Geschäftsführer einer GmbH unterliegt i.d.R. nicht den Vorschriften des Arbeitsrechts

Wirtschaft und Gewerbe
18.10.20071806 Mal gelesen

Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer GmbH unterliegt unbeschadet seiner Bezeichnung als «Arbeitsvertrag» den Regeln des Gesellschaftsrechts und nicht denen des Arbeitsrechts. Die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen steht dem nicht entgegen. Voraussetzung ist nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm jedoch, dass er wirksam zum Organ der GmbH bestellt und im Handelsregister eingetragen worden ist und nicht lediglich als «Strohmann» tätig ist.

OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2007 - 27 U 7/07 (LG Bochum)


Sachverhalt


Gegenstand der Klage war die Wirksamkeit der Kündigung eines Geschäftsführer-Anstellungsverhältnisses. Die Beklagte, eine GmbH, hatte vertreten durch ihren Geschäftsführer einen «Arbeitsvertrag» über eine neue Geschäftsführerposition mit dem Kläger unterzeichnet, wodurch sein altes Arbeitsverhältnis mit der Konzernmutter beendet wurde. In dem neuen Vertrag wurde der Kläger als «Arbeitnehmer» bezeichnet und die Beklagte entrichtete Sozialversicherungsbeiträge für den Kläger. Nach Unterzeichung des Vertrages wurde der Kläger durch Gesellschafterbeschluss vom 15.09.2005 zum neuen Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Die Beklagte kündigte dem Kläger fristgerecht zum 31.12.2006. Mit der Klage verfolgte der Kläger die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht durch die ordentliche Kündigung vom 21.06.2006 aufgelöst worden sei.


Rechtliche Wertung


Das OLG Hamm hat entgegen dem LG Bochum als Vorinstanz festgestellt, dass das Geschäftsführer-Anstellungsverhältnis durch die hier streitige Kündigung beendet worden ist.

Nach Auffassung des OLG Hamm war bereits zweifelhaft, ob zwischen den beiden Parteien überhaupt ein wirksames Vertragsverhältnis begründet wurde, da die Beklagte bei der Vertragsunterzeichnung durch ihren Geschäftsführer vertreten wurde. Zuständig für den Abschluss eines Anstellungsvertrages mit einem (designierten) Geschäftsführer sei jedoch als Annexkompetenz aus § 46 Nr. 5 GmbHG die Gesellschafterversammlung (vergleiche nur Baumbach/Hueck, GmbHG, § 46 Rn. 36 mit weiteren Nachweisen). Die Beurteilung des Vorliegens eines so genannten faktischen Anstellungsverhältnisses konnte das OLG Hamm jedoch mangels Entscheidungsrelevanz offen lassen.

Das OLG Hamm ist der Auffassung, dass durch die vom Kläger eingenommene und vertraglich vorgesehene Organstellung als Geschäftsführer der Beklagten das Vertragsverhältnis nicht als Arbeitsvertrag eingeordnet werden kann. Die Bezeichnung des Klägers als «Arbeitnehmer» in dem Anstellungsvertrag erweise sich lediglich als unschädliche Falschbezeichnung (so genannte falsa demonstratio). Der Geschäftsführerdienstvertrag unterliege daher den Regeln des Gesellschaftsrechts. Dem stehe auch nicht die Entscheidung des BAG (Beschluss vom 20.08.2003 - 5 AZB 79/02, NJW 2003, 3290) entgegen, wonach ein Geschäftsführeranstellungsvertrag bei starker interner Weisungsabhängigkeit den Regeln des materiellen Arbeitsrecht unterliegen kann. Der Grundsatz der Weisungsabhängigkeit des GmbH-Geschäftsführers von der Gesellschafterversammlung stelle eine hiervon losgelöste Selbstverständlichkeit dar. Somit könne dieser Umstand keine Umqualifizierung des Gesellschafteranstellungsverhältnisses zu einem Arbeitsverhältnis begründen. Auch die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen sei mit der gesellschaftsrechtlichen Einordnung des Beschäftigungsverhältnisses als Geschäftsführer-Anstellungsvertrag nicht unvereinbar.


Tipp
 

Die Entscheidung des OLG Hamm zeigt die Fehleranfälligkeit von Geschäftsführerdienstverträgen in der Praxis. Der Umstand der Falschbezeichnung des Geschäftsführerdienstvertrages als «Arbeitsvertrag» wiegt dabei regelmäßig nicht so schwer wie die oft übersehene Unzuständigkeit eines Geschäftsführers, für die GmbH rechtswirksam einen Dienstvertrag mit dem neuen Geschäftsführer abzuschließen. Zuständig für den wirksamen Abschluss eines solchen Dienstvertrages sind als Annexkompetenz zur Bestellung, Abberufung und Entlastung von Geschäftsführern gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG nach ganz herrschender Meinung in der Literatur und ständiger Rechtsprechung des BGH ausnahmsweise nicht die Geschäftsführer, sondern die Gesellschafter.

Die Folgen eines Verstoßes hiergegen sind - auch wenn das OLG Hamm diese Frage vorliegend offen lassen konnte - für die Gesellschaft und den verpflichteten Geschäftsführer verheerend: Das Vorliegen eines bloß faktischen (fehlerhaften) Anstellungsverhältnisses führt beispielsweise dazu, dass dieses Arbeitsverhältnis jederzeit (entgegen dem vertraglich Vereinbarten) durch einseitige Erklärung einer Partei ohne Einhaltung von Kündigungsfristen und auch ohne Vorgabe von Kündigungsgründen beendet werden kann.

Die Entscheidung des OLG Hamm bestätigt schließlich die Tendenz in der obergerichtlichen Rechtsprechung, Geschäftsführerdienstverträge nur bei außergewöhnlichen Abhängigkeitsverhältnissen des betroffenen Geschäftsführers den arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften zu unterwerfen.