Für den Ausgang eines Zivilprozesses - Obsiegen oder Unterliegen - kommt es entscheidend auf die Beweisbarkeit der Tatsachen an, aus denen der Anspruch hergeleitet wird. Dabei trägt grundsätzlich erst einmal der Kläger die Beweislast. Dies führt in einem Anlegerschutzprozess auf Schadensersatz wegen Fehlberatung regelmäßig zu Problemen, da bei dem betreffenden Beratungsgespräch meist nur zwei Personen anwesend waren. Der Kunde und der Berater.
Das zentrale Problem besteht darin, dass der Bankkunde als Kläger "Partei" ist und damit im Verfahren nicht gleichzeitig "Zeuge" sein kann. Die Bank kann dagegen ihren Berater als Zeugen benennen, da dieser nicht "Partei" ist. Denn der Kunde hat meist nur Schadensersatzansprüche gegenüber der Bank, mit der der Beratungsvertrag zustande gekommen ist, nicht aber gegenüber dem Berater selbst. Der Bankkunde hat also gleich doppelt "Pech". Er trägt die Beweislast und ist als Zeuge gesperrt, während die Bank einen Zeugen benennen kann.
Natürlich kann sich auch der Bankkunde als Kläger in der mündlichen Verhandlung äußern. Dies geschieht meist im Wege einer sogenannten "Parteianhörung" oder "Parteivernehmung". Eine Parteianhörung dient jedoch lediglich der Information des Gerichtes und ist kein zulässiges Beweismittel, auch wenn sie bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist. Eine Parteivernehmung kommt nur unter sehr engen Voraussetzungen in Betracht und kann vom Kläger nicht erzwungen werden.
Daher wird in der Praxis häufig zu einem Trick gegriffen. Indem der geschädigte Bankkunde seine Ansprüche auf ein Person seines Vertrauens überträgt (abtritt) und diese dann als Kläger auftritt, wird der Bankkunde selber als Zeuge frei. Zwar kann die ehemalige Gläubigerstellung bzw. ein starkes Eigeninteresse bei der Würdigung der Aussage des Bankkunden vom Gericht berücksichtigt werden. Daraus ergibt sich jedoch nicht automatisch ein geringerer Beweiswert der Aussage. Und dies kann im Einzelfall prozessentscheidend sein.
Gibt es Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung des Beraters, etwa einen Betrug, so kann ausnahmsweise neben der Bank auch der Berater auf Schadensersatz mitverklagt werden. In der Folge steht die Bank regelmäßig ohne Zeugen da. Dies auch dann, wenn sich der Betrug letztlich nicht erweisen lässt, denn die Parteirolle richtet sich rein danach, wer in der Klageschrift als Beklagter benannt ist. Wird die Klage gegen den Berater jedoch abgewiesen, so entstehen für den Kläger zusätzliche Kosten. Diese können aber im Gegensatz zu einem Gesamtunterliegen im Einzelfall zu vernachlässigen sein.
Neben dem Zeugenbeweis kann sich eine Klage oft auch erfolgreich auf Urkunden stützen, d. h. auf Beratungsunterlagen, Prospekte oder Formulare. Dies etwa dann, wenn die Risikoklasse in einem Anlegerprofil des Kunden nachweisbar niedriger angegeben ist als die des Produktes, das ihm empfohlen wurde oder wenn das im Profil angegebene Anlageziel nicht mit dem Produkt übereinstimmt. Ein solches Anlegerprofil kann jedoch auch zum erheblichen Nachteil des Kunden werden, nämlich dann, wenn ihn dieses als sehr risikofreudig ausweist.
Letztlich bedarf die Frage der Beweislage jedoch in jedem Einzelfall einer eingehenden Analyse durch den beauftragten Rechtsanwalt. Er wird aus seiner Prozesserfahrung heraus das Für und Wider abwägen und die Chancen und Risiken mit seinem Mandanten besprechen. Für weiterführende Fragen steht Dr. Louis Rönsberg, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus der münchner Kanzlei SLB Kloepper Rechtsanwälte, gerne zur Verfügung.
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Dr. Louis Rönsberg | Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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