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Ausschlussfrist - Arbeitsrecht

Normen

§ 4 Abs. 4 TVG

§ 37 TVöD

§ 37 TV-L

Information

1 Allgemein

Frist, innerhalb der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht werden müssen.

Rechtsgrundlage von Ausschlussfristen im Arbeitsrecht können Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder der Arbeitsvertrag sein.

Es werden im Arbeitsrecht folgende Formen von Ausschlussfristen unterschieden:

  • Einstufige Ausschlussfristen, bei denen der Anspruch innerhalb der Frist geltend gemacht werden muss.

  • Zweistufige Ausschlussfristen, bei denen innerhalb einer weiteren Frist Klage eingereicht werden muss.

Hinweis:

Tarifvertragliche Ausschlussfristen, die eine rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung vorsehen, sind dahin gehend auszulegen, dass die vom Erfolg einer Bestandsschutzstreitigkeit abhängigen Ansprüche (z.B. der Anspruch auf rückwirkende Zahlung der Vergütung bei Erfolg der Kündigungsschutzklage) bereits mit der Klage in der Bestandsstreitigkeit gerichtlich geltend gemacht sind (BAG 19.09.2012 – 5 AZR 627/11).

Der Richter hat im Prozess von Amts wegen das Vorliegen einer Ausschlussfrist zu prüfen, es handelt sich insofern um eine Einwendung. Der Anspruch erlischt automatisch, auch eine Aufrechnung ist nicht mehr möglich.

2 Arbeitsvertrag

Formanforderung:

Sind in einem Arbeitsvertrag Ausschlussfristen enthalten, so müssen diese besonderen Anforderungen genügen:

»Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen muss aus der Verfallklausel, wenn diese dem Transparenzgebot genügen soll, ersichtlich sein, welche Rechtsfolgen der Vertragspartner des Verwenders zu erwarten hat und was er zu tun hat, um deren Eintritt zu verhindern« (BAG 03.12.2019 – 9 AZR 44/19).

Inhalt der Ausschlussklausel:

Mit der Entscheidung BAG 18.09.2018 – 9 AZR 162/18 hat das BAG festgelegt, dass eine vorformulierte Ausschlussklausel (gänzlich) unwirksam ist, wenn sie nicht den Anspruch auf die Mindestlohnvergütung von der Ausschlussfrist ausschließt. Dabei gilt die Unwirksamkeit der Klausel dann für sämtliche noch ausstehende Ansprüche des Arbeitnehmers.

In diesem Urteil weist das BAG auch auf einen Formulierungsvorschlag für eine Klausel hin, die den Ansprüchen des Gerichts genügt (»…vgl. zu einem Formulierungsvorschlag Roloff FS Willemsen 2018 S. 416«).

Die Ausschlussfrist gilt nicht:

  1. 1.

    für die Haftung aufgrund Vorsatzes

  2. 2.

    für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit oder

  3. 3.

    für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Ausschlussfrist entzogen sind (z.B. AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG).

Als unwirksam wird nach der Entscheidung BAG 01.03.2006 – 5 AZR 511/05 auch eine Ausschlussfrist angesehen, die für den Beginn der Frist nicht auf die Fälligkeit der Ansprüche, sondern allein auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abstellt.

Zudem hat der 8. Senat des BAG weitere Anforderungen an die wirksame Vereinbarung einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist gestellt. Danach müssen auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher Vertragsverletzung und aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung ausgenommen werden (BAG 26.11.2020 – 8 AZR 58/20).

Zweistufige Ausschlussklausel:

Wird in einem vorformulierten Arbeitsvertrag eine zweistufige Ausschlussfrist vereinbart, so muss die Klagefrist als zweite Stufe gemäß dem Urteil BAG 25.05.2005 – 5 AZR 572/04 mindestens drei Monate betragen. Ist eine kürzere Frist vorgesehen, so ist die Klausel gemäß dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Einzelvertraglich können die Parteien eine kürzere Frist vereinbaren.

Das in einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist in der zweiten Stufe enthaltene Erfordernis des Einklagens von Annahmeverzugsansprüchen, die von einem Kündigungsschutzprozess abhängen, verlangt nicht mehr als die Erhebung der Kündigungsschutzklage selbst (BAG 19.03.2008 – 5 AZR 429/07).

Intransparenz:

»Die zweite Stufe einer vom Arbeitgeber als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellten Ausschlussfristenregelung ist intransparent, wenn sie - ausgehend von dem bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB anzuwendenden abstrakt-generellen Prüfungsmaßstab (…) - dem verständigen Arbeitnehmer suggeriert, er müsse den Anspruch ausnahmslos innerhalb der vorgesehenen Ausschlussfrist auch dann gerichtlich geltend machen, wenn der Arbeitgeber die Erfüllung des Anspruchs zugesagt oder den Anspruch anerkannt oder streitlos gestellt hat. Eine in diesem Sinne zu weit gefasste Klausel benachteiligt den Vertragspartner unangemessen, weil sie nicht der wahren Rechtslage entspricht. Sie ist in rechtlicher Hinsicht irreführend und deshalb geeignet, den Arbeitnehmer davon abzuhalten, sich auf seine Rechte zu berufen« (BAG 03.12.2019 – 9 AZR 44/19).

Schadensersatzansprüche:

Die Auslegung einer Klausel in einem Arbeitsvertrag, nach der »vertragliche« Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht spätestens innerhalb von sechs Monaten nach jeweiliger Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, ergibt, dass von ihr sämtliche Ansprüche auf Schadensersatz – unabhängig von der konkreten Anspruchsgrundlage nicht erfasst werden (BAG 21.04.2016 – 8 AZR 753/14).

Urlaubsabgeltung:

»Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung kann als reiner Geldanspruch (Anmerk: arbeitsvertraglichen) Ausschlussfristen unterliegen« (BAG 09.03.2021 – 9 AZR 323/20).

Unwirksamkeit der Ausschlussfrist:

Sofern die Ausschlussfrist unwirksam ist, kann sie nicht aufrechterhalten werden. An die Stelle der vertraglichen Ausschlussfrist treten unter Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen die gesetzlichen Bestimmungen (BAG 09.03.2021 – 9 AZR 323/20).

3 Betriebsvereinbarung

Der Anwendungsbereich von Ausschlussfristen in Betriebsvereinbarungen erstreckt sich auf die nicht bereits in einem Tarifvertrag geregelten Bereiche.

4 Tarifvertrag

4.1 Erfasste Ansprüche

Zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis zählen wegen des einheitlichen Lebensvorgangs nicht nur vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche, sondern auch solche aus unerlaubter Handlung, mithin auch Ansprüche wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie der Entschädigungsanspruch wegen einer Verletzung der Allgemeinen Gleichbehandlung (LAG Köln 28.05.2014 – 11 Sa 1102/12).

Ein Arbeitnehmer macht mit Erhebung einer Bestandsschutzklage (Kündigungsschutz- oder Befristungskontrollklage) die von deren Ausgang abhängigen Vergütungsansprüche »gerichtlich geltend« und wahrt damit die zweite Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist (BAG 19.09.2012 – 5 AZR 627/11).

Die Ausschlussfrist erfasst alle Ansprüche, die in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Rechtsgrundlagen können Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag, einer Dienstvereinbarung, einem Tarifvertrag oder sonstigen arbeitsrechtlichen Rechtsgrundlagen sein.

Nicht erfasst werden u.a. Ansprüche aus einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich, aus einer Grundrechtsverletzung, sozialversicherungsrechtliche Ansprüche und Ansprüche aus einem Sozialplan.

Die Ausschlussfrist beinhaltet nicht den Anspruch auf Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe, aber den Anspruch auf die Vergütung nach der Entgeltgruppe.

Beispiel:

Ein Arbeitnehmer kann geltend machen, er habe in den vergangenen drei Jahren eine Tätigkeit ausgeübt, die einer höheren Entgeltgruppe entspricht. Die Einforderung des mit der höheren Entgeltgruppe verbundenen Entgelts kann aber nur für die zurückliegenden sechs Monate geltend gemacht werden.

4.2 Kenntnis/Unkenntnis

In einem Tarifvertrag enthaltene Ausschlussfristen sind auch dann wirksam, wenn sie dem Arbeitnehmer unbekannt sind und der Arbeitgeber gegen seine grundsätzlich bestehende Pflicht zum Aushang des Tarifvertrags im Betrieb verstoßen hat.

Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer erst durch ein Urteil des BVerfG Kenntnis von dem Bestehen seines Anspruchs erlangt (BAG 13.12.2007 – 6 AZR 222/07).

4.3 Nachweis der Ausschlussfrist

»Kommt der Arbeitgeber mit seiner Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG in der bis zum 31. Juli 2022 geltenden Fassung (im Folgenden aF), dem Arbeitnehmer eine Ausschluss-/Verfallfrist nachzuweisen, in Verzug, hat er nach § 280 Abs. 1 und Abs. 2, § 286 BGB dem Arbeitnehmer den dadurch adäquat-kausal verursachten Schaden zu ersetzen. Der Schadensersatzanspruch besteht in Höhe des erloschenen (Vergütungs)Anspruchs, wenn dieser nur wegen der Versäumung der Ausschlussfrist erloschen ist und er bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des Arbeitgebers nicht untergegangen wäre. (…)

Weist der Arbeitgeber entgegen § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF eine Ausschluss-/Verfallfrist nicht nach, ist grundsätzlich zu vermuten, dass der Arbeitnehmer die Frist im Falle eines Hinweises beachtet hätte. (…)

Die Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens reicht allerdings nicht so weit, dass angenommen werden kann, der Geschädigte hätte ihm nicht bekannte Ansprüche rechtzeitig vor Ablauf der Ausschluss-/Verfallfrist geltend gemacht. Ansprüche, die dem Arbeitnehmer nicht bekannt sind, hätte dieser auch in Kenntnis der Ausschluss-/Verfallfrist nicht rechtzeitig geltend machen können« (BAG 22.09.2022 – 8 AZR 4/21).

4.4 Beginn der Frist

Die Ausschlussfrist beginnt mit der Fälligkeit des Anspruchs. Die Fälligkeit liegt vor, wenn der Arbeitgeber Kenntnis von der Überzahlung hat oder hätte haben müssen (u.a. BAG 25.04.2013 – 6 AZR 711/11).

Die Fristberechnung bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften. Bei einer auf einem rechnerischen oder technischen Bearbeitungsfehler beruhenden Überzahlung durch den Arbeitgeber wird der Anspruch auf die Rückzahlung der überzahlten Vergütung grundsätzlich mit der jeweiligen Gehaltszahlung fällig.

Aber: Die Ausschlussfrist beginnt nicht zu laufen, wenn dem Vertragspartner ein Verstoß gegen den Treu- und Glauben-Grundsatz in der Form der unzulässigen Rechtsausübung vorgeworfen werden kann. Danach ist der Arbeitnehmer bei erheblichen Überzahlungen verpflichtet, sich bei dem Arbeitgeber nach dem Rechtsgrund zu erkundigen bzw. ihn über die Überzahlung zu informieren. Jedoch ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Berufung der zurückfordernden Vertragspartei auf die rechtsmissbräuchliche Nutzung der Ausschlussfrist unzulässig, wenn die Partei trotz Kenntnis des Überzahlungstatbestandes längere Zeit von einer Geltendmachung des Rückzahlungstatbestandes absieht.

Dabei ist nach der Rechtsprechung ein strenger Zeitrahmen zu beachten: In der Entscheidung (BAG 10.03.2005 – 6 AZR 217/04) erkannte das klagende Land Anfang Oktober 2001 die (zehn Jahre andauernde) irrtümliche Gehaltszahlung, der Rückzahlungsanspruch gegen die Arbeitnehmerin wurde erstmals Ende Februar 2002 geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt hatte das klagende Land bereits mehrere Monate Kenntnis von der Gehaltsüberzahlung. Es hat seinen Rückzahlungsanspruch somit nach der Ansicht der Richter nicht innerhalb einer kurzen Frist geltend gemacht. Die tarifliche Ausschlussfrist begann somit nicht neu zu laufen.

Bei Vorliegen von Ansprüchen aufgrund von Mobbing-Handlungen beginnt die Ausschlussfrist wegen der systematischen, sich aus mehreren einzelnen Handlungen zusammensetzenden Verletzungshandlung regelmäßig erst mit der zeitlich letzten Mobbing-Handlungen (LAG Köln 28.05.2014 – 11 Sa 1102/12).

4.5 Betriebsübergang

Widerspricht der Arbeitnehmer bei einem Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses, so läuft eine tarifliche Ausschlussfrist zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber, die von dem Widerspruch abhängen, grundsätzlich erst ab dem Zugang des Widerspruchs (BAG 16.04.2013 – 9 AZR 731/11).

4.6 Rechtsgrundlage im TVöD/TV-L

4.6.1 Allgemein

Gemäß § 37 TVöD/§ 37 TV-L sind Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von sechs Monaten schriftlich geltend zu machen. Die Frist beginnt mit der Fälligkeit des Anspruchs. Die Geltendmachung des Anspruchs vor Fälligkeit ist unwirksam. Die Ausschlussfrist gilt sowohl für Ansprüche des Arbeitgebers als auch für Ansprüche der Arbeitnehmer. Die obigen Grundsätze gelten auch für diese Ausschlussfristen.

4.6.2 Geltendmachung eines Höhergruppierungsanspruchs

Allgemein:

Mit der Geltendmachung eines Höhergruppierungsanspruchs hat der Mitarbeiter automatisch Anspruch auf Zahlung des Entgelts sechs Monate rückwirkend zum Geltendmachungsschreiben:

§ 37 Abs. 1 S. 2 TVöD bestimmt, dass – soweit derselbe Sachverhalt betroffen ist – eine einmalige Geltendmachung auch für später fällig werdende Leistungen ausreicht. Dies wird von der Rechtsprechung auch uneingeschränkt so anerkannt (LAG Hamm 23.09.2020 – 3 Sa 433/20).

Anforderungen an den Höhergruppierungsantrag:

»Ausgehend von ihrem Sinn und Zweck ist die Ausschlussfrist nur gewahrt, wenn die Anspruchstellerin unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass sie Inhaberin einer nach Grund und Höhe spezifizierten Forderung ist und auf der Erfüllung dieser Forderung besteht« (BAG 17.11.2021 – 4 AZR 77/21).

Dabei muss die gewünschte Entgeltgruppe konkret genannt werden:

  • »Die Klägerin beantragt lediglich »die Höhergruppierung nach § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund«, ohne eine Entgeltgruppe zu benennen. Darüber hinaus nimmt sie Bezug auf das Schreiben der Beklagten vom 4. Mai 2015, mit dem ihr die Möglichkeit eröffnet worden ist, »vorsorglich« einen Antrag nach § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund zu stellen. Dem Antrag lässt sich daher weder entnehmen, die Klägerin sei der Auffassung, Inhaberin einer Forderung zu sein, noch, welchen Inhalt diese haben soll. Der Antrag soll allein und ggf. abhängig vom Ergebnis der Prüfung der Beklagten die Möglichkeit einer Höhergruppierung sichern« (BAG 17.11.2021 - 4 AZR 77/21).

  • »Diesen Anforderungen genügt der Höhergruppierungsantrag. Die Klägerin verlangt nicht lediglich eine »Überprüfung« oder »Neubewertung« ihrer Tätigkeiten, sondern eine »Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9a rückwirkend ab dem 01.01.2017«. Dadurch ist für die Beklagte hinreichend deutlich geworden, dass die Klägerin die Auffassung vertritt, einen Anspruch auf eine Vergütung nach Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA ab dem 1. Januar 2017 zu haben. Für einen Höhergruppierungsantrag allein hätte es der Angabe der Entgeltgruppe nicht bedurft. Die Höhe der sich daraus ergebenden Differenzvergütung war für die Beklagte unschwer erkennbar« (BAG 27.04.2022 – 4 AZR 463/21).

Möglichkeit des Arbeitgebers zur Verhinderung unbegrenzter Nachzahlungen:

Der Arbeitgeber kann dann nach einmaliger Geltendmachung nur noch die Einrede der Verjährung erheben (BAG 20.04.2011 – 4 AZR 368/09). Gleichwohl kann unter besonderen Einzelfallumständen eine Verwirkung der Geltendmachung des Nachzahlungsanspruchs angenommen werden (LAG Hamm – 07.07.2016 – 8 Sa 306/16):

Beispiel:

In dem von dem LAG Hamm zu entscheidenden Fall hatte der Kläger sein inhaltsgleiches Höhergruppierungsbegehren in den Jahren 2001, 2005 und 2009 jeweils schriftlich vorgebracht. Die Beklagte hat jeweils klar ablehnend reagiert und den Anspruch mit inhaltlich konsistenter Begründung konsequent zurückgewiesen. Nach dreimaliger Ablehnung, insgesamt rund 13-jähriger Nichtverfolgung auf dem Rechtsweg und zuletzt nochmals rund fünfjähriger Untätigkeit des Klägers musste die Beklagte bei objektiver Betrachtung dieses Vorverhaltens im Dezember 2014 nicht mehr damit rechnen, dass der Kläger seine Ansprüche gleichwohl – ohne oder bei nochmaliger Geltendmachung für die Zukunft – außerhalb der 6-monatigen Regelausschlussfrist rückwirkend wieder aufrufen und weiter verfolgen wird.

4.6.3 Anforderungen an die Geltendmachung

Die Geltendmachung von Ansprüchen setzt die Klarstellung voraus, dass an den Schuldner ein näher bestimmter Anspruch gestellt wird. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Hinweis des Gläubigers, er behalte sich die Verfolgung von Ansprüchen vor (LAG Köln 24. 7. 1984 – 6 Sa 509/84), ebensowenig ausreicht wie die Aufforderung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber, eine Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf eine freiwillige Zulage »in schriftlicher Form zu begründen« und eine solche Anrechnung »noch einmal zu überdenken« (BAG 05.04. 1995 – 5 AZR 961/93).

Kein Anspruch besteht, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass er den Arbeitgeber unabhängig von dem Ergebnis der Prüfung auf Zahlung von Vergütung in Anspruch nehmen will (BAG 10.12.1997 – 4 AZR 228/96).

4.7 Fristwahrung bei Klageeinreichung

Die die Rückwirkung der Zustellung regelnde Vorschrift des § 167 ZPO findet auf die Wahrung einer in einem Tarifvertrag geregelten und durch ein einfaches Schreiben einzuhaltenden Ausschlussfrist keine Anwendung. Erforderlich für das Einhalten der Frist ist, dass die Rechtshängigkeit innerhalb der Frist eingetreten ist (BAG 16.03.2016 – 4 AZR 421/15).

4.8 Fristwahrung durch Beschäftigungsklage

»Mit einer Klage auf vertragsgemäße Beschäftigung macht der Arbeitnehmer zugleich die für diese Beschäftigung vereinbarten Entgeltansprüche im Sinne der ersten Stufe einer (tarif-)vertraglichen Ausschlussfrist geltend« (BAG 18.09.2019 – 5 AZR 240/18).

5 Kirchliche Kollektivvereinbarungen/Arbeitsvertragsrichtlinien

Auch in den kirchlichen Kollektivvereinbarungen/Arbeitsvertragsrichtlinien (z.B. AVR Caritas, BAT-KF, KAVO) sind den Ausschlussklauseln des TVöD entsprechende Ausschlussklauseln enthalten. Die Kollektivvereinbarungen/Arbeitsvertragsrichtlinien sind über eine Bezugnahmeklausel in den jeweiligen Arbeitsverträgen anwendbar und zumeist nicht direkt in dem Vertrag vereinbart.

Jedoch ist in diesen Fall nach einem aktuellen Urteil des BGH (BAG 30.10.2019 – 6 AZR 465/18) die Ausschlussfrist nicht anwendbar:

»Sehen kirchliche Arbeitsrechtsregelungen für die Geltendmachung von Ansprüchen eine Ausschlussfrist vor, ist dies als wesentliche Vertragsbedingung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG schriftlich niederzulegen. Der pauschale Verweis auf die Geltung der kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen reicht hierfür nicht aus.«

metis