Rechtswörterbuch

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Bebauungsplan

 Normen 

§§ 8 ff. BauGB

§ 47 VwGO

 Information 

1. Allgemein

Eine der Formen der Bauleitpläne.

Der Bebauungsplan enthält die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung. Er bildet die Grundlage für weitere, zum Vollzug des Baugesetzbuchs erforderliche Maßnahmen (vgl. § 8 BauGB).

Grundsätzlich gilt, dass der Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln ist. Ausnahmen sind der selbstständige Bebauungsplan nach § 8 Abs. 2 BauGB (die Ordnung der städtebaulichen Entwicklung erfordert nicht die Aufstellung eines Flächennutzungsplans) sowie der vorgezogene oder vorzeitige Bebauungsplan (§ 8 Abs. 3 S. 2 BauGB; § 8 Abs. 4 BauGB).

Eine Sonderform des Bebauungsplans ist der vorhabenbezogene Bebauungsplan gemäß § 12 BauGB, der aus dem Vorhaben- und Erschließungsplan zu entwickeln ist.

2. Verfahren

Das Verfahren zur Aufstellung / Änderung / Ergänzung eines Bebauungsplans ist grundsätzlich die Bauleitplanung.

Gemäß § 13 BauGB kann eine Gemeinde für die Änderung eines Bebauungsplans das vereinfachte Verfahren anwenden, wenn - neben weiteren Voraussetzungen - durch die Änderung die Grundzüge der Planung nicht berührt werden.

Wann eine Planänderung die Grundzüge der Planung berührt, lässt sich nicht für alle Konstellationen abstrakt bestimmen. Ein Rechtssatz des Inhalts, dass Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung stets oder zumindest in der Regel zu den Grundsätzen der Planung gehören, lässt sich nicht aufstellen. Ob eine Abweichung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, beurteilt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, nämlich dem im Bebauungsplan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen. Ändert eine Gemeinde nicht nur die Festsetzungen für das jeweilige Baugebiet, sondern den Baugebietstyp selbst, werden die Grundzüge der Planung allerdings in den meisten Fällen berührt sein (BVerwG 04.08.2009 - 4 CN 4/08).

3. Inhalte

Es wird unterschieden zwischen dem einfachen Bebauungsplan und dem qualifizierten Bebauungsplan.

Eine abschließende Aufzählung, welche Festsetzungen im Bebauungsplan möglich sind, enthält § 9 Abs. 1 BauGB. Maßgeblich für den näheren Inhalt der Festsetzungen ist aber § 1 Abs. 3, 5 u. 6 BauGB. Die Festsetzungen müssen demnach so detailliert sein, dass die nach § 1 Abs. 5 u. 6 BauGB vorgeschriebene notwendige Abwägung aller Belange vorgenommen und ein Interessenausgleich hergestellt werden kann.

Hinweis:

§ 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB ermöglicht es, dass in einem Bebauungsplan Gebiete festgesetzt werden, in denen bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art (z. B. Einfamilienhaus), Maß oder Nutzungsintensität (z.B. Anzahl der Bewohner, Benutzer oder Besucher) zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen (§ 3 Absatz 5a des Bun- des-Immissionsschutzgesetzes) bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen (§ 2 Nummer 3 der 12. BImSchV) dienen, getroffen werden müssen. Die Neuregelung ergänzt und präzisiert die bereits nach § 9 Absatz 1 Nummer 24 BauGB bestehenden Festsetzungsmöglichkeiten und soll den planerischen Handlungsspielraum der Gemeinden im Hinblick auf die Vermeidung und die Verringerung der Folgen von Störfällen erweitern. Insbesondere werden ausdrücklich Differenzierungen nach Art, Maß oder Nutzungsintensität der Gebäude oder Anlagen ermöglicht.

Durch den neuen § 9 Absatz 2c BauGB soll es den Gemeinden ermöglicht werden, zum Schutz vor den Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude Festsetzungen zu ihrer Zulässigkeit, ausnahmsweisen Zulässigkeit oder Nichtzulässigkeit zu treffen.

Verbindliche Vorgaben für die Zulässigkeit der Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) enthält die Baunutzungsverordnung, die dabei zugleich diese Begriffe konkretisiert.

Beispielsfall:

Ob im beplanten Innenbereich ein landwirtschaftlicher Betrieb ein genehmigungsfähiges Bauvorhaben darstellt, ist dem Bebauungsplan i.V.m. der Baunutzungsverordnung zu entnehmen. Der Bebauungsplan legt den Gebietstypus fest und aus der Baunutzungsverordnung ergibt sich, welche Bauvorhaben dort zulässig sind. Aus den Gebietstypen ist ersichtlich, dass Bauvorhaben, die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, im Innenbereich grundsätzlich nur verwirklicht werden können, wenn das Gebiet als "Dorfgebiet" (Abkürzung: MD) i.S.d. § 5 BauNVO zu charakterisieren ist.

Zuständig für den Erlass des Bebauungsplans ist die Gemeinde. Nach Durchlauf eines Planaufstellungsverfahrens beschließt sie den Bebauungsplan als Satzung. Eine Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde bedarf es nur im Fall eines selbstständigen, vorgezogenen oder vorzeitigen Bebauungsplans, also nur dann, wenn der Bebauungsplan ohne zugrunde liegenden Flächennutzungsplan ergeht.

4. Ausnahmen und Befreiungen

4.1 Allgemein

Gemäß § 31 BauGB können von den Festsetzungen des Bebauungsplans Ausnahmen und Befreiungen zugelassen werden. Bei den Ausnahmen müssen diese in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und einer der in § 31 BauGB aufgeführten Sachverhalte nicht vorliegt bzw. berücksichtigt wurde.

Baulandsmobilisierungsgesetz:

§ 31 BauGB wurde wie folgt ergänzt: In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a BauGB bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

4.2 Flüchtlingsunterkünfte

Einer der Befreiungsgründe ist, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern. Dabei wurde im November 2014 mit dem "Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen" die Ergänzung eingefügt, dass dies einschließlich für die Bedarfe zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern gelte. Anders ausgedrückt: Das Vorliegen von Gründen des Wohls der Allgemeinheit bei Erteilung von Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans bei der Errichtung und Erweiterung von Anlagen zur Unterbringung Flüchtlingen oder Asylbewerbern sowie bei der Nutzungsänderung von anderen baulichen Anlagen in Anlagen zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbewerber angenommen werden kann.

Mit der Regelung wird damit das besondere öffentliche Interesse an der Schaffung solcher Anlagen herausgestellt. Dies hat Bedeutung insbesondere für die im Rahmen von Befreiungen notwendige Bewertung der Zumutbarkeit der Befreiung im Verhältnis zu nachbarlichen Interessen und anderen öffentlichen Belangen (Gemeinwohl).

Siehe zu den weiteren Voraussetzungen den Beitrag "Bebauungsplan - Flüchtlingsunterkünfte".

5. Rechtsschutz

Rechtsschutz vor den Wirkungen des Bebauungsplans kann jede natürliche oder juristische Person vor dem Oberverwaltungsgericht durch Antrag auf Durchführung der Normenkontrolle (vgl. § 47 VwGO) erlangen. Der Antrag muss nach § 47 Abs. 2 VwGO innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Bekanntgabe des Bebauungsplans gestellt werden. Antragsberechtigt ist aber nur, wer geltend machen kann, durch den Bebauungsplan in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.

Für die Antragsbefugnis reicht es demnach nicht aus, wenn die antragstellende Person einen aufgrund des Bebauungsplans erlittenen oder drohenden Nachteil geltend macht, der sich schon aus jedem abwägungserheblichen Belang i.S.d. § 1 Abs. 5 und 6 BauGB ergeben konnte - soweit es sich dabei um rechtlich geschützte Interessen handelte.

Zu bejahen ist die Antragsbefugnis dann, wenn der Bebauungsplan Festsetzungen enthält, die das Grundstück unmittelbar betreffen (Antragsbefugnis aus Art. 14 GG), z.B. durch die Bebaubarkeit des Grundstücks beschränkende Festsetzungen (vgl. BVerwG 10.3.1998 - 4 CN 6/97).

Darüber hinaus ist die Antragsbefugnis von der Rechtsprechung in Fällen bloß mittelbarer Beeinträchtigung (Grundstück liegt außerhalb des Plangebiets) bejaht worden, in denen die Festsetzungen auf Nachbargrundstücken einen möglichen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot bedeuten (vgl. BVerwG 24.11.1998 - 4 CN 2/98; OVG NW 07.02.1997 - 7 a D 134/95).

Beispiel:

Gegen einen in unmittelbarer Nachbarschaft von landwirtschaftlich genutzten Flächen aufgestellten Bebauungsplan, der ein Wohngebiet (WA/WR) festsetzt, können die Inhaber/Betreiber landwirtschaftlicher Betriebe (z.B. Schweinemast, Rinder- und Hühnerhaltung) den Antrag auf Normenkontrolle mit der Begründung erheben, ihre bauplanungsrechtliche Situation werde wegen zu geringer Abstände zwischen der geplanten Bebauung und der Landwirtschaft nachteilig verändert (vgl. VGH Baden-Württemberg 15.11.1999 - 3 S 2899/98).

Eine weitere Rechtsschutzmöglichkeit stellt die "inzidente Normenkontrolle" in anderen Gerichtsverfahren dar. Zur inzidenten Kontrolle des Bebauungsplans kommt es dann, wenn die richterliche Entscheidung von der Gültigkeit des Bebauungsplans abhängt, also häufig im Rahmen einer Verpflichtungsklage (Eigentümer greift die ablehnende Bescheidung seines Baugesuchs an) oder einer Anfechtungsklage (Nachbar greift eine erteilte Baugenehmigung mit der Begründung an, die Festsetzung des Bebauungsplanes, auf den sich die Baugenehmigung stütze, sei nichtig).

Zu beachten ist, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Überprüfung eines Bebauungsplans dann nicht mehr besteht, wenn die angegriffene Festsetzung durch Baumaßnahmen bereits vollständig verwirklicht ist und die zugrundeliegenden Baugenehmigungen bestandskräftig sind (BVerwG 28.08.1987 - 4 N 3/86).

 Siehe auch 

Baunutzungsverordnung

Bauplanungsrecht

Bebauungsplan - einfacher

Bebauungsplan - qualifizierter

Flächennutzungsplan

Normenkontrollverfahren

BVerwG 27.03.2013 - 4 C 13/11 (Städtebauliche Rechtfertigung von Einzelhandelsausschlüssen in einem Bebauungsplan zum Zwecke der Stärkung oder des Schutzes von Versorgungszentren auf kommunale Planungskonzepte)

BVerwG 26.01.2009 - 4 BN 27/08 (Maßgebender Zeitpunkt für den Abschluss eines Bebauungsplanverfahrens)

BVerwG 30.04.2004 - 4 CN 1/03 (Interesse an Einbeziehung in Bebauungsplan)

BVerwG 09.02.2004 - 4 BN 28/03 (Widerspruch der Festsetzungen eines Bebauungsplans zur Landschaftsschutzverordnung)

BVerwG 10.03.1998 - 4 CN 6/97

BVerwG 28.08.1987 - 4 N 3/86

Glöckner/Berg: Fachanwaltskommentar Bau- und Architektenrecht; 2. Auflage 2015

Heyl: Bodenbelastungen - Konfliktbewältigung bei der Bebauungsplanung; Baurecht - BauR 2003, 333

Kuffer/Wirth: Handbuch des Fachanwalts Bau- und Architektenrecht; 6. Auflage 2020

Michallik: Maß der baulichen Nutzung. Angebotsbebauungsplan oder vorhabenbezogener Bebauungsplan bei hoher Nutzungsdichte?; Baurecht - BauR 2014, 494