftlich-technischen Erkenntnissen Sachkundiger, enthalten aber notwendigerweise auch politische Wertungen. Letztere kommen vor allem zum Tragen, wenn bestimmte Vorsorgestandards normiert werden, da hierdurch nicht in erster Linie eine Gefahrengrenze für bestimmte Umwelteinwirkungen aufgestellt werden soll, sondern vielmehr eine bestimmte Umweltqualität, orientiert an der technischen Vermeidbarkeit eines Schadstoffausstoßes, das angestrebte Ziel ist.

Nur selten werden Umweltstandards in förmlichen Gesetzen erlassen (z.B. § 2 BzBlG und § 2 FluLärmG), da eine Fixierung der technischen Anforderungen an umweltrelevante Vorhaben in starren gesetzlichen Regelungen angesichts des Wandels der Technik grundsätzlich nicht sinnvoll ist. Häufig werden sie in Rechtsverordnungen normiert (vgl. die zahlreichen Verordnungen zum Bundesimmissionsschutzgesetz).

Am bedeutsamsten in der Praxis sind die sog. administrativen Umweltstandards, die in Form von Verwaltungsvorschriften ergehen (z.B. als "Technische Anleitungen" wie TA Luft und TA-Lärm) und die Gerichte als normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften ähnlich wie Gesetze und Rechtsverordnungen binden können (vom BVerwG erstmals festgestellt im "Whyl-Urteil", BVerwG 19.12.1985 - 7 C 65/82).

Ferner werden Umweltstandards von privaten Einrichtungen (hierzu zählen z.B. TÜV, DIN, VDI) und öffentlich rechtlichen Ausschüssen formuliert. Solche von privatrechtlichen Normenverbänden aufgestellten technischen Regeln (z.B. DIN-Normen oder VDI-Richtlinien) werden i.d.R. von den Behörden und Gerichten wie "antizipierteSachverständigengutachten" behandelt. Lässt eine Behörde bei der Ausübung ihres (Planungs-)Ermessens die einschlägigen privaten Regelwerke unberücksichtigt, so kann dies einen Ermessensfehler begründen, wenn die fehlende Berücksichtigung dazu geführt hat, dass der Abwägungsvorgang auf unvollständiger Grundlage beruhte. Diese von den Regelwerken ausgehende Bindungswirkung geht jedoch nicht so weit, dass daneben nicht auch aus anderen Quellen, die keine derartige Kodifizierung aufweisen, geschöpft werden darf. Auch sind daneben in jedem Fall die besonderen Umstände des Einzelfalles zu würdigen, die etwa eine Abweichung von in diesen "privaten Normen" festgelegten Grenzwerten gebieten können.

Angesichts der dargestellten rechtlichen Bedeutung technischer Normen, aber vor allem auch im Hinblick auf die Tatsache, dass durch technische Normen für eine Vielzahl umweltrelevanter Fragestellungen konkrete Anforderungen vorgegeben werden, stellt sich die Frage, ob die auf diese Weise für die Praxis gefundenen Ergebnisse genügend demokratisch legitimiert sind. Problematisch ist besonders, wenn die Normierungsgremien weitgehend abgeschottet von der öffentlichen Diskussion arbeiten (Fehlen einer frühzeitigen Debatte mit Vertretern aller Interessengruppen über die Normentwürfe). Daher ist gefordert worden, dass die Zusammensetzung der Gremien und die Verfahrensgestaltung die "im Sinne der Gemeinwohlintention produktiven Prinzipien der Gegenmachtbildung, der Erkenntnisförderung durch Kontrastinformation und des Minderheitenschutzes" gewährleisten müssen. Auf diese Forderungen hin ist z.B. innerhalb des DIN eine Koordinierungsstelle Umweltschutz (KU) sowie der NAGUS (Normausschuss Grundlagen des Umweltschutzes), der für Grundfragen DIN-Normen erarbeiten bzw. in entsprechenden internationalen Normungsgremien mitarbeiten kann, eingerichtet worden.

Im Umweltrecht wird auf die Umweltstandards verwiesen durch Formulierungen wie:

 Siehe auch 

Immissionen

Immissionen - Rechtsschutz

Lärm

Schallschutz

Selbstbindung der Verwaltung

TA Lärm

TA Luft

VDI-Richtlinie 2058

Verkehrslärm

Verkehrslärm - Verhältnismäßigkeitsklausel des § 41 Abs. 2 BImschG

EuGH 16.12.2004 - C 277/02 (Nationale Umweltstandards und EG-Abfallexportrecht)

BVerwG 21.03.1996 - 7 B 164/95

OVG Sachsen 08.08.2007 - 4 B 321/05 (Befreiung vom Anschlusszwang und Benutzungszwang zur Abwasserbeseitigung aufgrund eigener Anlage mit höherem Umweltstandard)