Rechtswörterbuch

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Jugendliche

 Normen 

JuSchG

JArbSchG

KindArbSchV

JGG

 Information 

1. Allgemein

Jugendlicher ist gemäß § 1 JuSchG wer das 14. Lebensjahr vollendet hat, aber noch nicht 18 Jahre alt ist. Jugendliche sind als Minderjährige nur beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB).

Kindliche Zeugen sind über ihre Sorgeberechtigten zu laden, mit dem Eintritt des 14. Lebensjahres kann der Jugendliche unmittelbar geladen werden (OLG Frankfurt am Main 06.04.2005 - 3 Ws 281/05).

Die zum Abschluss eines Rechtsgeschäfts erforderliche Geschäftsfähigkeit kann bei Jugendlichen unter bestimmten Voraussetzungen vorliegen.

2. Arbeitsrecht

Die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen einschließlich der Berufsausbildung unterliegt dem Jugendarbeitsschutzgesetz, das gemäß § 2 JArbSchG wie folgt differenziert:

  • Minderjährige gelten ab dem 15. Lebensjahr als Jugendliche im Sinne des Jugendarbeitsschutzgesetzes.

  • Mit Jugendlichen kann unter Beachtung der Vorgaben des Jugendarbeitsschutzgesetzes und bei Zustimmung der/des Personensorgeberechtigten ein Arbeitsverhältnis oder ein Berufsausbildungsverhältnis abgeschlossen werden.

    Die Anrechnung von Berufsschulzeit auf die Arbeitszeit in § 9 JArbSchG wurde zum 01.01.2020 neu geregelt:

    Die Anrechnung erfolgt auf die individuelle Arbeitszeit des Jugendlichen. Mit Blick auf die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitszeit wird auf eine starre Anrechnungsregelung verzichtet. Ist zum Beispiel aufgrund tarifvertraglicher oder betrieblicher Regelungen eine Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche an fünf Arbeitstagen vereinbart, so werden für einen Berufsschultag nach Absatz 2 Nummer 2 acht Stunden, bei einer Berufsschulwoche nach Absatz 2 Nummer 3 40 Stunden auf die vereinbarte Arbeitszeit angerechnet. Bei einer vereinbarten 35-Stunden-Woche würden entsprechend sieben Stunden bzw. 35 Stunden angerechnet. Diese Berechnung gilt auch für den Fall, dass die Arbeitszeit flexibel gestaltet wird. Überstunden bleiben bei der Berechnung unberücksichtigt.

    Die Kündigung eines Minderjährigen muss immer gegenüber dessen Eltern bzw. sonstigen gesetzlichen Vertreter, z.B. dem alleinsorgeberechtigtem Elternteil, ausgesprochen werden (LAG Schleswig-Holstein 20.03.2008 - 2 Ta 45/08).

  • Auf Jugendliche, die noch der Vollzeitschulpflicht (neun Schuljahre) unterliegen, sind die für Kinder geltenden Vorschriften anzuwenden.

Die Zulässigkeit der Beschäftigung von Kindern und der Vollzeitschulpflicht unterliegenden Jugendlichen bestimmt sich nach folgenden Grundsätzen:

  • Gemäß § 5 JArbSchG ist die Beschäftigung von Kindern und noch der Vollzeitschulpflicht unterliegenden Jugendlichen verboten.

  • Davon bestehen folgende Ausnahmen:

    • Zulässig ist gemäß § 5 Abs. 2 JArbSchG die Beschäftigung zum Zwecke der Arbeitstherapie, in Erfüllung einer richterlichen Weisung, während eines Betriebspraktikums.

    • Zulässig ist gemäß § 5 Abs. 3 JArbSchG eine zwei Stunden täglich nicht überschreitende und u.a. den Schulbesuch nicht beeinträchtigende Beschäftigung. Die im Einzelnen nach dieser Vorschrift erlaubten Tätigkeiten sind gemäß § 5 Abs. 4a JArbSchG in der Kinderarbeitsschutzverordnung abschließend aufgeführt. Dabei handelt es sich um Tätigkeiten wie das Austragen von Zeitungen oder die Betreuung von Haustieren.

    • Während der Schulferien darf für einen Zeitraum von höchstens vier Wochen im Jahr gemäß § 5 Abs. 4 JArbSchG ein Ferienjob ausgeübt werden.

    • Die Voraussetzungen der Mitwirkung von Kindern in Theateraufführungen, Filmproduktionen etc. unterliegt gemäß § 5 Abs. 6 JArbSchG im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben einer behördlichen Erlaubnis.

Bei allen Tätigkeiten sind die sonstigen Vorgaben des Jugendarbeitsschutzgesetzes zu beachten. Nicht dem Jugendarbeitsschutzgesetz unterliegt die Mithilfe von Kindern und Jugendlichen in der eigenen Familie.

3. Strafrecht

Das Jugendgerichtsgesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist.

Jugendlicher ist gemäß § 1 JGG, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.

Zum 17.12.2019 wurde in § 1 Abs. 3 JGG eine Regelung zur Klärung von Zweifelsfällen bezüglich des Alters eingefügt: Ist zweifelhaft, ob der Beschuldigte zur Zeit der Tat das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, sind die für Jugendliche geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden.

Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/13837) wird durch den Zweifelssatz aber nicht ausgeschlossen, dass zunächst zulässige und angemessene Untersuchungen zur Beseitigung des Zweifels vorgenommen werden. Den Vorgaben des Erwägungsgrunds 13 der Richtlinie 2016/800 entsprechend, wird dabei eine körperliche Untersuchung im Sinne der §§ 81a, 81b StPO zur Bestimmung des Alters zulässig sein, wenn dessen Bestimmung auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich aufwendiger wäre und die körperliche Untersuchung nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Rechtsfolge steht.

4. Genetischer Fingerabdruck

Nach der Entscheidung BVerfG 18.09.2007 - 2 BvR 2577/06 ist auch die Erstellung und Speicherung eines DNA-Identifizierungsmusters (DNA-Analyse) gegen einen Jugendlichen grundsätzlich zulässig. Bei der Prognoseentscheidung nach § 81g StPO sind dann jedoch insbesondere die besonderen Umstände der Jugendlichkeit des Täters und der Art des von ihm begangenen jugendtypischen Delikts zu berücksichtigen. Nach der Ansicht der Richter sind Körperverletzungsdelikte als "jugendtypisch" zu beschreiben. Die Mehrzahl jugendlicher Täter tritt lediglich einmal strafrechtlich in Erscheinung. Diese Tatsachen führen daher dazu, dass jugendliche Delinquenz typischerweise vorübergehend ist und grundsätzlich nur eine positive Prognose erlaubt.

5. Entscheidung über eine Abtreibung

Die Entscheidung über einen medizinischen Eingriff kann auf den Minderjährigen übertragen werden. So hat das OLG Hamm aufgrund der vorliegenden Einwilligungsreife der Minderjährigen die Zustimmungspflicht der sorgeberechtigten Mutter als nicht notwendig erachtet (OLG Hamm 29.11.2019 - 12 UF 236/19).

 Siehe auch 

Aufsichtspflicht - Eltern

Aufsichtspflichtverletzung

Erziehungshilfen

Freiwilliges ökologisches Jahr

Freiwilliges soziales Jahr

Haftung von Kindern

Heranwachsender

Jugendgerichtshilfe

Jugendgerichtliche Sanktionsmöglichkeiten

Jugendhilfe

Kind

Kinderschutz

Kindeswohl

Kindeswohl - Gefährdung

Leistungen für Bildung und Teilhabe

Minderjährigenhaftungsbeschränkung

Unterbringung ausländischer Kinder und Jugendlicher

Verkehrssicherungspflicht

Fuchs: Handbuch des gesamten Jugendrechts; Loseblattwerk

Keller: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland; Jugendhilfe 2011, 5

Keller: Grundstücksschenkung an Minderjährige; Juristische Arbeitsblätter - JA 2009, 561

Krug/Riehle: SGB VIII. Kommentar; Loseblatt

Maier-Reimer/Marx: Die Vertretung Minderjähriger beim Erwerb von Gesellschaftsbeteiligungen; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2005, 3025

Paul: Kinder, Jugendliche und Heranwachsende im strafrechtlichen Gutachten; Jura 2003, 821

Rathgeber: Jugendschutz für minderjährige Bundeswehrsoldaten?; Neue Zeitschrift für Wehrrecht - NZWehrr 2010, 1

Schellhorn/Fischer/Mann: SGB VIII. Kinder-und Jugendhilfe; 5. Auflage 2016

Schön: Verfahrenspflegschaft - Chance für Kinder und Jugendliche?; Familie und Recht - FuR 2001, 289 und 349

Wenzel: Einsatz von Minderjährigen bei Inventuren. Anforderungen und Grenzen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz; Der Betrieb - DB 2001, 1613