Kündigung wegen übermäßigem privaten E-Mail Verkehr während der Arbeit

Arbeit Betrieb
02.02.20111333 Mal gelesen
Der Arbeitnehmer hat innerhalb weniger Wochen hunderte private E-Mails auf seinem Dienst -PC erhalten und beantwortet. Der Arbeitgeber hat den PC kontrolliert, von denen E-Mails erfahren und daraufhin ohne vorherige Abmahnung das Arbeitsverhältnis gekündigt. Die Kündigung ist wirksam.

Wann reichts zu Recht einem Arbeitgeber (AG) mit der überbordenden privaten E-Mail-Nutzung seines Arbeitnehmers (AN´s),

Urteil des LAG Niedersachsen 31.5.2010, 12 Sa 875/09, vorhergehend Arbeitsgericht Nienburg 3 Ca 311/08

Der Kläger, stellvertretender Amtsleiter einer Behörde, nutzte den E-Mail-Account seines AGs für aufwändige Korrespondenz mit einer Singlebörse. Über Wochen wurden mehrere hundert E-Mails empfangen und versandt. An drei Tagen befanden sich alleine jeweils circa 112 E-Mail im Postfach des E-Mail Accounts. Die E-Mails wurden dort von dem Kläger gespeichert. Die Beklagte AG merkte, dass der AN seinen Dienstaufgaben nicht wirklich nachkam und ließ deshalb den Computer des Klägers auf rückständige Arbeiten hin überprüfen. Dabei fiel der massive E-Mail-Verkehr im privaten Bereich auf. Ohne Ausspruch einer Abmahnung wurde das Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt.

Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt, das Landesarbeitsgericht hob diese Entscheidung auf und wies die Kündigungsschutzklage ab. Der AN verlor also seine Klage, die Kündigung ist wirksam!

Auch in diesem Fall sieht man, dass der Weg in die zweite Instanz für AG erfolgreich sein kann und man nur, weil die erste Instanz eine andere Rechtsauffassung vertritt, nicht gleich die Flinte ins Korn werfen muss, sprich sich vergleichen muss. Auch noch in der zweiten Instanz kann man für sein Recht erfolgreich streiten.

Für Arbeitnehmer zeigt dieser Werdegang deutlich, dass man auch bei einer guten Aussicht in erster Instanz einen Vergleich nicht vollständig von sich weisen sollte, denn es besteht immer die Gefahr, dass die zweite Instanz eine andere Rechtsansicht vertritt wie die erste Instanz.. Im vorliegenden Falle haben beide Parteien, AG wie AN, nicht nachgegeben und dann heißt es eben "hopp oder top". Hier ging in die letzte Instanz für den Arbeitnehmer verloren, er hatte zu hoch gepokert.

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass hier ein Fall exzessiver Privatnutzung des E-Mail-Accounts vorlag. Selbst wenn der AN für jede E-Mail nur 3 min gebraucht hätte wäre die Arbeitszeit eines gesamten Tages verbraucht worden. Es blieb kaum noch Raum für die eigentliche Arbeit. Einer Abmahnung habe es daher auch nicht bedurft.

Der Kläger behauptete zudem, dass der AG noch nicht einmal das Recht gehabt hätte, den E-Mail Account zu überprüfen und nun, da er es doch gemacht hätte, würde ein so genanntes Verwendungs- und Verwertungsverbot dieser Erkenntnis im Prozess bestehenden. Man dürfe den ermittelten E-Mail-Verkehr nicht im Prozess berücksichtigen. Schließlich waren es private E-Mails.

Das Landesarbeitsgericht wies diesen Vortrag zurück.

Es bestehe kein Verwertungsverbot für einen Sachvortrag im deutschen Prozessrecht. Verwiesen wurde auf die Rechtsprechung des BAG, Urteil vom 13. Dezember 2007, 2 AZR 537/06. Unstreitiger Sachverhalt (die Anzahl der E-Mails wurde vom Kläger nicht bestritten) muss das Gericht berücksichtigen. An ein Nichtbestreiten ist ein Gericht ebenso wie an ein Geständnis gebunden.

Das Gericht stellte auch fest, dass selbst bei einer vom AG gestatteten privaten Nutzung des Internets und gestatteten privaten Nutzung des E-Mails Kontos dem AN kein Schutz vor dem Zugriff auf diese gespeicherten Daten zusteht.

Der AN hätte die Möglichkeit gehabt, die E-Mails zu löschen oder anderweitig abzuspeichern. Wenn er es im E-Mail-Konto eines dienstlichen Rechners speichert darf der AG diese E-Mails kontrollieren. Er, der AG, ist insoweit nicht Dienstanbieter von Telekommunikationsdienstleistungen und deshalb besteht kein Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis, wenn diese E-Mails vom AG überprüft werden.

AG wissen jetzt, dass sie das E-Mail-Konto eines dienstlich genutzten Computers hinsichtlich privater E-Mails überprüfen dürfen. Sie verstoßen nicht gegen das Fernmeldegeheimnis. Bei einer exzessiven privaten Nutzung des E-Mail-Kontos ist die außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigung zulässig auch ohne vorherige Abmahnung. Ein durchaus wichtiges Urteil.

AN wissen jetzt, dass sie private E-Mails sofort löschen sollten, da der Arbeitgeber das Recht hat, den dienstlich genutzten PC hinsichtlich der eingegangenen und ausgegangenen E-Mails zu kontrollieren. Wer seinen Arbeitsplatz nicht gefährden will sollte daher entweder keine privaten E-Mails über den E-Mail-Account des Arbeitgebers führen oder die ein- und  ausgegangenen E-Mails sofort löschen.

Varlemann, Fachanwalt für Arbeitsrecht,                                                                 Kanzlei: Wittig Ünalp, 5 Fachanwälte für Arbeitsrecht in Hamburg, 040/37503841