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Befristetes Arbeitsverhältnis - Zulässigkeit

 Normen 

§§ 14 ff. TzBfG

§§ 30 - 32 TVöD

§§ 30 - 32 TV-L

§ 21 BEEG

WissZeitVG

§ 1 BefrArbVtrÄG

§ 9 Abs. 5 FPfZG

 Information 

1. Allgemein

Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist gemäß § 14 TzBfG nur bei Vorliegen einer der folgenden Voraussetzungen zulässig:

Als Kettenarbeitsverträge werden mehrere aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge bezeichnet.

Bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines befristeten Arbeitsvertrags ist als Erstes immer folgender Grundsatz zu beachten:

"Die Wirksamkeit einer Befristung beurteilt sich nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegebenen Umständen. Danach eintretende Änderungen haben daher grundsätzlich keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung.

Fällt der bei Vertragsschluss gegebene Sachgrund für die Befristung später weg, entsteht daher kein unbefristetes Arbeitsverhältnis (BAG 29. Juni 2011 - 7 AZR 6/10). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn sich während der Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert. Wird jedoch in einem Änderungsvertrag unter Beibehaltung der vertraglich vereinbarten Befristungsdauer eine Änderung der Tätigkeit und ggf. der Vergütung vereinbart, unterliegt der Änderungsvertrag als letzter Arbeitsvertrag der Befristungskontrolle. In diesem Fall kommt es darauf an, ob bei Abschluss des Änderungsvertrags ein Sachgrund für die Befristung bestand" (BAG 17.05.2017 - 7 AZR 301/15).

2. Zeitbefristung

2.1 Allgemein

Gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig.

2.2 Verlängerungsmöglichkeiten innerhalb der Zwei-Jahres-Frist

Bei einer Zeitbefristung von nicht mehr als zwei Jahren kann der befristete Arbeitsvertrag ohne das Vorliegen eines sachlichen Grundes im Rahmen der Zwei-Jahres-Frist gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG bis zu dreimal verlängert werden. Die befristeten Arbeitsverträge müssen sich jedoch lückenlos aneinander reihen.

Das Tatbestandsmerkmal der Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags setzt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH voraus, dass die Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts noch vor Abschluss der Laufzeit des bisherigen Vertrags in schriftlicher Form vereinbart wird und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt. Allerdings können die Parteien anlässlich der Verlängerung Anpassungen des Vertragstextes an die zum Zeitpunkt der Verlängerung geltende Rechtslage vornehmen oder Arbeitsbedingungen vereinbaren, auf die der befristet beschäftigte Arbeitnehmer einen Anspruch hat. Anderenfalls liegt bei der Vereinbarung von gegenüber dem Ausgangsvertrag geänderten Arbeitsbedingungen keine Verlängerung vor, sondern der Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags, der nur mit Sachgrund zulässig ist (BAG 16.01.2008 - 7 AZR 603/06, BAG 20.02.2008 - 7 AZR 786/06).

Hingegen ist die einvernehmliche Änderung der Arbeitsbedingungen während der Laufzeit eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages nach ständiger Rechtsprechung des BGH befristungsrechtlich nicht von Bedeutung. Eine derartige Vereinbarung unterliegt nicht der Befristungskontrolle (BGH s.o., BAG 18.01.2006 - 7 AZR 178/05).

2.3 Ausschluss bei vorherigem Arbeitsverhältnis

2.3.1 Aktuelle Rechtslage

Der Abschluss eines ohne Sachgrund befristeten Arbeitsvertrages ist gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG grundsätzlich immer ausgeschlossen, wenn zwischen denselben Arbeitsvertragsparteien (zu irgend einem Zeitpunkt) zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat (Anschlussverbot).

Praxistipp:

Den Arbeitgebern, die neu zu besetzende Arbeitsverhältnisse sachgrundlos befristen wollen, ist anzuraten, sich die fehlende Vorbeschäftigung durch den ausgewählten Bewerber schriftlich bestätigen zu lassen. Entspricht dies nicht der Wahrheit und konnte der Arbeitgeber die Vorbeschäftigung nicht selbst überprüfen (Datenschutz), so kann das Arbeitsverhältnis wegen Täuschung angefochten werden. Weiterer Vorteil ist, dass bei der Anfechtung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Betriebsrat nicht zu beteiligen ist.

2.3.2 Derselbe Arbeitgeber

"Derselbe Arbeitgeber" i.S.d. § 14 Abs. 2 TzBfG ist der Vertragsarbeitgeber, d.h. die natürliche oder juristische Person, die mit dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag abgeschlossen hat. Unerheblich ist, ob der Arbeitnehmer bereits in dem Betrieb für einen anderen Arbeitgeber gearbeitet hat, z.B. im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung (BAG 16.07.2008 - 7 AZR 278/07).

"Ein vorhergehender Arbeitsvertrag hat deshalb nur dann mit demselben Arbeitgeber bestanden, wenn Vertragspartner des Arbeitnehmers bei beiden Verträgen dieselbe natürliche oder juristische Person ist (...). Die Universität Köln ist eine andere juristische Person als die Universität Düsseldorf und damit nicht derselbe Arbeitgeber (...) Für das sog. Vorbeschäftigungsverbot in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist es unerheblich, ob die Vorbeschäftigungszeit der Klägerin bei der Universität Köln von dem neuen Arbeitgeber als Beschäftigungszeit nach § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L anzuerkennen ist." (BAG 14.06.2017 - 7 AZR 608/15).

Von diesem Verbot ausgenommen sind daher Beschäftigungszeiten in einem anderen Konzernunternehmen, während der Berufsausbildung, als Praktikum oder als Leiharbeitnehmer.

Auch ein früheres Beamtenverhältnis steht der sachgrundlosen Befristung mit dem ehemaligen Dienstherrn nicht entgegen. Ein Beamtenverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis (BAG 24.02.2016 - 7 AZR 712/13).

2.3.3 Ausnahme: Unzumutbarkeit

Die Unwirksamkeit der Zeitbefristung aufgrund einer Vorbeschäftigung gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht, wenn das Verbot für die Parteien unzumutbar wäre (BVerfG 23.05.2018 - 1 BvR 97/14). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn eine Vorbeschäftigung

  • sehr lang zurückliegt,

  • ganz anders geartet war oder

  • von sehr kurzer Dauer gewesen ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat nicht näher definiert, wann eine Vorbeschäftigung "sehr lang" zurückliegt, "ganz anders" geartet oder "von sehr kurzer" Dauer war. Letztlich bedarf es hierzu einer Würdigung des Einzelfalls. Aber die neuere Rechtsprechung hat einige Anhaltspunkte gegeben:

  • Selbst wenn das vorangegangene Arbeitsverhältnis ca. 15 Jahre zurückliegt, ist dies - ohne das Hinzutreten besonderer Umstände - kein sehr langer Zeitraum in diesem Sinne (BAG 17.04.2019 - 7 AZR 323/17 - Rn. 24). Auch wenn acht Jahre zuvor ein eineinhalb Jahre andauerndes Arbeitsverhältnis bestanden hatte, reicht dies nicht aus (BAG 23.01.2019 - 7 AZR 733/16).

  • Die Vorbeschäftigung war auch nicht von sehr kurzer Dauer. Die Laufzeit des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses betrug zwei Jahre. .... ist nicht als sehr kurz im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anzusehen (vgl. BAG 17.04.2019 - 7 AZR 323/17 - Rn. 27; BAG 23.01.2019 - 7 AZR 161/15 - Rn. 25).

  • Für die Annahme einer "ganz anders gearteten Tätigkeit" im vorliegenden Zusammenhang ist regelmäßig erforderlich, dass die in dem neuen Arbeitsverhältnis geschuldete Tätigkeit Kenntnisse oder Fähigkeiten erfordert, die sich wesentlich von denjenigen unterscheiden, die für die Vorbeschäftigung erforderlich waren (BAG 16.09.2020 - 7 AZR 552/19).

Das Bundesverfassungsgericht hatte folgende Beispiele genannt: Bei geringfügigen Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studien- oder Familienzeit, bei Werkstudierenden und studentischen Mitarbeitern im Rahmen ihrer Berufsqualifizierung oder bei einer erzwungenen oder freiwilligen Unterbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergeht.

2.4 Überschreitung der Zwei-Jahres-Höchstdauer

Wird der Zwei-Jahres-Zeitraum auch nur um einen Tag überschritten, so entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. In dem zu entscheidenden Fall (s.u.) sollte das Arbeitsverhältnis mit der Teilnahme an einem Lehrgang beginnen. Der Arbeitnehmer war bereits - mit Einverständnis bzw. Kostenübernahme des Arbeitgebers - am Abend zuvor angereist. Dies reicht nach der Ansicht des LAG für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses aus, da diese Zeit bereits als Arbeitszeit zu werten sei. Das Arbeitsverhältnis hat daher bereits einen Tag früher als im Arbeitsvertrag angegeben begonnen. Das LAG hat die Revision zum BAG zugelassen (LAG Düsseldorf 09.04.2019 - 3 Sa 1126/18).

3. Öffentlicher Dienst

Die Zulässigkeit von befristeten Arbeitsverhältnissen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst beurteilt sich grundsätzlich ebenfalls nach den §§ 14 ff. TzBfG, soweit nicht in den §§ 30 - 32 TVöD / §§ 30 - 32 TV-L Abweichungen festgelegt sind.

 Siehe auch 

Befristetes Arbeitsverhältnis - Ältere Arbeitnehmer

Befristetes Arbeitsverhältnis - Form

Befristetes Arbeitsverhältnis - Hochschule

Befristetes Arbeitsverhältnis - Projektarbeit

Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund

Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund Vertretung

Gleichbehandlungsgrundsatz

Kettenarbeitsverträge

Leitende Angestellte

Probearbeitsverhältnis

BAG 22.04.2009 - 7 AZR 96/08 (Förderung der Beschäftigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers durch die Arbeitsagentur kein Sachgrund)

BAG 10.10.2007 - 7 AZR 795/06 (Befristungsgrund Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium)

BAG 16.04.2003 - 7 AZR 187/02 (Befristung eines Abrufarbeitsverhältnisses)

BAG 05.06.2002 - 7 AZR 201/01 (Sachgrund der Vertretung bei Ausscheiden des Stelleninhabers)

Groeger: Haushaltsrecht und Befristung von Arbeitsverträgen; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2008, 465

Lembke: Die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen in der Praxis; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2006, 325

Sievers: TzBfG - Kommentar zum Teilzeit- und Befristungsgesetz; 7. Auflage 2022