Nicht immer selbstverständlich: Ein Betrug benötigt einen Vermögensschaden!

Strafrecht und Justizvollzug
26.01.2012996 Mal gelesen
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.12.2011 zeigt, dass selbst der Bundesgerichtshof dazu neigen kann, die Strafbarkeit - hier beim Betrug - verfassungswidrig ins Vorfeld der eigentlichen Tat auszudehnen. Dieser Tendenz sollte Einhalt geboten werden.

Betrug ist das Delikt, das in Deutschland am häufigsten abgeurteilt wird. Versicherungsbetrug wurde in einer Fernsehsendung gar als "Volkssport" bezeichnet. Insoweit ist es für die Justiz von elementarer Bedeutung, die Grenzen zwischen einer (straflosen) Vorbereitung eines Betruges und dessen (strafbaren) Versuch bzw. seiner Vollendung nicht ins Vorfeld zu verschieben, denn dies hätte eine ungeheure Ausweitung der Strafbarkeit und damit eine erhebliche Mehrbelastung der Gerichte zur Folge. Genau dies hatte jedoch der Bundesgerichtshof im Jahre 2009 getan, als er drei Männer wegen vollendeten Betrugs verurteilte, weil sie Lebensversicherungen abgeschlossen hatten, die später durch einen fingierten Todesfall des Versicherungsnehmers kassiert werden sollten. Bevor jedoch der Tatplan weiter umgesetzt werden konnte, war das Vorhaben aufgedeckt und die Männer verhaftet worden. Trotzdem hielt der Bundesgerichtshof allein den Abschluss der Versicherung mit bösen Hintergedanken für einen vollendeten Betrug (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=236e61901c7b65fd9f6d50dfc1843745&nr=49430&pos=2&anz=3). Gegen diese Entscheidung wurde in der juristischen Literatur vielfach argumentiert (vgl. nur http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/10-01/index.php?sz=9). 

Diese Entscheidung ist nun vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig bezeichnet und deshalb aufgehoben worden (http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20111207_2bvr250009.html). Das höchste deutsche Gericht folgte der Argumentation der Beschwerdeführer, wonach der für einen Betrug erforderliche Vermögensschaden nicht nachgewiesen worden ist. Es hat deshalb die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen, der nun seinerseits mit hoher Wahrscheinlichkeit das ursprüngliche  Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufheben wird, weil neue Feststellungen hinsichtlich eines möglichen Vermögensschaden erhoben werden müssen. Dass Versicherungsunternehmen aber schon dadurch einen Vermögensschaden erleiden, dass sie mit einem unredlichen Kunden einen Vertrag schließen, ist aber sehr unwahrscheinlich. Soweit dieser Kunde nämlich seine Prämien bezahlt und die geplante Fingierung des Versicherungsfalls nicht vornimmt, hat die Versicherung eher einen Gewinn als einen Schaden. Die Gefährdung des Vermögens ist zwar vorhanden, ist aber allenfalls abstrakt. Sollte der Versicherungsnehmer schließlich von seinem Plan Abstand nehmen, ist es offensichtlich, dass ein Vermögensschaden auf Seiten des Konzerns nicht besteht.

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist daher zu begrüßen. Er geht der Entwicklung in Gesetzgebung und Rechtsprechung entgegen, dass die Strafbarkeit immer weiter ins Vorfeld verlegt wird. Nur bei Verbrechen (Mindeststrafe ab einem Jahr Freiheitsstrafe) kann die Vorbereitung strafbar sein, beim Betrug als Vergehen ist sie das nicht. Das ist gut so und sollte so bleiben.