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Arbeitslosengeld II - Freibeträge

 Normen 

SGB II

Bürgergeld-V

BT-Drs. 20/3873 (zum Bürgergeldgesetz)

 Information 

1. Aktuelle Rechtslage

Für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die Bürgergeld beziehen und gleichzeitig erwerbstätig sind, bestehen Freibeträge bei der Anrechnung ihres durch die Erwerbstätigkeit erzielten Einkommens sowie der Berücksichtigung ihres Vermögens.

2. Rechtslage bis zum 30.06.2023

Die Grundlagen des bei dem Leistungsberechtigten zu berücksichtigenden Einkommens sind in den §§ 11 - 11b SGB II geregelt:

Nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge und mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen.

Begriffsbestimmung "Einkommen" und "Vermögen":

Dabei ist Einkommen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was der Leistungsberechtigte vor der Antragstellung bereits hatte (modifizierte Zuflusstheorie - siehe auch unten). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Ungeschriebenes zusätzliches Tatbestandsmerkmal von § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II ist mithin, dass als Einkommen nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen sind, die im Monat des Zuflusses als "bereite Mittel" zur Existenzsicherung eingesetzt werden können (BSG 19.08.2015 - B 14 AS 43/14 R).

Entsprechend ist in der Rechtsprechung geklärt, dass eine einmalige Einnahme auch über einen Verteilzeitraum hinweg nur bedarfsmindernd berücksichtigt werden darf, soweit sie als "bereites Mittel" geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken.

Gemäß § 11a Abs. 5 SGB II bleiben Geldzahlungen unberücksichtigt, wenn sie als Zuwendung zu qualifizieren sind. Nach dem Gesetzeswortlaut handelt es sich um eine Zuwendung, wenn ein anderer sie erbringt, ohne hierzu rechtllich oder sittlich verpfllichtet zu sein. Das Bundessozialgericht hat das Trinkgeld als eine solche Zuwendung qualifiziert (BSG 13.07.2022 - B 7/14 AS 75/20 R).

Einzelfälle zum Einkommen:

  • Die Aufwandsentschädigung eines ehrenamtlichen Betreuers, der Leistungen nach dem SGB II bezieht, ist Einkommen, das insgesamt im Monat des Zuflusses als Einkommen anzurechnen ist, nachdem die gesetzlichen Absetzbeträge berücksichtigt worden sind (BSG 24.08.2017 - B 4 AS 9/16 R).

  • Eine Zinsgutschrift ist als Einkommen und nicht als Vermögen anzusehen ist. Ohne Bedeutung für die gebotene Unterscheidung zwischen Einkommen und Vermögen ist dagegen, ob der Klägerin die Mittel ohne Kündigung zu diesem Zeitpunkt zur Deckung des Lebensunterhalts tatsächlich zur Verfügung standen. Bedeutung hat die tatsächliche Verfügbarkeit des Wertzuwachses allerdings entgegen der Auffassung des Beklagten für die Frage, ob das Einkommen bereits im Monat des Zuflusses als zur Sicherung des Lebensunterhalts "bereites Mittel" bedarfsdeckend zu berücksichtigen ist.

  • Demgemäß ist auch eine angefallene Erbschaft erst ab dem Zeitpunkt bedarfsdeckend als Einkommen zu berücksichtigen, in dem sie als "bereites Mittel" zur Verfügung steht.

  • Ebenso sind gepfändete Anteile des Einkommens von der Einkommensberücksichtigung ausgenommen, solange sie nicht als "bereite Mittel" zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen.

Allgemein bestehen folgende Einkommensfreibeträge:

  • Jeder erwerbstätige Leistungsberechtigte hat einen Grundfreibetrag in Höhe von 100,00 EUR monatlich aus seiner Erwerbstätigkeit.

    Darüber hinaus bestehen folgende Freibeträge:

    • Bei einem Bruttoeinkommen zwischen 100,01 und 1.000,00 EUR können 20 % des Nettoeinkommens anrechnungsfrei hinzuverdient werden.

    • Bei einem Bruttoeinkommen zwischen 1.001,01 und 1.200,00 EUR können 10 % des Nettoeinkommens anrechnungsfrei hinzuverdient werden.

      Hat der erwerbsfähige Leistungsberechtigte mindestens ein minderjähriges Kind, so tritt an die Stelle der Höchstgrenze von 1.200,00 EUR der Betrag von 1.500,00 EUR.

    • 1.200,00 EUR bzw. 1.500,00 EUR übersteigende Beträge sind in voller Höhe anzurechnen.

  • Gemäß § 1 Absatz 1 Nr. 16 Bürgergeld-V sind die Einnahmen von Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden, nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit diese einen Betrag in Höhe von 2.400 Euro kalenderjährlich nicht überschreiten (bis 30.06.2023).

  • Bei der Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit ist von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus selbstständiger Arbeit erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs 1 S 4 SGB II) tatsächlich zufließen. Zur Berechnung des Einkommens sind von den Betriebseinnahmen die im deckungsgleichen Zeitraum tatsächlich aufgewendeten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge abzuziehen. Von den Einnahmen aus (selbstständiger) Erwerbstätigkeit ist mindestens der Grundfreibetrag von 100,00 EUR monatlich abzusetzen (§ 11b Abs 2 S 1 SGB II) (BSG 26.07.2016 - B 4 AS 54/15 R).

  • Bei einem Zusammentreffen von geringem Einkommen aus Erwerbstätigkeit und Taschengeld aus dem Bundesfreiwilligendienst ist es geboten, den Leistungsberechtigten neben dem Grundfreibetrag aus Erwerbstätigkeit einen weiteren Freibetrag von dem Taschengeld einzuräumen (BSG 26.07.2016 - B 4 AS 54/15 R).

 Siehe auch 

Agentur für Arbeit

Arbeitsgelegenheit

Arbeitslosenförderung

Arbeitslosengeld

Arbeitslosengeld II

Arbeitslosengeld II - Sanktionen

Sozialgeld

Vorgezogene Altersrente SGB II

Estelmann: Grundsicherung für Arbeitsuchende. Kommentar; 1. Auflage 2023