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Infektionskrankheit

 Normen 

IfSG

BT-Drs. 19/18111 (zu den im März 2020 in Kraft getretenen Änderungen)

BT-Drs. 19/23944 (zu den am 19. November 2020 in Kraft getretenen Änderungen)

 Information 

1. Allgemein

Infektionskrankheiten sind durch Ansteckung mit bestimmten Krankheitserregern hervorgerufene übertragbare Krankheiten. Rechtsgrundlage ist das Infektionsschutzgesetz, dessen Zweck es ist, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern.

Das Infektionsschutzgesetz enthält weitreichende Befugnisse zur Verhütung (§§ 16 ff. IfSG) sowie zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten (§§ 24 ff. IfSG).

Die in § 6 IfSG aufgeführten Infektionskrankheiten sind meldepflichtig.

Zentrale Aufgabe des Robert-Koch-Instituts ist die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten.

In Deutschland erkranken jährlich ca. 400.000 bis 600.000 Patientinnen und Patienten an Krankenhausinfektionen, die in ca. 8.000 bis 15.000 Fällen mit dem Tode der Patienten enden. Diese werden oftmals von resistenten (nosokomialen) Krankheitserregern verursacht.

Nach dem Infektionsschutzgesetz sollen diese resistenten Erreger u.a. durch bessere Einhaltung von Hygieneregeln und eine sachgerechte Verordnung von Antibiotika sowie die Berücksichtigung von sektorenübergreifenden Präventionsansätzen bekämpft werden. Die Qualität und Transparenz der Hygiene in medizinischen Einrichtungen soll gestärkt werden.

Ansteckungsverdächtiger ist nach der Legaldefinition in § 2 Nr. 7 IfSG eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein. Die Aufnahme von Krankheitserregern ist nach der Entscheidung BVerwG 22.03.2012, 3 C 16/11 anzunehmen, "wenn der Betroffene mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Kontakt zu einer infizierten Person oder einem infizierten Gegenstand hatte. (...) Die Vermutung, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, muss naheliegen. Eine bloß entfernte Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Demzufolge ist die Feststellung eines Ansteckungsverdachts nicht schon gerechtfertigt, wenn die Aufnahme von Krankheitserregern nicht auszuschließen ist. (...) Andererseits ist auch nicht zu verlangen, dass sich die Annahme "geradezu aufdrängt". Erforderlich und ausreichend ist, dass die Annahme, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher ist als das Gegenteil."

2. Zuständigkeiten

Das Infektionsschutzgesetz wird im Wesentlichen von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. Die Anordnung von Maßnahmen der Verhütung sowie der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten obliegt den nach Landesrecht zuständigen Behörden.

Im März 2020 wurde das Gesetz dahin gehend geändert, als dass Regelungen aufgenommen wurden, die für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, dem Bundesministerium für Gesundheit die entsprechenden Krisenreaktionsmaßnahmen ermöglichen. Die Definition einer epidemischen Lage bestimmt sich nach den Vorgaben in § 5 Abs. 1 S. 4 IfSG. Die Feststellung des Vorliegens einer epidemischen Lage obliegt dem Deutschen Bundestag.

Aufgrund einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite kann das Bundesministerium für Gesundheit im Rahmen der Aufgaben des Bundes insbesondere das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter-Unfall-Hilfe, den Malteser Hilfsdienst, den Arbeiter-Samariter-Bund und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft gegen Auslagenerstattung beauftragen, bei der Bewältigung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite Hilfe zu leisten.

3. Notwendige Schutzmaßnahmen

Die Befugnisse der zuständigen Behörde zum Erlass der notwendigen Schutzmaßnahmen sind in § 28 IfSG und § 28a IfSG geregelt:

Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 - 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.

Notwendige Schutzmaßnahme im Sinne von § 28 IfSG kann auch ein Schulbetretungsverbot sein (BVerwG 22.03.2012 - 3 C 16/11).

4. Verdienstausfall bei einer Kinderbetreuung durch die Eltern

Gemäß § 56 Abs. 1a IfSG besteht ein Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall für Eltern für den Fall, dass der Bundestag nach § 5 IfSG eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt hat:

Ziel der Entschädigungsregelung ist die Abmilderung von Verdienstausfällen, die erwerbstätige Sorgeberechtigte von Kindern erleiden, wenn sie ihrer beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen können, weil Einrichtungen zur Betreuung von Kindern oder Schulen aufgrund behördlicher Anordnung zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten vorübergehend geschlossen werden oder deren Betreten vorübergehend verboten ist.

Anspruchsberechtigt sind erwerbstätige Sorgeberechtigte von Kindern, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder behindert und deshalb auf Hilfe angewiesen sind.

Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch ist, dass im Zeitraum der Schließung bzw. des Betretungsverbots der Einrichtungen zur Betreuung von Kindern oder Schulen keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind sichergestellt werden kann. Eine zumutbare Betreuungsmöglichkeit ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/18111) z.B. gegeben, wenn ein Anspruch auf eine sogenannte Notbetreuung in der Kindertagesstätte oder der Schule besteht, auf den anderen Elternteil zurückgegriffen werden kann oder andere hierzu bereite Familienmitglieder/Verwandte die Betreuung des Kindes oder - bei Geschwistern - mehrerer Kinder wahrnehmen können.

Personen, die einer Risikogruppe in Bezug auf die Infektion oder übertragbaren Krankheiten angehören, zu deren Verhinderung oder Verbreitung die Einrichtungen zur Betreuung von Kindern oder Schulen von der zuständigen Behörde vorübergehend geschlossen bzw. mit einem Betretungsverbot belegt wurden, gelten nicht als "zumutbare Betreuungsmöglichkeit" im Sinne dieser Regelung.

Ein Anspruch auf Entschädigung entsteht nicht, soweit die Arbeitszeit von Sorgeberechtigten aufgrund der Anordnung von Kurzarbeit verkürzt ist, denn Sorgeberechtigte, die keine Arbeitsleistung erbringen müssen, können ihre Kinder während dieser Zeit selber betreuen.

Ein Entschädigungsanspruch greift nur, wenn allein die Schließung oder das Betretungsverbot der Schulen oder Betreuungseinrichtungen zu einem Verdienstausfall führen. Das ist z.B. nicht der Fall, wenn und soweit der Erwerbstätige bereits nach anderen gesetzlichen, tariflichen, betrieblichen oder individualrechtlichen Grundlagen unter Fortzahlung des Entgelts oder einer der Höhe nach dem Entgelt entsprechenden Geldleistung der Arbeit fernbleiben kann. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn dem sorgeberechtigten Erwerbstätigen noch Zeitguthaben zusteht. Dieses ist vorrangig abzubauen.

Nach Satz 2 haben Anspruchsberechtigte gegenüber der zuständigen Behörde bzw. auf Verlangen des Arbeitgebers auch diesem gegenüber darzulegen, dass eine zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind nicht besteht oder ggf. in welchem Umfang eine solche nicht besteht. Hierzu gehört beispielsweise die Darlegung, dass kein Anspruch auf eine sogenannte Notbetreuung besteht und anderweitige Betreuungspersonen (z.B. Freunde, Verwandte) nicht zur Verfügung stehen.

 Siehe auch 

Impfschaden

Robert-Koch-Institut

Geulen/Sothmann: Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz - Quarantäne, Kita- und Schulschließung in der Corona-Krise; Arbeitsrecht Aktuell - ArbR 2020, 217

Giesberts/Gayger/Weyand: COVID-19 - Hoheitliche Befugnisse, Rechte Betroffener und staatliche Hilfen; Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - NVwZ 2020, 417

Schwarz: Das Infektionsschutzgesetz und die Grundrechte. Ein Lehrstück zum verfassungsrechtlichen Freiheitsverständnis bei drohenden Gefahren; Juristische Arbeitsblätter - JA 2020, 321