Besonderheiten der Geschäftsraummiete

Miete und Wohnungseigentum
08.08.2016693 Mal gelesen
Der Artikel befasst sich mit einigen Besonderheiten der Geschäftsraummiete, bei welcher dem gewerblichen Mieter bspw. wesentlich mehr an Kosten und Pflichten als dem einfachen Wohnraummieter übertragen werden können.

Der Artikel befasst sich mit einigen Besonderheiten der Geschäftsraummiete, bei welcher dem gewerblichen Mieter bspw. wesentlich mehr an Kosten und Pflichten als dem einfachen Wohnraummieter übertragen werden können.


Der Vermieter von Geschäftsräumen kann dem Mieter sogar schon in den sogenannten Formularklauseln, also ohne besondere individuelle Vereinbarung, ganz erhebliche Pflichten und Kosten übertragen. Dies dann im Endeffekt, ohne dass der Mieter es anfänglich überhaupt bemerkt.

Vor dem Abschluss insbesondere eines längerfristigen gewerblichen Mietvertrages sollte daher sowohl aus Vermieter- als auch aus Mietersicht unbedingt eine anwaltliche Überprüfung und Beratung erfolgen.

Die Problematik einer bereits formularvertraglichen Überwälzung stellt sich insbesondere auch hinsichtlich der Übertragung nochmals zusätzlicher Betriebskosten (gegenüber dem Wohnraummietrecht) auf den Geschäftsraummieter. Dies z.B. hinsichtlich der Verwaltungsgebühren, was bspw. bei der Anmietung von Ladenlokalen in Einkaufszentren für den gewerblichen Mieter nahezu unvorhersehbare Kosten mit sich bringen kann. So hat der BGH (v. 4.5.11; XII ZR 112/09) ausgeführt, dass auch die formularvertragliche Vereinbarung der Übernahme "der Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung der Mietsache" als sonstige Betriebskosten durch den Gewerberaummieter wirksam ist. Allerdings hat der BGH in einer später ergangenen Entscheidung (v. 3.8.11 - XII ZR 205/09) - diesmal zugunsten des Geschäftsraummieters - ausgeführt, dass "die formularmäßig vereinbarte Klausel eines Gewerberaummietvertrages, die dem Mieter eines in einem Einkaufszentrum belegenen Ladenlokals als Nebenkosten des Einkaufscenters zusätzlich zu den Kosten der Verwaltung nicht näher aufgeschlüsselte Kosten des Center-Managements gesondert auferlegt, intransparent und daher unwirksam ist."
Hinsichtlich der Anmietung von Ladenlokalen in Einkaufszentren ist zudem die formularvertraglich vereinbarte Verpflichtung des Gewerberaummieters zum Beitritt zu sogenannten Werbegemeinschaften wirksam, sofern die durch den Geschäftsraummieter zu übernehmende Kostenlast bestimmbar ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Werbegemeinschaft in Form einer GbR betrieben wird, da der gewerbliche Mieter in diesem Fall als Mitgesellschafter im Ergebnis einer unbegrenzten gesamtschuldnerischen Haftung ausgesetzt wäre (BGH v. 12.7.06, XII ZR 39/04).
Zu beachten ist hier allerdings, dass der Mieter des Ladenlokals die vereinbarten Werbebeiträge nach den Grundsätzen der "fehlerhaften Gesellschaft" bis zum Zugang, d.h. Erhalt einer wirksamen Kündigung auch dann schuldet, wenn der Beitritt zur Werbegemeinschaft unwirksam war(BGH v. 28.4.16, XII ZR 147/14).

Hinzuweisen ist auf die besondere sechsmonatige Kündigungsfrist des § 580a Abs. 2 BGB (nur) zum jeweiligen Quartalsende für auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Geschäftsraummietverträge.

Im Gewerbemietrecht bedarf auch der Vermieter keines berechtigten Kündigungsinteresses i.S.d. § 573 Abs. 2 BGB.
Bei Geschäftsraummietverhältnissen kann einzelvertraglich eine Kaution vereinbart werden, die die im Wohnraummietrecht erlaubte Summe von drei Monatsmieten übersteigt.

Gewerbemietverträge, die für einen längeren Zeitraum als ein Jahr abgeschlossen werden, bedürfen der Schriftform (§ 550 BGB).
Wird diese Form nicht beachtet, so ist der Vertrag keinesfalls ungültig, sondern er gilt dann als für unbestimmte Zeit geschlossen und ist frühestens nach einem Jahr ab Gebrauchsüberlassung (vorzeitig) mit der im Gewerbemietrecht gültigen Halbjahreskündigungsfrist des § 580a Abs. 2 BGB  zum jeweiligen Quartalsende kündbar.
Dies wurde vor allem mieterseitig zum "Herauskommen" aus langfristig abgeschlossenen Geschäftsraummietverträgen ausgenutzt. Dies gerade infolge des Umstandes, dass auch spätere Vertragsänderungen der Schriftform bedürfen und erhebliche Anforderungen an deren Einhaltung in den Fällen der Vertragsunterzeichnung durch Gesellschafts- bzw. Firmenvertreter (z.B. Vertretungszusatz und Firmenstempel) bestehen.
Dieser Praxis wollte dann der BGH einen Riegel vorschieben, indem er in einer Vielzahl von Urteilen die Berufung auf den Formmangel als treuwidrig bzw. unzulässige Rechtsausübung erklärt hat.
Dies gerade in solchen Fällen, in denen der Mieter selbst den Schriftformmangel herbeigeführt hat (instruktiv BGH v. 23.1.13 zu XII ZR 35/11).
Inzwischen ist auch obergerichtlich geklärt, dass § 550 BGB wegen seiner auch dahingehenden Warnfunktion auch für den Beitritt eines weiteren Mieters zu einem langfristigen Mietverhältnis (Mietbeitritt) zumindest insofern gilt, als dass das Schriftformerfordernis zumindest im Verhältnis zwischen Vermieter und Beitretendem gewahrt sein muss.
Obwohl zur dahingehenden Begründung auf die Warnfunktion des § 550 BGB auch für den sich langfristig Verpflichtenden Bezug genommen wird, wurde die Frage, ob das Schriftformerfordernis auch für einen bloßen Schuldbeitritt, d.h. der Beitretende übernimmt nur zusätzlich bzw. gesamtschuldnerisch zu dem Mieter, die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis, Geltung haben soll, bisher noch nicht obergerichtlich geklärt. Der Schuldbeitritt ist gesetzlich nicht geregelt. Er wird im Falle eines besonderen wirtschaftlichen Interesses des Erklärenden angenommen.
Aus diesem Grunde sollten sich Personen mit einem solchen besonderen wirtschaftlichen Interesse, wie bspw. die Geschäftsführer einer GmbH mit Erklärungen, wie z.B. dass sie für die Mietschulden der GmbH gegebenenfalls schon persönlich einstehen werden, tunlichst zurückhalten. Nach der bis heute nicht höchstrichterlich geklärten Frage des Erfordernisses der Einhaltung des Schriftformerfordernisses hinsichtlich eines Schuldbeitritts zu einem langfristigen Gewerberaummietvertrag kann eine solche "einfache" Erklärung möglicherweise zu einer persönlichen Mithaftung für auch die zukünftigen Mietverbindlichkeiten der GmbH führen.

Praxisrelevant im gewerblichen Mietrecht wird immer häufiger auch das Vermieterpfandrecht an den in das Mietobjekt eingebrachten Sachen des Mieters.
Für den gewerblichen Vermieter ist hier vornehmlich folgendes von Bedeutung:
Außerhalb der Mieterinsolvenz sichert das Vermieterpfandrecht auch künftige Forderungen für das laufende und das künftige Mietjahr (§ 562 Abs. 2 BGB). Für den Gewerbevermieter unbedingt zu beachten ist § 562 Abs. 2 S. 2 BGB, nach welchen das Vermieterpfandrecht hinsichtlich aus dem Mietobjekt entfernter Gegenstände erlischt, sofern der Vermieter nicht binnen Monatsfrist ab Kenntnis von der Entfernung Klage auf Rückverschaffung der Gegenstände erhebt. (Nur) bei Geschäftsraummietverhältnissen erstreckt sich das Vermieterpfandrecht grundsätzlich dann auch auf die im Rahmen des Geschäftsbetriebes des Mieters genutzten Fahrzeuge. Von erheblicher praktischer Bedeutung ist noch die Frage der Kollision von Vermieterpfandrecht und einer Sicherungsübereignung der im Mietobjekt befindlichen Sachen durch den Gewerbemieter (meistens an kreditgebende Banken). Sofern die Sicherungsübereignung erst nach Einbringung der Sachen in das Mietobjekt stattgefunden hat, geht das Vermieterpfandrecht vor, da das Sicherungseigentum der Bank nur mit dem Vermieterpfandrecht belastet entstanden ist.


Schlussendlich soll noch auf die häufig auftretende Umsatzsteuerproblematik im Hinblick auf Geschäftsraummietverträge hingewiesen werden. 

Diese fällt (nur) dann an, wenn der Vermieter gem. § 9 Abs. 1 UStG zur Mehrwertsteuer optiert hat.
So stellt sich m.E. schon die Frage, ob der eigentliche Mietvertrag überhaupt als Dauermietrechnung i.S.d. § 14 UStG. anzusehen ist.

Jedenfalls hat der Mieter im Falle des zwischenzeitlichen Vermieterwechsels Anspruch auf Erstellung einer durch den neuen Vermieter ausgestellten Dauermietrechnung.
Andernfalls kann er Zurückbehaltungsrechte zumindest an der anfallenden Umsatzsteuer sowie Rückerstattungsansprüche wegen an den neuen Vermieter bereits gezahlter Mehrwertsteuer geltend machen (OLG München v. 13.3.12 zu 32 U 4761/11).
Dies kann z.B. bei einer Kündigung wegen Zahlungsverzuges insofern von ganz entscheidender Bedeutung sein, als dadurch der kündigungsrelevante Zahlungsrückstand möglicherweise nicht mehr erreicht ist.