Gewährleistung, Garantie und Kulanz beim Kauf eines Kraftfahrzeugs.

Kauf und Leasing
14.07.2015359 Mal gelesen
Der Verkäufer bzw. der Hersteller eines Autos hat die Mangelfreiheit sicherzustellen. Wann ein Schaden ein Mangel und wann lediglich Verschleiß ist, ist im Einzelfall zu prüfen.

Ein Sachmangel liegt im Kaufrecht grundsätzlich vor, wenn der Ist-Zustand bei Übergabe der Kaufsache von dem vertraglich zugesicherten Soll-Zustand abweicht. Hinzu kommen noch sog. Mangelfolgeschäden, die die Angelegenheit weiter verkomplizieren. Davon abzugrenzen ist der Verschleiß, der beim Gebrauch des Fahrzeugs auftritt und laufleistungsspezifisch ist.

Die gesetzliche Sachmängelhaftung des Verkäufers (d.h. des Autohändlers) umfaßt Verschleiß nicht und gilt nur zwischen diesem und dem Käufer. Die Sachmänelhaftung gilt für Neufahrzeuge 2 Jahre. In den ersten 6 Monaten gilt eine Beweislastumkehr zu Lasten des Verkäufers. Bei gebrauchten Fahrzeugen darf die Gewährleistung auf 1 Jahr beschränkt und bei Privatverkäufen ganz ausgeschlossen werden.

Davon abzugrenzen ist die Garantie des Herstellers. Diese garantiert die Behebung von Mängeln, die nach den Vorgaben des Herstellers auftreten (z.B. 3 Jahre Garantie auf das gesamte Fahrzeug bis 100.000 km, 12 Jahre Garantie gegen Durchrostung von innen nach außen, 3 Jahre Lackgarantie). Manche Pakete umfassen sogar die Wartung des Fahrzeugs auf Kosten des Herstellers (damit wäre der Verschleiß eingeschlossen) oder eine Garantie bis zu 2 Jahren beim Kauf eines gebrauchten Fahrzeugs von einem Händler des Herstellers. Um die Garantie nicht zu gefährden, müssen die Wartungs- und Kontrollvorgaben des Herstellers penibel eingehalten werden. Es gibt auch sog. Anschlussgarantien, die sich auf bestimmte Bauteile beziehen.

Die Kulanz ist eine freiwillige Leistung des Herstellers, der sich z.B. nach Ablauf der Garantie an den Kosten einer Reparatur beteiligt. Dies ist besonders für technische Fehler bedeutend. Denn der sog. Stand der Technik stellt grundsätzlich keinen Mangel dar, wenn ein technischer Fehler nach Stand der Technik nicht vermeidbar war. Diese Probleme ("Kindergrankheiten") lösen die Hersteller durch Rückrufaktionen oder beheben den technischen Fehler bei der Inspektion, ohne daß der Fahrzeughalter dies bemerkt.

Es gibt keine festgelegte Regel, wann ein Schaden ein Mangel oder Verschleiß ist. Die meisten Bauteile eines Autos dürften aber, abhängig vom Gebrauch, eine Lebensdauer von ca. 10 Jahren bzw. 150.000 km Laufleistung haben.

Dazu gibt es eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen. So sind eine falsch eingestellte Spur, abgefahrene Reifen, Spiel in den Spurstangen, Federbruch oder abgenutzte Bremsscheiben, Lackkratzer durch Waschanlagen usw. bei über 8 Jahre alten Fahrzeugen regelmäßig üblicher Verschleiß.

Anormale Geräusche im Getriebe oder Differential bei lediglich 80.000 km Laufleistung deuten aber auf einen Mangel hin (so BGH, Urt. v. 13.06.2011, AZ.: VIII ZR 215/10). Bei einem Automatikgetriebe unterliegt der Getriebewandler z.B. keinem wesentlichen Verschleiß (LG Halle (Saale), Urt. v. 18.10.2012, AZ.: 4 O 1417/10). Das Oberlandesgericht Stuttgart hat entschieden, daß ein Getriebe nach dem Stand der Technik eine Lebenserwartung von 200.000 km bis 300.000 km hat (OLG Stuttart, Urt. v. 15.08.2006, AZ.: 10 U 84/06). Insbesondere bei geringen Laufleistungen stellen Materialfehler und Materialermüdung einen Mangel dar (LG Köln, Urt. v. 27.06.2006, AZ.: 2 O 52/05).

Man sollte bei einem Schaden das Fahrzeug nicht voreilig reparieren lassen, sondern einen Gutachter beauftragen, um nach Ablauf der 6-Monats-Frist (s.o.) den Mangel beweisen zu können.


Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.

Mail:kanzlei@anwalthesterberg.de