Erbschleicher: "Pflegst du noch oder erbst du schon?"

Erbschleicher: "Pflegst du noch oder erbst du schon?"
14.08.20094597 Mal gelesen
Mit dem Anstieg der allgemeinen Lebenserwartung steigt auch die Anzahl der Betreuungs- oder Pflegebedürftigen in unserer Gesellschaft. In vielen Fällen werden die Hilfsbedürftigen von Familienangehörigen, Nachbarn oder Freunden unterstützt, die leider nicht immer rein altruistische Ziele verfolgen.

Die Hilfe erstreckt sich von der Abwicklung des Alltagsgeschäfts wie Einkaufen, Putzen, Kochen, Gartenarbeit und Erledigung von Botengängen über die Verwaltung des Vermögens bis hin zur Aufnahme des Pflegebedürftigen in den eigenen Haushalt. Häufig erteilen die betagten Herrschaften ihren Helfern umfangreiche Vollmachten, insbesondere Bankvollmachten. Bedauerlicherweise nutzen einige Helfer das Vertrauen und die ihnen erteilte Bankvollmacht systematisch aus, um ihre eigene Brieftasche zu füllen. Nach dem Ableben des Pflegebedürftigen stellt sich für die Erben dann die Frage, wozu das vom Konto des Verstorbenen abgehobene Geld verwendet wurde. Der Helfer, der über den Verbleib des Geldes Auskunft erteilen muss, behauptet regelmäßig, der Verstorbene habe ihm das Geld geschenkt. Mit dieser zweifelhaften Aussage müssen sich die Erben nicht abfinden. Sie können den Helfer vielmehr auf Herausgabe des abgehobenen Geldes verklagen. In dem Gerichtsverfahren muss der Helfer beweisen, dass der Verstorbene ihm das Geld geschenkt hat, was ihm regelmäßig schwer fallen wird, da der Verstorbene ja nicht mehr als Zeuge zur Verfügung steht. Gelingt dem Helfer der Beweis nicht, muss er das Geld zurückzahlen. 

Oftmals berücksichtigen die betagten Herrschaften ihre Helfer aus Dankbarkeit in ihrem Testament als Erben. In diesen Fällen ist es schwer, dem "vertrauensvollen" Helfer das Handwerk zu legen. War der Pflegebedürftige bei der Abfassung des Testaments zweifelsfrei Herr seiner Sinne, ist das Testament wirksam. Die Familienangehörigen könnten das Testament anfechten, müssten dann jedoch die erbschleicherischen Absichten des Helfers beweisen. Dieser Beweis gelingt nur in sehr seltenen Fällen. War der Verstorbene hingegen schwer erkrankt, hatte er beispielsweise Alzheimer, könnte das Testament unwirksam sein. Beruft sich ein Familienangehöriger auf die Testierunfähigkeit des Verstorbenen im Zeitpunkt der Testamentserrichtung, holt das Gericht ein medizinisches Gutachten ein und befragt Zeugen über den Geisteszustand des Verstorbenen zu dessen Lebzeiten. Der Nachweis der Testierunfähigkeit des Verstorbenen ist schwer und gelingt regelmäßig nur in besonders eklatanten Fällen.

Ich berate Sie gerne.

Siegrid Lustig, Fachanwältin für Erbrecht, Schindhelm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover