Eingruppierung
§ 12 TV-L
§ 12 TVöD
1 Allgemein
Als Eingruppierung wird die Zuordnung des Angestellten des öffentlichen/kirchlichen/sozialen Dienstes zu einer Entgeltgruppe des entsprechenden Tarifvertrages bzw. der Kollektivvereinbarung (z.B. AVR Caritas) bezeichnet. Grundlage der Eingruppierung ist die Stellenbewertung (BAG 11.11.2008 - 1 ABR 68/07).
Hinweis:
Als Umgruppierung wird allgemein die Änderung der Eingruppierung, als Höhergruppierung die Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe bezeichnet und als Rückgruppierung die Änderung in eine niedrigere Entgeltgruppe.
Keine Eingruppierung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit vorliegen.
Das Eingruppierungsrecht ist ausschließlich von den Tarifvertrags-/Arbeitsvertragsparteien sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung geprägt, die die unbestimmten Rechtsbegriffe ausfüllt bzw. ihren Anwendungsbereich vorgibt.
Hinweis:
Anders als im privaten Arbeitsvertragsrecht hat der Stelleninhaber grundsätzlich keinen Anspruch auf die im Arbeitsvertrag genannte Entgeltgruppe. Dies ergibt sich aus der Tarifautomatik des öffentlichen Dienstes. Er ist grundsätzlich in die Entgeltgruppe eingruppiert, die seiner Tätigkeit entspricht. Daher kann ein zu hoch eingruppierter Angestellter grundsätzlich ohne den Ausspruch einer Änderungskündigungrückgruppiert werden.
2 Rechtsgrundlagen
2.1 Öffentlicher Dienst - Kommunen
Gemäß § 12 TVöD richtet sich die Eingruppierung nach den mindestens zur Hälfte anfallenden Arbeitsvorgängen, die die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale einer Entgeltgruppe erfüllen.
2.2 Öffentlicher Dienst - Länder
Die Eingruppierungsgrundsätze des BAT wurden in den §§ 12 f. TV-L übernommen: Die Eingruppierung richtet sich weiterhin nach der gesamten auszuübenden Tätigkeit, die in Arbeitsvorgänge einzuteilen ist. Ausreichend ist es, wenn die Tätigkeitsmerkmale 50 % der Gesamtarbeitszeit erreichen.
Die Entgeltordnung zum TV-L (Anlage A) ist wie folgt aufgebaut.
- Teil I:
Allgemeiner Teil
- Teil II:
Tätigkeitsmerkmale für bestimmte Beschäftigungsgruppen, so u.a. (wie zuvor):
Archiv und Bibliotheksdienst
Ärzte, Apotheker, Tierärzte und Zahnärzte
Datenverarbeitung
Justizdienst
Sozial- und Erziehungsdienst
Theater und Bühnen
Sonstige Tätigkeitsmerkmale
- Teil III:
Beschäftigte mit körperlich/handwerklich geprägten Tätigkeiten
- Teil IV:
Beschäftigte im Pflegedienst
2.3 Öffentlicher Dienst - Bund
Die Eingruppierungsvorschriften für den Bereich Bund sind in dem TV EntgO Bund geregelt, die Entgeltordnung ist in der Anlage 1 zum TV EntgO Bund niedergelegt.
2.4 Kirchliche / sonstige Arbeitgeber
Rechtsgrundlage ist die Regelung in der entsprechenden kirchlichen Kollektivvereinbarung (z.B. KAVO, BAT-KF, AVR Caritas).
Daneben kommt oftmals das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes oder einer kirchlichen Kollektivvereinbarung über eine tarifvertragliche Bezugnahmeklausel zur Anwendung.
3 Inhalt der Eingruppierung
3.1 Allgemeine Grundsätze
Die Eingruppierung entspricht aufgrund der Tarifautomatik grundsätzlich dem Ergebnis der Stellenbewertung, d.h. der Bewertung der "auszuübenden Tätigkeit".
Ausnahmen bestehen, wenn in einer Entgeltgruppe eine bestimmte Aus- oder Vorbildung bzw. Berufsgruppe gefordert wird und der Stelleninhaber trotz ordnungsgemäßer Ausübung der Tätigkeit diese nicht vorweisen kann.
Beispiel:
Entgeltgruppe S 11 der Anlage C TVöD (Tarifvertrag Sozial- und Erziehungsdienst): Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit entsprechender Tätigkeit
In diesem Fall bestehen für die Eingruppierung folgende Grundsätze:
- a)
In der Entgeltgruppe/Vergütungsgruppe ist die Möglichkeit des "sonstigen Beschäftigten" / "Sonstigen Angestellten" vorgesehen:
Der Begriff des "sonstigen Angestellten, der aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausübt", findet sich in vielen Entgeltgruppen, die eine bestimmte Vor- oder Ausbildung erfordern. Damit wird die Möglichkeit eröffnet, Arbeitnehmer, die zwar nicht über die geforderte formale Vor- bzw. Ausbildung verfügen, aber entsprechende Fähigkeiten besitzen, in gleicher Weise einzugruppieren, wie jene mit einem formalen Abschluss.
- b)
Ist dies nicht der Fall, ist nach den Protokollerklärungen der meisten Entgeltordnungen vorgesehen, dass ein derartiger Stelleninhaber eine Entgeltgruppe niedriger einzugruppieren ist.
3.2 Master-/ Bachelor-Abschlüsse
Bei der Frage, wie ein Master-/Bachelor-Abschluss eingruppierungsrechtlich zu bewerten ist, gilt Folgendes:
Bachelor-Abschluss:
Die Eingruppierung in die Entgeltgruppen 9 (b) bis 12 erfordert eine abgeschlossene Bachelor- bzw. Fachhochschulausbildung. Eine abgeschlossene Hochschulbildung liegt nach den Vorbemerkungen / Protokollerklärungen zu den neuen Entgeltordnungen vor, wenn von einer Hochschule im Sinne des § 1 HRG ein Diplomgrad mit dem Zusatz "Fachhochschule" ("FH") oder ein anderer nach § 18 HRG gleichwertiger Abschlussgrad oder ein Bachelorgrad verliehen wurde.
Master-Abschluss:
Nach den Vorbemerkungen / Protokollerklärungen zu den neuen Entgeltordnungen liegt eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung vor, wenn das Studium mit einer ersten Staatsprüfung oder mit einer Diplomprüfung oder mit einer Masterprüfung beendet worden ist. Dies gilt auch dann, wenn wenn der Master an einer Fachhochschule erlangt wurde und den Zugang zum höheren Dienst bzw. zur entsprechenden Qualifikationsebene eröffnet. Dies setzt voraus, dass der Masterstudiengang das Akkreditierungsverfahren erfolgreich durchlaufen hat, solange dies nach dem jeweils geltenden Landesbeamtenrecht für den Zugang zum höheren Dienst bzw. zur entsprechenden Qualifikationsebene gefordert ist.
Vergleiche insofern auch die entsprechenden Regelungen in § 17 Abs. 5 Nr. 1 Bundesbeamtengesetz und § 13 Abs. 2 Nr. 4 BRRG.
3.3 Übernahme anderer Aufgaben
Daneben bestehen Sonderfälle, wenn eine Tätigkeit
nur vorübergehend übertragen wird; hier kommt es nicht zu einer neuen Eingruppierung.
rein begrifflich gleich bleibt, aber nachträglich von Umfang oder Niveau her "anwächst": Hier ist eine Neubewertung vorzunehmen.
4 Durchführung der Eingruppierung
Vor der Vornahme einer Eingruppierung sind folgende Schritte vorzunehmen:
- a)
Es ist eine (eingruppierungsgerechte) Tätigkeitsbeschreibung / Stellenbeschreibung zu erstellen.
- b)
Die Tätigkeit ist in Arbeitsvorgänge aufzuteilen. Diese sind Teil der Stellenbeschreibung.
- c)
Die Arbeitsvorgänge bzw. die mehr als 50 % der Tätigkeit ausmachenden Arbeitsvorgänge sind zu bewerten (Stellenbewertung)
- d)
Anhand der Stellenbewertung ist die Eingruppierung des Arbeitnehmers vorzunehmen.
5 Abgrenzung zur Stellenbewertung
Die Eingruppierung ist von der Stellenbewertung zu unterscheiden:
Mit der Stellenbewertung wird ausschließlich die Tätigkeit des Angestellten bewertet. Eingruppierung ist die dann folgende Zuordnung des die Tätigkeit ausübenden Angestellten zu der Entgeltgruppe. Dies ist in den meisten Fällen die der Stellenbewertung entsprechende Entgeltgruppe. In einigen Fällen bestimmen die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe jedoch zwingend das Vorliegen einer bestimmten Ausbildung und bestimmen, dass Mitarbeiter, die diese Tätigkeit ohne den Abschluss der Ausbildung ausüben in die eine Stufe niedrigere Entgeltgruppe einzugruppieren sind. Dies ergibt sich aus den Vorbemerkungen zu den Entgeltordnungen.
6 Mitbestimmung
Gemäß § 99 BetrVG/§ 78 BPersVG (bzw. ggf. entsprechender Personalvertretungsgesetze der Länder oder der Mitbestimmungsordnungen) erfordert sowohl die Eingruppierung als auch die Umgruppierung die Zustimmung des Betriebsrats/Personalrats/der Mitarbeitervertretung.
Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Ein- oder Umgruppierung vornehmen will:
Denn von der Eingruppierung zu unterscheiden sind personenunabhängige Bewertungen von Arbeitsplätzen oder Tätigkeiten (Stellenbewertungen). Sie können jedoch maßgebliche Vorgaben für die Eingruppierung des Arbeitnehmers enthalten, der auf dem bewerteten Arbeitsplatz tätig wird oder die bewertete Tätigkeit ausübt.
Die Bewertung von Arbeitsplätzen oder Tätigkeiten (Stellenbewertung) unterfällt nicht der Mitbestimmung. Aber:
Nach der Entscheidung BAG 17.11.2010 - 7 ABR 123/09 bedeutet dies nicht, dass sie mitbestimmungsfrei ist:
"Sofern zwischen dem bewerteten Arbeitsplatz oder der bewerteten Tätigkeit und der Entlohnung eine Verbindung hergestellt wird, kann ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Betracht kommen, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht."
"Schließlich kann dann, wenn der Arbeitgeber aus der Bewertung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit Konsequenzen für die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer Gruppe einer Vergütungsordnung zieht oder ziehen muss, ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 99 BetrVG bestehen. Dessen Gegenstand ist aber nicht die Bewertung des Arbeitsplatzes oder der Tätigkeit, sondern die sich daraus ergebende Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer Entgeltgruppe."
7 Fehlende Eingruppierungsmöglichkeit
Gibt der zuständige Tarifvertrag keine Eingruppierungsmöglichkeit vor und ist die Vergütung auch nicht vertraglich zwischen den Parteien geregelt, so bemisst sich die Höhe der Vergütung und damit die Eingruppierung dann nach § 612 Abs. 2 BGB. Als übliche Vergütung ist grundsätzlich die Beamtenbesoldung (Beamte - Alimentation) anzusehen (BAG 04.08.2016 - 6 AZR 237/15).