Rechtswörterbuch

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Ermessen - Gerichtliche Kontrolle

 Normen 

§ 40 VwVfG

§ 114 VwGO

 Information 

1. Allgemein

Ermessensentscheidungen einer Behörde sind nur beschränkt gerichtlich überprüfbar. Die Überprüfung des von der Behörde ausgeübten Ermessens durch die Gerichte ist gemäß § 114 S. 1 VwGO auf die Frage beschränkt, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist,

Bei dieser Überprüfung der Rechtmäßigkeit dürfen die Gerichte folglich kein eigenes Ermessen ausüben oder eine Entscheidung über die Zweckmäßigkeit treffen. Diese Kompetenz darf der Behörde nicht genommen werden. Das Gericht ist vielmehr auf die Überprüfung von Ermessensfehlern bzw. einer Ermessensreduzierung auf Null beschränkt.

Die Ermessensausübung der Beklagten setzt bei diesem Normverständnis entgegen der Annahme der Klägerin keinen atypischen, ein Abweichen von der ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift rechtfertigenden Fall voraus. Vielmehr handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde - hier der Beklagten -, die vom Gericht nur nach Maßgabe von § 114 Satz 1 VwGO eingeschränkt zu überprüfen ist. Dabei war die Beklagte mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) an ihre eigenen Ermessensrichtlinien gebunden, soweit diese ihrerseits die gesetzlichen Vorgaben beachteten und frei von Ermessensfehlern waren (OVG Nordrhein-Westfalen 22.09.2022 - 8 A 1005/20).

Hinweis:

Im Widerspruchsverfahren ist dagegen die Rechtmäßigkeit und die Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts durch die Widerspruchsbehörde zu überprüfen. Die Begründung des Widerspruchsbescheids muss also eine eigene Ermessensentscheidung enthalten.

2. Erstmalige Ermessensentscheidung der Behörde im gerichtlichen Verfahren

Gemäß § 114 S. 2 VwGO kann die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsakts auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Das BverwG hat mit der Entscheidung BVerwG 13.12.2011 1 C 14/10§ 114 S. 2 VwGO dahin gehend ausgelegt, dass "diese Vorschrift es jedenfalls in den Fällen aufenthaltsbeendender Maßnahmen, für deren Rechtmäßigkeit es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommt, nicht ausschließt, dass die Behörde eine Ermessensentscheidung erstmals im gerichtlichen Verfahren trifft und zur gerichtlichen Prüfung stellt. Dies gilt zumindest dann, wenn sich aufgrund neuer Umstände die Notwendigkeit einer Ermessensausübung erst nach Klageerhebung ergibt."

 Siehe auch 

Ermessen

Ermessen - Zweckmäßigkeit

Ermessensfehler

Ermessensreduzierung auf Null

Selbstbindung der Verwaltung

Unbestimmter Rechtsbegriff

Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz

Eifert: Letztentscheidungsbefugnisse der Verwaltung: Ermessen, Beurteilungsspielräume sowie Planungsentscheidungen und ihre gerichtliche Kontrolle; Zeitschrift für das Juristische Studium - ZJS 2008, 336

Garbe: Die Störerauswahl und das Gebot der gerechten Lastenverteilung; Die öffentliche Verwaltung - DÖV 1998, 632

Pietzcker: Der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung; Juristische Schulung - JUS 1992, 106

Thiel: Ermessensentscheidungen im Steuerrecht. Außergerichtliche und gerichtliche Überprüfung; Steuer & Studium - SteuerStud 2011, 425