Mietvertrag - ordentliche Kündigung
1 Allgemein
Beendigung eines auf unbestimmte Zeit eingegangenen Mietverhältnisses innerhalb der vereinbarten oder gesetzlichen Kündigungsfrist.
Gemäß § 542 BGB kann jede Partei das Mietverhältnis nach den gesetzlichen Vorschriften kündigen.
2 Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses durch den Vermieter
2.1 Vorliegen eines Kündigungsgrundes
Die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses durch den Vermieter erfordert daneben immer das Vorliegen eines Kündigungsgrundes.
Dieser ist nach der gesetzlichen Regelung des § 573 Abs. 1 BGB gegeben, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Beispielhaft sind in § 573 Abs. 2 BGB einige Fälle des berechtigten Vermieterinteresses aufgeführt:
Die schuldhafte Verletzung der vertraglichen Pflichten durch den Mieter.
Die lange Zeit höchstrichterlich umstrittenen Frage, ob der Kündigungsgrund der "schuldhaften Vertragsverletzung durch den Mieter" entsprechend der fristlosen Kündigung des Mietvertrages auch den vorherigen Ausspruch einer Abmahnung erfordert, wurde mit der Entscheidung BGH 28.11.2007 - VIII ZR 145/07 verneint.
Die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung aufgrund des Zahlungsverzugs des Mieters sind vom BGH mit dem Urteil BGH 10.10.2012 - VIII ZR 107/12 erstmalig festgestellt worden. Danach müssen sowohl die Dauer und die Höhe des Zahlungsverzugs berücksichtigt werden: Nach der Ansicht der Richter ist die Erheblichkeitsgrenze nicht überschritten, wenn der Rückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und zudem die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt.
Eine Kündigung des Vermieters wegen der Verletzung der Pflicht des Mieters, Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten zu dulden, kommt nicht erst dann in Betracht, wenn der Vermieter gegen den Mieter vor Ausspruch der Kündigung einen (rechtskräftig) titulierten Duldungstitel erstritten hat. Dem Vermieter kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses vielmehr auch schon vor Erhebung einer Duldungsklage und Erwirkung eines Titels unzumutbar sein mit der Folge, dass eine fristlose Kündigung das Mietverhältnis beendet. Gleichermaßen kann die verweigerte Duldung eine derart schwere Vertragsverletzung sein, dass (auch) eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt ist (BGH 15.04.2015 - VIII ZR 281/13).
Die Möglichkeit, das Grundstück angemessen wirtschaftlich zu verwerten.
Ein Abriss mit dem vom Vermieter verfolgten Ziel, den Kosten für die Wiederherstellung der Mietsache zu entgehen, ist keine wirtschaftliche Verwertung:
"Nach der Rechtsprechung des Senats, die das Berufungsgericht nicht verkannt hat, können durch den ersatzlosen Abriss eines Gebäudes oder Gebäudeteils zwar Unkosten vermieden werden. Er stellt jedoch keine Realisierung des dem Grundstück innewohnenden materiellen Werts und damit keine wirtschaftliche Verwertung im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB dar" (BGH 16.12.2020 - VIII ZR 70/19).
Hinweis:
Die Kündigung zur angemessenen Verwertung des Grundstücks ist gemäß Art. 232 § 2 EGBGB in den neuen Bundesländern und in Ostberlin ausgeschlossen.
2.2 Kündigungsbeschränkung bei Änderungen an den Eigentumsverhältnissen der Wohnung
Nach § 577a Abs. 1 BGB kann sich ein Erwerber, wenn an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden ist, auf berechtigte Interessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder Nr. 3 BGB (Tatbestände des Eigenbedarfs oder der wirtschaftlichen Verwertung) erst nach Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung berufen. Diese Kündigungssperrfrist beträgt gemäß § 577a Abs. 2 Satz 1 BGB bis zu zehn Jahre, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete gemäß § 577a Abs. 2 Satz 2 BGB durch Rechtsverordnung einer Landesregierung bestimmt sind.
Beispiel:
Von dieser Ermächtigung hat das Land Berlin mittels der Verordnung im Sinne des § 577a Abs. 2 BGB über den verlängerten Kündigungsschutz bei Umwandlung einer Mietwohnung in eine Eigentumswohnung (Kündigungsschutzklauselverordnung) Gebrauch gemacht. Der BGH hat diese Verordnung für wirksam erklärt (BGH 22.06.2022 - VIII ZR 356/20).
Zudem hat der BGH in dem obigen Urteil folgende Grundsatz der Entscheidung BGH 06.07.1994 - VIII ARZ 2/94 bestätigt:
"Eine die Kündigungssperrfrist des § 577a Abs. 1, 2 BGB auslösende Veräußerung des Wohnungseigentums an einen Erwerber liegt regelmäßig nicht vor, wenn ein Miteigentumsanteil an einen bisherigen (vermietenden) Miteigentümer übertragen wird."
3 Kündigung durch den Mieter
Der Mieter kann das Mietverhältnis innerhalb der gesetzlichen Kündigungsfrist ohne Angaben von Gründen kündigen.
Die Vorschriften sind nicht abdingbar.
4 Kündigung durch den Käufer
Der Käufer einer Immobilie/eines Grundstücks kann erst dann den Mietvertrag wirksam kündigen, wenn er als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Unerheblich ist der Abschluss des Kaufvertrags.
5 Form und Frist
Die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses erfordert gemäß § 568 BGB die Schriftform. In dem Schreiben ist der Kündigungsgrund zu nennen (bei Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses durch den Vermieter). Andere als die im Kündigungsschreiben genannten Gründe sind nur zu berücksichtigen, wenn sie nachträglich entstanden sind.
Dabei ist zu beachten, dass die im Rahmen einer Räumungsklage übermittelte Kündigung nicht dem Schriftformerfordernis genügt, da der Rechtsanwalt für die Übermittlung der Klage das beA benutzen muss und die digitale Signatur nur gegenüber dem Gericht erfolgt. Möglich ist die Kündigung jedoch über eine beA-Zustellung von Anwalt zu Anwalt.
Die Kündigung eines gewerblichen Mietvertrags kann gemäß § 542 BGB auch mündlich erfolgen.
Zu den geltenden Kündigungsfristen siehe den Beitrag "Mietvertrag - Kündigungsfrist".
6 Altmietverträge
Nach mehreren Urteilen des BGH (z.B. BGH 18.06.2003 - VIII ZR 240/02) ist auf Mietverträge, die vor dem Inkrafttreten der Mietrechtsreform am 01.09.2001 geschlossen wurden, das alte, für den Mieter geltende Kündigungsrecht anzuwenden. Voraussetzung ist, dass es sich um Formularklauseln handelt, d.h. auf die wörtliche oder sinngemäße Wiedergabe der damaligen gesetzlichen Kündigungsfristen im Vertrag.
Aber: Für Kündigungen von Mietern ab dem 01.06.2005 gelten auch für vor dem 01.09.2001 abgeschlossene Formular-Mietverträge die dreimonatigen Kündigungsfristen.
7 Ausschluss des Kündigungsrechts
U.a. in der Entscheidung BGH 19.11.2008 - VIII ZR 30/08 hat der BGH für die Zulässigkeit eines Kündigungsausschlusses durch den Mieter folgende Grundsätze aufgestellt:
In einem Individualvertrag kann das Kündigungsrecht des Mieters bis zu einem Zeitraum von vier Jahren ausgeschlossen werden.
In einem Formularvertrag ist weiter zu unterscheiden:
- a)
Der Kündigungsausschluss gilt für bis zu vier Jahre:
Eine derartige Vereinbarung ist zulässig, wenn der Kündigungsausschluss für beide Vertragspartner gilt und auf die ordentliche Kündigung begrenzt ist.
Bei einem einseitigen Ausschluss ist eine derartige Vereinbarung nur möglich, wenn gleichzeitig eine Staffelmiete vereinbart wurde.
- b)
Der Kündigungsausschluss gilt für mehr als vier Jahre:
Eine derartige Vereinbarung ist in allen Konstellationen unzulässig, es sei denn es handelt sich um eine vor dem 01.09.2001 vereinbarte Staffelmiete.
8 Räumung der Wohnung
8.1 Untermiete
Die Räumungsvollstreckung darf nicht betrieben werden, wenn ein Dritter, der weder im Vollstreckungstitel noch in der diesem beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet ist, im Besitz der Mietsache ist (BGH 14.08.2008 - I ZB 39/08).
8.2 Nichteheliche Lebensgemeinschaft
Die Frage, ob für eine Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe einer Wohnung nach § 885 ZPO auch ein gegen den nichtehelichen Lebensgefährten des Schuldners gerichteter Vollstreckungstitel erforderlich ist, wurde mit der Entscheidung BGH 19.03.2008 - I ZB 56/07 bejaht.
Allein aus der Aufnahme in die Wohnung kann aber bei einem nichtehelichen Lebensgefährten nicht auf einen Mitbesitz geschlossen werden. Vielmehr muss anhand der tatsächlichen Umstände des jeweiligen Falles beurteilt werden, ob der nichteheliche Lebensgefährte Mitbesitzer oder nicht nur Besitzdiener ist. Die Einräumung des Mitbesitzes an den nichtehelichen Lebensgefährten muss durch eine von einem entsprechenden Willen getragene Handlung des zuvor alleinbesitzenden Mieters nach außen erkennbar sein.
Anhaltspunkte, durch die sich nach außen die Einräumung des Mitbesitzes dokumentiert, sind die Anzeige des Mieters an den Vermieter von der beabsichtigten oder erfolgten Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten oder seine Anmeldung in der Wohnung beim Einwohnermeldeamt.
Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern zusammenleben, haben grundsätzlich keinen Mitbesitz an der gemeinsam benutzten Wohnung. Die Besitzverhältnisse an der Wohnung, in der die Familie lebt, ändern sich im Regelfall nicht, wenn das Kind volljährig wird und mit seinen Eltern weiter zusammenwohnt. Etwas anderes kann nur gelten, wenn eine Änderung der Besitzverhältnisse volljähriger Kinder an der elterlichen Wohnung nach außen eindeutig erkennbar geworden ist (BGH 19.03.2008 - I ZB 56/07).
8.3 Wohnungsräumung ohne Titel
Ein Vermieter, der nach erfolgter Kündigung ohne das Vorliegen eines Vollstreckungstitels die Wohnung räumen lässt, hat seinem Mieter nach der Entscheidung AG Reinbek 20.05.2008 - 5 C 624/06 ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00 EUR zu zahlen.
8.4 Einstellung der Versorgungsleistungen
Mit dem Ende des Mietverhältnisses ist der Vermieter grundsätzlich nicht mehr verpflichtet, Versorgungsleistungen zu erbringen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Mieter sich mit Mietzinsen und Nutzungsentschädigung im Zahlungsverzug befindet (BGH 06.05.2009 - XII ZR 137/07).