1.) Zur rechtswidrigen Gebührenunterbietung fordert auf, wettbewerbs- und rechtswidrig handelt der Rechtsanwalt, der im Namen seiner Partei oder mit deren Einverständnis als Prozessbevollmächtigter einem Terminvertreter die Vertretung oder die Ausführung der Parteirechte in einer mündlicher Verhandlung nur gegen Gebührenteilung übertragen will oder überträgt.
2.) Rechtlich unbedenklich handelt der Prozessbevollmächtigte, der den beauftragten Rechtsanwalt als Terminvertreter ausdrücklich nur im eigenen Namen beauftragen will und mit ihm eine Teilung von Gebühren vereinbart.
Der Kläger ist Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in E.. Der Beklagte, der als Rechtsanwalt in einer Kanzlei in D. tätig ist, vertritt ständig die S- Unfallversicherung. Er wandte sich mit Schreiben vom 20.09.2002 an den Kläger mit der Bitte um Wahrnehmung des Termins in einem Rechtsstreit der S- Unfallversicherung vor dem Amtsgericht E.. In dem Auftragsschreiben heißt es u.a.:
"Wir bitten Sie, unsere ständige Mandantin, S-Unfallversicherung a.G., in obiger Angelegenheit zu vertreten und obigen Termin zur mündlichen Verhandlung für uns wahrzunehmen. Des Weiteren bitten wir, dass die entstehenden Gebühren (einschließlich § 26 BRAGO) - mit Ausnahme der Korrespondenzanwaltsgebühr, Kosten eines Unterbevollmächtigten pp., die üblicherweise nicht als erstattungsfähig angesehen werden - zwischen uns geteilt werden."
Der Kläger, der die Übernahme des Mandats ablehnte, ist der Auffassung, der Beklagte habe die Übertragung des Mandats von einer nach Maßgabe des § 49 b BRAO unzulässigen Unterschreitung der Anwaltsgebühren abhängig gemacht, und sich dadurch wettbewerbswidrig verhalten. Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, Rechtsanwälten Terminsvertretungsmandate zu niedrigeren als den gesetzlichen in §§ 53 und 33 Abs. 3 BRAGO festgehaltenen Gebühren anzutragen oder zu erteilen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. Der Kläger hat beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Beklagten unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Kleve teilweise aufgehoben. Auf die Berufung des Beklagten hin und unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels wurde das Urteil des Amtsgerichts Emmerich am Rhein vom 25.02.2003 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
"Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, Rechtsanwälten Terminsvertretungsmandate zu niedrigeren als den gesetzlichen Gebühren im Namen des jeweiligen Mandanten anzutragen oder zu erteilen. Dem Beklagten wird für jeden fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu ? 250.000,00 angedroht. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben."
Der Bundesgerichtshof hat dies wie folgt begründet:
Nur wenn der Beklagte - wovon im Streitfall auszugehen sei - dem Kläger die Terminsvertretung namens seiner Partei angetragen werde, hätten die dem Kläger angebotenen (geteilten) Gebühren nicht der in § 53 BRAGO für die Terminsvertretung vorgesehenen Vergütung entsprochen.
Dabei sei schon der Vorschlag des Beklagten zu einem solchen Verhalten wettbewerbswidrig und unlauter, weil die Tätigkeit eines Rechtsanwalts zu niedrigeren als den gesetzlichen Gebühren gegen § 49 b Abs. 1 BRAO verstoße.
Nach der Rechtssprechung des Senats erhalte der mit der Terminsvertretung beauftragte Rechtsanwalt die Gebühren des § 53 BRAGO entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift nur, wenn ihm die Partei oder mit deren Einverständnis der Prozessbevollmächtigte die Vertretung oder die Ausführung der Parteirechte übertragen hat. Erteile dagegen der Prozessbevollmächtigte einem Terminsvertreter im eigenen Namen den Auftrag zur Terminswahrnehmung, so werde kein Vertragsverhältnis zwischen der Partei und dem Terminsvertreter begründet. Die Pflicht zur Entschädigung des Terminsvertreters richte sich nach der internen Vereinbarung zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten, der für die Ansprüche des Terminsvertreters einzustehen habe. Ein Verstoß gegen § 49 Abs. 1 BRAO sei nicht gegeben, wenn der Terminsvertreter in einem derartigen Fall weniger als die in § 53 BRAGO vorgesehenen Gebühren erhalte, weil die Voraussetzungen dieser Vorschrift - das übersehe das Berufungsgericht in seiner gegenteiligen Entscheidung - nicht vorlägen. (BGH , Urteil vom 29.06.2000 - I ZR 122/98, GRUR 2001, 256, 257 = WRP 2001, 144 - Gebührenvereinbarung I; OLG Hamm AnwBl 1978, 182 ,183; Feuerich/Weyland, Bundesrechtsanwaltsordnung, 6. Aufl., § 49b BRAO Rdn. 41; Dittmann in Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung, 2. Aufl., § 49b BRAO Rdn. 9; Kleine-Cosack, Bundesrechtsanwaltsordnung, 4. Aufl., § 49b Rdn. 23; Keller in Riedl/Sußbauer, Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung, 8. Aufl. § 53 Rdn. 5, § 33 Rdn. 27; Kilian, WuB VIII B § 49b BRAO 1.01; ebenso zum RVG: N. Schneider in Gebauer/Schneider, RVG, 2. Aufl., § 5 Rdn. 17 ff.; Madert in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (2004), § 4 Rdn. 203 f.; Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., § 5 RVG Rdn. 1; a.A. Henssler/Steinkraus, LM, § 1 UWG Nr. 827; Praefcke, BRAK-Mitt. 2001, 142).
Soweit gegen die Rechtssprechung des Senats (BGH, Urteil vom 29.06.2000 - I ZR 122/98) Bedenken erhoben worden seien (vgl. Henssler/Steinkraus, LM. § 1 UWG Nr. 827, Bl. 3; Praefcke, BRAK-Mitt. 2001, 142), seien diese auf die Gefahr einer nicht ausreichenden Erntlohnung des Terminvertreters bei gleichwohl bestehendem Haftungsrisiko gestützt worden. Dass in der Anwaltschaft in einem ins Gewicht fallenden Umfang unangemessene Gebührenvereinbarungen zu Lasten des Terminvertreters getroffen werden, habe aber weder der Kläger konkret dargelegt noch das Berufungsgericht festgestellt. Vielmehr habe der Beklagte im vorliegenden Fall eine hälftige Gebührenteilung angeboten, die in derartigen Fällen weit verbreiteter Übung entspreche und gegen die unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit im Regelfall keine Bedenken bestünden (vgl. auch § 22 BORA zu hälftigen Teilung der Gebühren im Fall des § 49b Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BRAO).
Eine andere Beurteilung sei auch nicht anhand der nach dem Inkrafttreten des RVG vom 05.05.2004 seit dem 01.06.2004 geltenden Gesetzeslage geboten. Durch sie habe sich an der Unzulässigkeit einer Unterschreitung der gesetzlichen Gebühren bei der Einschaltung eines Terminvertreters im Namen der Partei und an der Zulässigkeit einer Gebührenvereinbarung ohne Bindung an die Gebührentatbestände gem. Nr. 3401 und Nr. 3402 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bei der Beauftragung des Terminsvertreters im Namen des Prozessbevollmächtigten nichts geändert.
"Beauftragt der Prozessbevollmächtigte den Terminsvertreter im eigenen Namen, hat der Prozessbevollmächtigte nach § 5 RVG einen Vergütungsanspruch nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gegen die eigene Partei. Auch in diesem Fall kommt ein Vertragsverhältnis zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten und nicht mit der Partei zustande."
Für die Verteilung der Vergütung sei die hierzu zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten getroffene interne Absprache ohne Bindung an die in Nr. 3401 und Nr. 3402 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum RVG vorgesehenen Gebühren maßgeblich. Diesem Ergebnis stehe § 1 Abs. 1 Satz 1 RVG nicht entgegen. Danach bemesse sich die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nach dem RVG. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift sei aber auf das Verhältnis zwischen Anwalt und Mandat beschränkt. Denn der mit der Einführung von Mindestgebühren verfolgte Zweck, einen ruinösen Preiswettbewerb um Mandate zu verhindern, werde bei einer angemessenen Aufteilung der dem Prozessbevollmächtigten nach dem RVG zustehenden Vergütung nicht berührt. Auch der Entstehungsgeschichte des RVG sei nichts dafür zu entnehmen, dass die zuvor bereits ohne Bindung an § 53 BRAGO von der Rechtsprechung als zulässig angesehene Gebührenteilung abgeschafft werden sollte. Im Übrigen könne eine sich erstmal aus dem RVG ergebende Unzulässigkeit der in Rede stehenden Gebührenteilung zur Begründung eines Unterlassungsanspruchs nicht herangezogen werden, der aus einem Verhalten des Beklagten vor Inkrafttreten des RVG hergeleitet werden.
Danach komme es für die Frage, ob der Beklagte mit dem Auftragsschreiben vom 20.09.2002 den Kläger habe dazu veranlassen wollen, unter Verstoß gegen § 49b Abs. BRAO, § 53 BRAGO eine unterhalb der gesetzlichen Gebühren liegende Vergütungsvereinbarung zu treffen, nur darauf an, ob die Terminsvertretung dem Kläger vom Beklagten im eigenen Namen oder im Namen der Mandantin angetragen worden sei.
Nach dem Wortlaut des Schreibens vom 20.09.2002 sollte der Kläger die Mandantin des Beklagten vertreten. Daraus folge, dass der Beklagte den Kläger nicht im eigenen Namen beauftragt, sondern namens der S-Unfallversicherung gehandelt hat. Dem Schreiben des Beklagten ist auch nichts dafür zu entnehmen, dass er für eine Gebührenforderung des Klägers persönlich einstehen wolle.
Der Entscheidung ist lediglich in dem Punkt zu folgen, den selbst der Bundesgerichtshof nicht wegdiskutieren konnte, dass nämlich im Falle der Beauftragung namens der Partei eine Gebührenvereinbarung, die dem so mit der Terminvertretung beauftragten Rechtsanwalt niedrigere Gebühren als die der §§ 53 und 33 Abs. 3 BRAGO zufließen lassen sollte, gegen § 49b Abs. 1 BRAO verstieß, damit wettbewerbswidrig und rechtswidrig war.So steht es im Gesetz:
Der Rechtsanwalt, dem die Partei oder mit deren Einverständnis der Prozessbevollmächtigte nur für die mündliche Verhandlung die Vertretung oder die Ausführung der Parteirechte übertragen hat, erhält nach § 53 Satz 1 und Satz 3 BRAGO eine halbe Prozessgebühr und eine Verhandlungs- oder Erörterungsgebühr und, soweit sich die Vertretung auch auf eine Beweisaufnahme erstreckt, die Beweisgebühr.
1.) Wenn nun der Bundesgerichtshof (Wettbewerbssenat) zum wiederholten Male erklärt, § 53 BRAGO fände keine Anwendung, wenn der Prozessbevollmächtigte nicht im Namen der Partei, sondern im eigenen Namen, den Auftrag zur Terminvertretung erteile, dann ist das entweder ein rabulistischer Trick, oder das Ergebnis eines nicht zu Ende geführten Denkprozesses:
a) Zunächst einmal muss man ja fragen, wer denn nun der Auftraggeber des mit der Terminvertretung beauftragten Rechtsanwalts sei, wessen Interessen der Terminvertreter wahrzunehmen habe.
Die Antwort gibt der Senat selbst: Das ist der Prozessbevollmächtigte.
Der Terminvertreter vertritt nicht die Interessen der Prozesspartei: Seine "Partei" (im Sinne von Auftraggeber) ist der Prozessbevollmächtigte. Das bestätigt der Senat insoweit selbst: Dieses Durcheinander der Begriffe "Auftraggeber" und "Partei" richtet der Senat selbst an:
"Beauftragt der Prozessbevollmächtigte den Terminsvertreter im eigenen Namen, hat der Prozessbevollmächtigte nach § 5 RVG einen Vergütungsanspruch nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gegen die eigene Partei. Auch in diesem Fall kommt ein Vertragsverhältnis zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten und nicht mit der Partei zustande." (Seite 8 der Urteilsbegründung)
b) § 49b Abs. 1 BRAO in Verbindung mit § 53 BRAGO bzw. Ziffern 3401, 3402 VV RVG sollen nur dann nicht verletzt sein, wenn der Terminsvertreter ausdrücklich nicht von der Prozesspartei selbst und auch nicht durch den Prozessbevollmächtigten im Namen der Prozesspartei mit der Terminwahrnehmung beauftragt worden sei.
Wie aber soll ein Rechtsanwalt in seiner Eigenschaft als Terminsvertreter für die Prozesspartei Anträge stellen, wenn er nicht einmal im Namen und im Auftrag dieser Partei handeln darf?
Seine eigentliche Aufgabe im Verhandlungstermin ist es nicht, dort den Prozessbevollmächtigten zu vertreten, sondern er hat die Partei zu vertreten, um deren Angelegenheiten es vor Gericht geht. In deren Namen müsste / sollte er Anträge stellen, und nicht im Namen des Prozessbevollmächtigten.
Aus gutem Grunde hat der juristische Volksmund die Terminvertretung (Auftragserteilung durch den Prozessbevollmächtigten) als "Untervollmacht" bezeichnet (wobei dieser Begriff allemal den Auftrag zur Terminvertretung durch die Partei selbst nicht zutreffend bezeichnet hat und deshalb als Überschrift des § 53 BRAGO untauglich war).
Die Beauftragung durch den Prozessbevollmächtigten musste sich als Vollmacht im Namen der Partei darstellen lassen, damit der Terminvertreter überhaupt legitimiert war, für die Partei aufzutreten, zu erörtern, zu verhandeln, Anträge zu stellen.
Wenn nach der jetzt präzisierten Rechtsprechung des Senats die Kanzleien, die im Massengeschäft Versicherer vertreten, dazu übergehen werden, die Aufträge ausdrücklich im eigenen Namen zu erteilen, um sich nicht dem Vorwurf der Anstiftung zur Gebührenunterbietung auszusetzen, (und das werden sie tun müssen) dann ist der Terminvertreter nicht bevollmächtigt, irgendwelche Ausführungen für die vom Prozessbevollmächtigten vertretene Prozesspartei zu machen.
In deren Namen tätig zu werden, beinhaltet eben nicht die Vollmacht, namens und im Auftrag der Partei vor Gericht Erklärungen mit Bindungswirkung für diese abzugeben. Prozessführungstätigkeit der Terminsvertreter wäre Geschäftsführung ohne Auftrag, und weil Beauftragung namens der zu vertretenden Partei gerade ausgeschlossen werden muss, folgt man dem Senat, rechtwidrige und zu voller Haftung verpflichtende Geschäftsführung gegen den Willen des Geschäftsherren, § 679 BGB.
c) Die Formulierung des § 53 BRAGO (Beauftragung durch die Partei oder durch den Prozessbevollmächtigten im Namen der Partei) lässt nicht etwa eine dritte Variante zu, dass nämlich der Prozessbevollmächtigte den Auftrag im eigenen Namen erteile. Aus den vorstehenden Gründen (Punkt b) hat der Gesetzgeber nur die beiden Möglichkeiten gesehen, dass entweder die Partei Auftrag zur Terminvertretung an einen Rechtsanwalt erteile, der nicht Prozessbevollmächtigter wird, oder der Prozessbevollmächtigte dies im Namen der Partei tue.
Dass ein Rechtsanwalt ohne Auftrag seiner Partei, sondern nur und ausschließlich im Auftrag eines anderen Rechtsanwalts, in einem Gerichtstermin für dessen Partei auftritt, hat der Gesetzgeber - weil absurd, rechtswidrig, gefährlich - nicht einmal in Erwägung gezogen.
d) Der Bundesgerichtshof hat es leider versäumt, sich mit dem Text des § 49b Abs. 1 BRAO zu beschäftigen.
Ich zitiere ihn noch mal, weil er sich offensichtlich selbst den Richtern am Bundesgerichtshof sich nicht eröffnet hat:
(1) Es ist unzulässig, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, als die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vorsieht, soweit diese nichts anderes bestimmt. Im Einzelfall darf der Rechtsanwalt besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers, insbesondere dessen Bedürftigkeit, Rechnung tragen durch Ermäßigung oder Erlass von Gebühren oder Auslagen nach Erledigung des Auftrages."
Wenn - mit den nicht mißzuverstehenden Worten des Bundesgerichtshofes - Auftraggeber des Terminvertreters nicht die Partei war, der Auftrag vom Prozessbevollmächtigten an den Terminvertreter auch nicht im Namen der Partei erteilt wird, dann ist Auftraggeber des Terminvertreters der Rechtsanwalt.
Der Auftraggeber des Rechtsanwalts wird gewöhnlich "Mandant" genannt, die "Partei, die er vertritt".
Sowohl der Prozessbevollmächtigte wie auch der Terminvertreter sind und bleiben Rechtsanwälte.
Für beide gilt § 49b BRAO (bis 30.06.2004 in der alten Fassung, ab 01.07.2004 in der neuen Fassung).
Der Prozessbevollmächtigte, der den Auftrag nur erteilen will, wenn der Terminvertreter zu geringen Gebühren als denen des § 53 BRAGO (Nr. 3401, Nr. 3402 RVG) tätig werden will, stiftet den zur Gebührenunterbietung an.
Beide würden - wenn sie auf das Verlangen des Prozessbevollmächtigten eingingen - wortgetreu den Tatbestand des § 49 b I BRAO erfüllen.
Von dem Fall, das der auftraggebende Prozessbevollmächtigte ganz besonders bedürftig sei, so dass besonderen Umständen des Einzelfalles Rechnung getragen werden dürfte (und zwar im Nachhinein) wollen wir nicht sprechen.
Warum also in einem Anwaltsvertrag, nach dessen Inhalt ein Rechtsanwalt für einen anderen Rechtsanwalt vor Gericht auftreten soll, wonach der eine Rechtsanwalt also Mandant, der andere Rechtsanwalt des Mandanten ist, die Bundesrechtsanwaltsordnung nicht mehr gelten soll: Darauf bleibt der Bundesgerichtshof auch jetzt die Antwort schuldig.
In seiner früheren Entscheidung (1 ZR 122/98 vom 29.06.2000) hat der Bundesgerichtshof den Terminvertreter einmal als "Erfüllungsgehilfen des Prozessbevollmächtigten" bezeichnet.
Von dem Begriff ist jetzt klugerweise keine Rede mehr.
Abgesehen davon, dass der "Erfüllungsgehilfe" allzu sehr in der Nähe des "Handlangers" angesiedelt ist, bleibt auch ein Rechtsanwalt, der "nur Erfüllungsgehilfe" eines anderen Rechtsanwalts wäre und in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt für diesen tätig würde, immer noch Rechtsanwalt und würde sich alleine dadurch, dass ihm der Mantel der Erfüllungsgehilfeneigenschaft umgehängt würde, nicht für die Geltung des § 49b BRAO sozusagen unsichtbar machen, der Gesetzesgeltung entziehen.
2.) Der Bundesgerichtshof hat sich - als Revisionsgericht zulässigerweise - hinsichtlich der tatsächlichen Fragen zurückgehalten.
Hätte er einmal hinterfragt, wie häufig die "Terminsvertretung" (Untervollmacht genannt) vorkommt, dann hätte sich dem Bundesgerichthof nicht verschlossen, dass in mindestens einem Drittel aller vor dem Amtsgerichten verhandelten Sachen die Terminvertretung Gang und Gäbe ist.
Das heißt: Im so genannten Butter- und Brot- Geschäft des überwiegenden Teils der Rechtsanwaltschaft schleicht sich ein, dass insbesondere die Kanzleien, die von großen Versicherungsgesellschaften mit dem Inkasso beauftragt sind, eine der tragenden Einkommensquellen der Anwaltschaft in der breiten Masse zum teilweisen Versiegen bringen und die vor Gericht auftretenden Anwälte zu Handlangern degradieren.
Es ist ausgesprochen unerfreulich, festzustellen, dass ein Wettbewerbssenat des Bundesgerichtshofs sich nicht der Mühe unterzogen hat, sich in die Strukturen des Gebührenrechts der Rechtsanwälte einzuarbeiten.
1.) Die Prozessbevollmächtigten, die künftig nicht wettbewerbswidrig handeln wollen, müssen künftig in Befolgung dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofes den Auftrag zur Terminvertretung an die Rechtsanwälte vor Ort ausdrücklich im eigenen Namen erteilen.
Wenn sie das nicht tun, handeln sie wettbewerbswidrig, und wenn sie das tun, stehen sie als Auftraggeber des Terminvertreters im wirtschaftlichen Obligo, tragen das Risiko der Zahlungsfähigkeit des eigenen Kunden.
2.) Die Terminvertreter wiederum müssen wissen, dass sie, wenn Sie - ohne Vollmacht und Auftrag der Partei selbst - in deren Namen Prozesserklärungen abgeben, als Geschäftsführer gegen den Willen des Geschäftsherren handeln und nach § 679 BGB haftbar sind. Wenn einem Rechtsanwalt in der Beratungspraxis solch ein Fall vorgelegt würde, würde er sich die Haare raufen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes muss aber ein Tätigwerden von Rechtsanwälten für Mandanten, die gar keine sind, die Regel werden.
3.) Wie im Rahmen einer Kostenfestsetzung ein Prozessbevollmächtigter - dessen Auftrag die Kostenfestsetzung ja nach wie vor bleibt - eine an ihn aufgemachte Rechnung unterbringen will, vermöchte ich im Moment nicht nachzuvollziehen. Da tauchen Fragen über Fragen auf, z.B. die, dass er als Auftraggeber ohne jeden Zweifel vorsteuerabzugsberechtigt ist, seine Partei möglicherweise aber nicht, dass die ihm erteilte Rechnung allenfalls netto, die von ihm selbst geschriebene Rechnung über die Gebühr nach Nr. 3100 VV brutto (mit MWSt.) festzusetzen wäre.
Wie es nach § 91 ZPO möglich sein soll, vereinbarte Gebühren - die keine gesetzlichen Gebühren mehr sind - in die formale Kostenfestsetzung einzubeziehen, kann ich nicht einmal ansatzweise beantworten.
Wenn aber der Terminvertreter dem Prozessbevollmächtigten oder gar der Partei des Prozessbevollmächtigten eine Rechnung schriebe, diese über die Gebühren, wie sie ohne Vereinbarung nach § 53 BRAGO bzw. Nr. 3401, Nr. 3402 VV entstanden wären, dann müsste man sogar über die Frage betrügerischen Handelns nachdenken: Es würde nämlich das Entstehen von (gesetzlichen) Gebühren vorgegaukelt, die tatsächlich gar nicht entstanden sind.
Die Semantik, die der Senat der Formulierung des § 53 BRAGO entnommen hat, findet sich in den Nr. 3401 und Nr. 3402 VV zum RVG nicht wieder.
Dort ist nun mal nur nachzulesen:
"Der Auftrag beschränkt sich auf die Vertretung in einem Termin im Sinn der Vorbemerkung 3 Abs. 3: Verfahrensgebühr in Höhe der Hälfte der dem Verfahrensbevollmächtigten zustehenden Verfahrensgebühr."
Danach ist es vollständig gleichgültig, von wem der Auftrag kommt.
Da die Logik es gebietet, dass der Verfahrensbevollmächtigte an diesen Termin nicht teilnimmt, muss die Teilnahme des Terminvertreters immer mit Wissen und Wollen des Verfahrensbevollmächtigten geschehen. Da das Gesetz nicht davon ausgeht, dass Rechtsanwälte ohne Auftrag vor Gericht erscheinen, unterstellt das Gesetz auch, dass dies zumindest stillschweigend im Namen der Partei geschieht.
Deshalb erweckt die Entscheidung des Senats, soweit er kurz auf die Rechtslage unter Geltung des RVG eingegangen ist, den Eindruck, als habe er da tiefer schürfen wollen, habe festgestellt, dass er sich ins Uferlose verliert, seine bisherigen Argumente nicht mehr aufrecht erhalten kann, und als habe er gerade noch einmal sozusagen "die Kurve gekratzt" mit dem Hinweis darauf, dass dieser Fall nun ja nicht unter der Geltung des RVG zu entscheiden sei.
Die Entscheidung verdient ausdrücklich keinen Respekt.
Sie ist oberflächlich falsch, nicht durchdacht, gibt - in Abweichung vom Gesetzesauftrag an das Revisionsgericht - der Rechtsanwaltschaft Steine statt Brot.
Eckhard Benkelberg
Rechtsanwalt und zugleich
Fachanwalt für Familienrecht
Steinstraße 10
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Tel.: 49 2822 92340
Fax : 49 2822 923430