Fahruntüchtig nach Drogenkonsum - Vorsatz nur in Ausnahmefällen anzunehmen

Strafrecht und Justizvollzug
09.10.20061798 Mal gelesen

Die Feststellung des Konsums harter Drogen und eines unsicheren Fahrverhaltens reicht allein nicht aus um die vorsätzliche Begehungsweise einer Rauschfahrt nach § 316 StGB zu begründen. Zeigen sich beim Delinquent deutliche Ausfallerscheinungen und werden in seinem Blut größere Mengen verschiedener Drogen (Drogencocktail) nachgewiesen, genügt dies zwar um eine relative Fahruntüchtigkeit anzunehmen, nicht jedoch kann schon hierauf die Annahme gestützt werden, es liege ein vorsätzliches Vergehen vor. 

Ein entsprechender Vorsatz darf nur dann unterstellt werden, wenn unter Würdigung aller Umstände festgestellt werden kann, dass sich der Fahrzeugführer seiner Fahruntüchtigkeit bewusst gewesen ist oder diese zumindest billigend in Kauf genommen hat. Dies würde nach ständiger Rechtsprechung voraussetzen, dass der Fahrer seine rauschbedingte Fahruntüchtigkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und gleichwohl aber am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt. Erforderlich sind daher auch Erkenntnisse über die inneren Vorgänge des Rauschmittel-Konsumenten aus denen sich ergibt, dass er sich einer Fahruntüchtigkeit bewusst gewesen ist, z.B. durch ein glaubhaftes und überzeugendes Geständnis. Es muss klar sein, was der berauschte Fahrer getan und mit seinem Tun gewollt und bezweckt hat. Ohne das Vorliegen zuverlässiger Erkenntnisse über diese subjektive Tatseite darf eine Vorsatz-Verurteilung nicht erfolgen. 

Gleiches gilt im Übrigen auch für die alkoholbedingte Trunkenheitsfahrt im Sinne des § 316 StGB. Einen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach ein Kraftfahrer ab einer bestimmten BAK seine Fahrunsicherheit kennt oder mit ihr rechnet, gibt es nicht. Selbst bei sehr hohen Alkoholwerten ist Vorsatz nicht bereits dann als gegeben anzunehmen, wenn der Fahrer bewusst und gewollt ein Fahrzeug im öffentlichen Verkehr geführt hat, sondern wenn sein Vorsatz auch seine Fahruntüchtigkeit umfasst hat. Nach herrschender Rechtsprechung reicht zur Vorsatzfeststellung das Bewusstein in Bezug auf den vorausgegangenen Alkoholkonsum nicht mehr fahren zu dürfen allein nicht aus, um einen Vorsatz auch in Bezug auf die Fahruntüchtigkeit festzustellen. Bei hohen Blutalkoholkonzentrationen muss überdies berücksichtigt werden, dass es gerade dabei zu einer eingeschränkten Erkenntnisfähigkeit kommt, die den Fahrer seine Fahrunsicherheit erst gar nicht wahrnehmen lassen.

  

Der Verfasser ist überwiegend als Verteidiger in Verkehrsstraf- und OWi-Verfahren tätig.