Rechtswörterbuch

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Juristenausbildung

 Normen 

§§ 5 -5d DRiG

Juristenausbildungsordnungen der Länder

 Information 

1. Studium

Inhalte des Studiums sind:

  • Pflichtfächer:

    • Bürgerliches Recht

    • Strafrecht

    • Öffentliches Recht

    • Verfahrensrecht

    • Europarechtliche Bezüge

    • Rechtswissenschaftliche Methoden

    • Philosophische, geschichtliche und gesellschaftliche Grundlagen

  • Schwerpunktbereiche nach Wahl, die der Ergänzung des Studiums, der Vertiefung der Pflichtfächer und der Vermittlung interdisziplinärer und internationaler Bezüge des Rechts dienen. Die Schwerpunktbereiche können dabei von den Universitäten gebildet werden.

  • Zusätzlich sind interdisziplinäre Schlüsselqualifikationen zu vermitteln wie Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit. Näheres ist in den Ländergesetzen zur Juristenausbildung geregelt.

Rechtswissenschaftsstudenten müssen entweder eine fremdsprachige rechtswissenschaftliche Veranstaltungen oder fachbezogene Sprachkurse besuchen.

Der Besuch von fachspezifischen Fremdsprachenveranstaltungen ist Pflicht.

2. Law Clinic

Als "Law Clinic" werden nach dem Vorbild der amerikanischen "legal clinics" studentische Rechtsberatungen bezeichnet. Ziel ist es eine praktische Ausbildung der Jurastudenten mit gemeinnütziger Arbeit zu verknüpfen. Dabei wird die Rechtsberatung unter Aufsicht von erfahrenen Rechtsanwälten geleistet. Im Rahmen der Rechtsberatung werden die Studenten in Workshops etc. auf die praktische Arbeit vorbereitet bzw. begleitet.

Die Universität Münster hat dabei neben der allgemeine Law Clinc eine Art Law Clinic für die Studierenden der Kunstakademie Münster eingerichtet: https://www.uni-muenster.de/Jura.itm/hoeren/forschung/projekte/art-law-clinic.

3. Erstes Staatsexamen

Gemäß § 5 DRiG besteht das erste Staatsexamen aus einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung und einer staatlichen Pflichtfachprüfung.

Die Schwerpunktbereichsprüfung wird von den Universitäten selbst abgenommen. Die Ergebnisse der Schwerpunktprüfung fließen zu 30 % in das Gesamtergebnis der Examensnote ein. Die Universitäten sollen durch eine Schwerpunktbereichsausrichtung ein eigenständiges Profil entwickeln und dadurch in einen gegenseitigen Wettbewerb treten.

Unzulässiger Prüfungsstoff: JAG NRW:

Die Regelung in § 11 Abs. 4 JAG NRW, wonach zu den Überblickskenntnissen der Pflichtfächer in der ersten juristischen Staatsprüfung neben den gesetzlichen Grundstrukturen auch nicht vertieftes Wissen der Rechtsprechung und Literatur gehört, wurde für rechtmäßig erklärt:

"Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, die Formulierung "ohne vertieftes Wissen" sei zu unbestimmt, sodass der Studierende sich nicht sachgerecht auf das Examen vorbereiten könne. Eine abschließende Aufzählung zulässigen Prüfungsstoffs wäre mit Blick auf die ständige Weiterentwicklung von Rechtsprechung und Literatur jedoch nicht möglich. Der Einbeziehung des nicht vertieften Wissens von Rechtsprechung und Literatur lässt sich ohne Weiteres entnehmen, dass hierunter jedenfalls Kenntnisse solcher Rechtsprechung und Literatur fallen, die sich zu immer wiederkehrenden praxisrelevanten Rechtsstreitigkeiten verhalten, und die daher auch in der Ausbildungsliteratur dargestellt werden" (OVG Nordrhein-Westfalen 23.07.2019 - 14 A 354/19).

4. Zweites Staatsexamen

Sowohl in dem universitären als auch in dem staatlichen Teil der Staatsexamina können sowohl die Fremdsprachenkenntnisse als auch die Schlüsselqualifikationen berücksichtigt werden.

In der universitären Schwerpunktbereichsprüfung ist mindestens eine schriftliche Prüfung zu erbringen.

5. Referendariat

5.1 Allgemein

Rechtsgrundlage des Vorbereitungsdienstes sind die §§ 5 -5d DRiG sowie die Juristenausbildungsordnungen der Länder. Zum 01.01.2023 besteht gemäß § 5b DRiG die Möglichkeit der Ableistung des Vorbereitungsdienstes in Teilzeit im Falle der tatsächlichen Betreuung von minderjährigen Kinder oder der Pflege von Angehörigen oder Lebenspartner.

Während der Referendarsausbildung besteht eine neunmonatige Rechtsanwaltsstation. Während dieser Zeit bleibt es bei der Vergütung durch das entsprechende, die Referendarausbildung durchführende Bundesland. Ein Anspruch auf eine Vergütung durch den Rechtsanwalt besteht nicht.

Parallel dazu besteht gemäß § 59 BRAO die gesetzlich geregelte Pflicht des Rechtsanwalts zur Ausbildung des Stationsreferendars.

Dennoch erhalten die Referendare zumindest in großen Kanzleien teilweise üppige Vergütungen. Zu beachten ist, dass gemäß der Entscheidung BSG 31.03.2015 - B 12 R 1/13 R jedoch das den Referendar ausbildende Land auch bei der praktischen Ausbildung bei Stellen außerhalb von Gerichtsbarkeit und der Verwaltung für die im Rahmen der Referendarsstation zusätzlich erzielten Vergütungen die Sozialversicherungsbeiträge abführen muss:

"Als alleinige Arbeitgeberin war nur die Klägerin zur Zahlung der von der Beklagten im angefochtenen Bescheid nach § 28p Abs 1 S 5 SGB IV festgestellten, jeweils als Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlenden Beiträge für die Beschäftigung der Beigeladenen (...) verpflichtet. Bei der Beitragsbemessung waren auch die zusätzlichen Vergütungen zu berücksichtigen, die die Beigeladene zu 1. den ihr im Rahmen des Vorbereitungsdienstes zur Ausbildung zugewiesenen Referendaren gewährte."

Nunmehr sind die Kanzleien dazu übergegangen, dass die Vergütung für Zeiten gezahlt wird, die über die Zeiten der Referendarsstation hinausgehen, d.h. es wird eine Nebentätigkeit vereinbart.

5.2 Ausländische Staatsangehörige

Der Europäische Gerichtshof hat mit dem Urteil EuGH 13.11.2003 - C 313/01 entschieden, dass es gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, wenn ein Mitgliedstaat juristischen Absolventen eines anderen Mitgliedstaates den Zugang zu dem juristischen Vorbereitungsdienst verwehrt.

Gemäß dem daraufhin erlassenen § 112a DRiG werden Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums sowie der Schweiz bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen zum juristischen Vorbereitungsdienst zugelassen:

  1. a)

    Abschluss eines rechtswissenschaftlichen Studiums in einem der obigen Länder, der in dem jeweiligen Land den Zugang zur postuniversitären juristischen Ausbildung für den Beruf des Europäischen Rechtsanwalts nach dem EuRAG eröffnet

  2. b)

    Vorliegen von der deutschen staatlichen Pflichtfachprüfung des ersten juristischen Staatsexamens entsprechenden Kenntnissen und Fähigkeiten. Dies kann wie folgt nachgewiesen werden:

    • Anerkennung der Gleichwertigkeit der Zeugnisse und Studiennachweise mit der Pflichtfachprüfung durch das Landesjustizprüfungsamt.

      Bei der Bewertung der Gleichwertigkeit von Ausbildungen sind der Bewertungsmaßstab die Kenntnisse des Mitgliedstaats, in dem der Vorbereitungsdienst absolviert werden soll (EuGH 10.12.2009 - C-345/08).

      oder

    • Bestehen der Eignungsprüfung.

      Die Eignungsprüfung wird von den Landesjustizprüfungsämtern durchgeführt und ist in der deutschen Sprache abzulegen. Ziel ist die Feststellung der notwendigen Kenntnisse des deutschen Rechts zum erfolgreichen Abschluss des juristischen Vorbereitungsdienstes. Die Eignungsprüfung besteht aus den schriftlichen Prüfungsarbeiten der Pflichtfachprüfung in den Fächern, die nicht als gleichwertig anerkannt wurde. Allgemeine Prüfungsfächer sind das Zivilrecht, das Strafrecht und das Öffentliche Recht einschließlich der jeweiligen Verfahrensrechte.

Das OVG Berlin-Brandenburg hat den Antrag einer Chinesin auf Zulassung zur Eignungsprüfung abgelehnt, da ihrer Qualifikation als britischer Solicitor ein Studium in China zugrunde liegt (OVG Berlin-Brandenburg 14.11.2018 - 6 S 64/18).

6. Auswahl neuer Richter / Richterinnen

Die Einstellung für den Richterdienst ist auch davon abhängig, ob der Bewerber soziale Kompetenz nachweisen kann.

Daneben soll auch die jeweilige Lebens- und Berufserfahrung berücksichtigt werden.

7. Bachelor-Studiengang

Als in Deutschland erste Universität bietet die Universität Mannheim einen juristischen Bachelor-Studiengang an. Es handelt sich dabei um den Bachelor-Studiengang Unternehmensjurist Universität Mannheim (LL.B.) (http://www.unternehmensjurist.uni-mannheim.de).

 Siehe auch 

Barrister

Europäischer Rechtsanwalt

Fachanwalt - Fortbildung

Master of Laws

Mediation

Rechtsanwalt - Berufsausbildung

Stipendium

Wirtschaftsjurist

http://www.law-school.de (Internetseite der privaten Hochschule für Rechtswissenschaften, der Bucerius Law School in Hamburg)

Derleder: Staatsexamen und Berufsqualifikation - Was leisten eigentlich die Justizprüfungsämter?; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2005, 2834

Fritzemeyer: Die Bedeutung der "Soft Skills" für die Juristenausbildung und die juristischen Berufe; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2006, 2825

Kilian: Zehn Jahre Anwaltsorientierung in der Juristenausbildung. Nur geringe Effekte aus Sicht von Ausbildern und Arbeitgebern; Anwaltsblatt - AnwBl 2014, 709

Kötz: Der Bologna-Prozess - Chance für eine starke Anwaltschaft?; Anwaltsblatt - AnwBl 2005, 535

Lammers: Lernen im Jurastudium und in der Examensvorbereitung; Juristische Schulung - JuS 2015, 289