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Befristetes Arbeitsverhältnis - Hochschule

 Normen 

WissZeitVG

§§ 14 ff. TzBfG

 Information 

1. Allgemein

Die Voraussetzungen einer zulässigen Befristung von Arbeitsverträgen sind allgemein in dem Teilzeit- und Befristungsgesetz geregelt. Für den Bereich der Hochschulen bestehen darüber hinaus mit dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz Sonderregelungen zur Befristung von wissenschaftlichen Mitarbeitern mit folgendem Hintergrund:

Gemäß Art. 5 Abs. 3 GG besteht das Grundrecht der Freiheit der Wissenschaft. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (so u.a. BVerfG 24.04.1996 1 BvR 712/86) enthält Art. 5 Abs. 3 GG eine objektive Wertentscheidung, die den Staat dazu verpflichtet, die Pflege der freien Wissenschaft und ihre Vermittlung an die nachfolgende Generation durch Bereitstellung von personellen, finanziellen und organisatorischen Mitteln zu ermöglichen und zu fördern.

Zur sachgerechten Förderung des akademischen Nachwuchses ist die generelle Befristung der Beschäftigungsverhältnisse von wissenschaftlichen Mitarbeitern geeignet und auch erforderlich. Professionelle wissenschaftliche Arbeitsweisen können schwerlich anders als in täglicher Berufsarbeit erlernt und eingeübt werden. Dieser Sinn verflüchtigt sich, wenn das Arbeitsverhältnis über einen gewissen Zeitraum hinaus andauert. Der Einübungseffekt nutzt sich ab.

Dies rechtfertigt auch eine Befristung von Arbeitsverträgen, wenn der Mitarbeiter aus dafür bestimmten Haushaltsmitteln vergütet wird. Bei projektbezogenen Forschungsmitteln soll eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Beendigung des Projekts vermieden werden. Auch dieses Ziel ist durch den verfassungsrechtlichen Auftrag an den Gesetzgeber, Wissenschaft und Forschung zu fördern, legitimiert. Bei Mitarbeitern für bestimmte Forschungsprojekte kann eine spezifische Qualifikation erforderlich sein. Ein fester Mitarbeiterbestand würde diesem Einstellungsbedürfnis zuwiderlaufen.

Auch bei den Formanforderungen bestehen Besonderheiten:

Eine Vertragsverlängerung nach dem WissZeitVG setzt - anders als eine Vertragsverlängerung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG - nicht voraus, dass die Verlängerungsvereinbarung noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrags getroffen wird. Es ist auch nicht erforderlich, dass sich die Laufzeit des neuen Vertrags unmittelbar an den vorherigen Vertrag anschließt. Vielmehr ist innerhalb der jeweiligen Höchstbefristungsdauer auch der mehrfache Neuabschluss befristeter Arbeitsverträge zulässig (BAG 09.12.2015 - 7 AZR 117/14).

2. Anwendungsbereich

Rechtsgrundlage für die Befristung von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal im Hochschulbereich mit Ausnahme der Hochschullehrer ist das Wissenschaftszeitvertragsgesetz.

Der Begriff des "wissenschaftlichen und künstlerischen Personals" ist durch § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG eigenständig und abschließend bestimmt. Es kommt nicht auf Begriffsbezeichnungen oder Zuordnungsdefinitionen nach den landeshochschulrechtlichen Regelungen an (BAG 20.04.2016 - 7 AZR 657/14; BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 20):

  • Der Begriff des "wissenschaftlichen und künstlerischen Personals" bestimmt sich inhaltlich-aufgabenbezogen. Anknüpfungspunkt ist die Art der zu erbringenden Dienstleistung. Zum "wissenschaftlichen Personal" nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört derjenige Arbeitnehmer, der wissenschaftliche Dienstleistungen erbringt. Es kommt nicht auf dessen formelle Bezeichnung an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Das Adjektiv "wissenschaftlich" bedeutet, "die Wissenschaft betreffend". Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern.

  • Zur wissenschaftlichen Dienstleistung kann auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden gehören. Die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist dabei von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen. Bei Mischtätigkeiten ist es erforderlich, dass die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen.

Zum Anwendungsbereich der Hochschulform:

"Der Arbeitsvertrag eines Juniorprofessors an einer staatlich anerkannten Hochschule kann - anders als der Arbeitsvertrag eines Juniorprofessors an einer staatlichen Hochschule - nach den Vorschriften des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes befristet werden" (BAG 23.10.2019 - 7 AZR 7/18).

Aber: Daneben ist es der Hochschule unbenommen, nach §§ 14 ff. TzBfG zulässige befristete Arbeitsverträge zu schließen.

3. Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge im Hochschulbereich seit dem 17.03.2016

Siehe den Beitrag "Befristetes Arbeitsverhältnis - Hochschule - Zulässigkeitsgründe".

4. Rechtslage bis zum 16.03.2016

4.1 Mitarbeiter in der Qualifizierungsphase

Die Grundsätze über die Zulässigkeit von befristeten Arbeitsverträgen für wissenschaftliche Mitarbeiter in der Qualifizierungsphase sind in § 2 WissZeitVG a.F. geregelt.

Erfasst werden Arbeitsverträge mit wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeitern sowie mit wissenschaftlichen und künstlerischen Hilfskräften an staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen.

Die Befristung von Arbeitsverträgen mit Personal, das nicht promoviert ist, ist bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Nach abgeschlossener Promotion ist eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren zulässig. Der Anwendungsbereich der Medizin erstreckt sich dabei auf wissenschaftliche Mitarbeiter der medizinischen Fachrichtungen (Medizin, Tiermedizin, Zahnmedizin) und erfasst nicht auch andere in der medizinischen Forschung tätige wissenschaftliche Mitarbeiter (BAG 02.09.2009 - 7 AZR 291/08).

Befristungen von Verträgen mit studentischen Hilfskräften sind gemäß § 2 Abs. 1 WissZeitVG i.V.m. § 1 Abs. 1 WissZeitVG für eine Dauer von höchstens sechs Jahren zulässig.

Aber gemäß § 2 Abs. 1 WissZeitVG verlängert sich für jeden befristet eingestellten Mitarbeiter die insgesamt zulässige Befristungsdauer, wenn er eines oder mehrere Kinder unter 18 Jahren betreut, um weitere zwei Jahre.

4.2 Über Drittmittel befristet finanzierte Beschäftigungsverhältnisse

Die Zulässigkeit von über Drittmittel befristet finanzierte Beschäftigungsverhältnissen ist in § 2 Abs. 2 WissZeitVG gesetzlich geregelt. Danach ist die Befristung von Arbeitsverträgen auch zulässig, wenn

  • die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird,

  • die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist

    und

  • der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel beschäftigt wird.

Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ist auch die befristete Beschäftigung von nichtwissenschaftlichen und nichtkünstlerischen Personal (sogenanntes akzessorisches Personal, z.B. Laborkräfte) zulässig.

Hinweis:

Da diese Befristungsmöglichkeit unverändert in die neue Gesetzeslage übernommen wurde, kann insofern auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen werden. Siehe insofern den Beitrag "Befristetes Arbeitsverhältnis - Hochschule - Zulässigkeitsgründe".

 Siehe auch 

Befristetes Arbeitsverhältnis

Befristetes Arbeitsverhältnis - Ältere Arbeitnehmer

Befristetes Arbeitsverhältnis - Form

Befristetes Arbeitsverhältnis - Hochschule - Zulässigkeitsgründe

Befristetes Arbeitsverhältnis - Projektarbeit

Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund

Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund Vertretung

Befristetes Arbeitsverhältnis - Zulässigkeit

Sievers: TzBfG - Kommentar zum Teilzeit- und Befristungsgesetz; 6. Auflage 2019